Im Schatten des Verraeters
»Dafür, daß Sie mich vor meinen Freunden mit Ihren dreckigen Tricks als Dummkopf hingestellt haben und dafür, daß Sie meinen Vater in den Tod im Konzentrationslager geschickt haben.«
Lomax gelang es, Luft in seine gequälten Lungen einzuziehen, aber sein Mund war so ausgetrocknet, daß er kaum sprechen konnte. Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und krächzte: »Ich habe deinen Vater nicht in den Tod geschickt, ebensowenig irgendeinen anderen von euch. Er war ein tapferer Mann, vor dem ich Respekt hatte.«
Dimitri verpaßte ihm einen Schlag ins Gesicht mit dem Handrücken. »Sie haben kein Recht, von ihm zu sprechen.« Er wandte sich an die beiden anderen. »Schafft ihn in den Wagen.«
Sie schoben Lomax aus der Tür, hievten ihn ins Führerhaus des alten Lieferwagens und stießen ihn dort auf den Boden hinab. Einer von ihnen setzte sich hinters Lenkrad, und Dimitri und der andere gingen zur Mitfahrerseite hinüber.
Lomax drehte sich nach vorne, und als die Scheinwerfer eingeschaltet waren, konnte er direkt auf Dimitri sehen. Der Bouzouki-Spieler zog eine automatische Beretta heraus von einem Typ, wie ihn die italienischen Offiziere während des Krieges benutzt hatten, und reichte sie dem anderen Mann.
»Wenn er zwischen hier und der Stadt Schwierigkeiten macht, erschieße ihn.«
»Was sollen wir tun, wenn wir ihn losgeworden sind?« fragte sein Gefährte.
»Kommt sofort zum Hof zurück. Ich warte hier, um die gute Nachricht zu hören.« Dimitri wandte sich an Lomax. »Tut mir leid, daß ich bei Ihrem Ableben nicht dabei sein kann, aber ich habe andere Geschäfte zu erledigen. Riki hier und Nikita werden sich bestens um Sie kümmern. Sie haben fast ebenso gute Gründe, Sie zu hassen, wie ich.«
»Du wirst bei dieser Sache niemals mit heiler Haut davonkommen«, sagte Lomax.
Dimitri spie ihm ins Gesicht. »Das soll Glück bringen, Engländer. Sie werden's brauchen können.«
Er trat zurück, als Riki auf den Mitfahrersitz kletterte. Der Lastwagen fuhr an und rumpelte über die unebene Fläche des Hofs. Als sie auf den Fahrweg einbogen, schaltete Nikita in den höchsten Gang, und das Gebrüll des Motors erfüllte das kleine Führerhaus.
Lomax drehte sich auf eine Seite und hob den Blick. Im Licht des Armaturenbretts hatte Nikita etwas von einem Untermenschen an sich, die Knochen seines Gesichts standen scharf hervor, während ihm der Schweiß von dem spitzen Kinn tropfte.
Riki, der eine Zigarette geraucht hatte, warf sie aus dem Fenster und begann zu singen. Der Lärm des Motors erstickte jedoch seine Stimme, so daß sich sein Mund lautlos zu öffnen und zu schließen schien.
Die Atmosphäre hatte etwas Unreales, Alptraumhaftes; und zum erstenmal bekam Lomax es mit der Angst zu tun. »Hört mir mal zu!« schrie er verzweifelt.
Falls einer der beiden ihn beim Lärm des Motors überhaupt hörte, so gab er dies durch nichts zu erkennen. Der Wagen hüpfte über eine Unebenheit auf der Straße, so daß Lomax wieder auf den Bauch rollte. Panik stieg in ihm auf, er drehte sich gewaltsam auf den Rücken zurück und brüllte aus Leibeskräften: »Um Himmels willen, hört mir doch zu!«
Das wirkte Wunder. Der Wagen kam rutschend zum Stillstand, und Nikita stellte gleichzeitig den Motor ab. Sie saßen da und blickten auf ihn herab, keiner sagte etwas. Sie warteten darauf, daß er reden würde.
»Das ist eine Verrücktkeit«, sagte Lomax. »Wenn ihr mich umbringt, handelt ihr euch nichts als Probleme ein.«
»Haben Sie eine bessere Idee?« fragte Riki ruhig.
»Ich bin ein reicher Mann«, sagte Lomax. »Mein Leben ist mir viel wert.«
Die bedrückende Stille, die nun folgte, verriet ihm. daß er genau das Falsche gesagt hatte. Mit einem plötzliehen Fluch hob Riki einen Fuß und drückte ihn hart auf Lomax' ungeschützten Hals. Er begann zu würgen, und ein paar Sekunden später ließ der Druck nach. Der Fuß verschwand.
»Haben Sie je von einem Mann namens George Samos gehört?« erkundigte sich Riki.
Lomax nickte, ihm wurde kalt, als er realisierte, was nun folgen würde. »Ich kannte einen Schäfer, der so hieß. Er half mir, als ich während des Krieges hier war.«
»Er war unser Onkel«, sagte Riki. »Der Bruder unseres Vaters. Die Deutschen haben ihn durch die Berge gejagt und erschossen wie einen Hund.«
»Glauben Sie vielleicht, das ließe sich mit Geld bezahlen, Engländer?« sagte
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