Im Schatten des Verraeters
Lomax.
»Ich glaube, ich habe vorher schon erwähnt, daß man ihn ins Gestapo-Hauptquartier nach Athen schickte - für eine Sonderbehandlung anderer Art.«
»Aber warum das?« fragte Lomax. »Sie wußten, daß er mit mir und dem EOK auf Kreta zusammengearbeitet hatte, aber es ist höchst unwahrscheinlich, daß er ihnen etwas über die Sache mit dem General erzählen konnte, was sie nicht schon längst wußten. Den Vorschriften der Genfer Konvention zufolge waren sie durchaus berechtigt, ihn als Spion zu erschießen, und trotzdem haben sie's nicht getan.«
»Andererseits haben sie im allgemeinen SAS-Offiziere exekutiert, wenn sie sie erwischt haben. Und in Ihrem Fall haben sie das auch unterlassen.«
Lomax nickte bedächtig. »Das ist tatsächlich etwas, das ich nie verstehen werde - warum Steiner mich nicht erschießen ließ. Er kann nicht den Wunsch gehabt haben, mich für Kreta aufzuheben, denn die übliche Taktik war, vor den Einheimischen eine öffentliche Exekution vorzunehmen, sofern man den Betreffenden erwischt hatte.«
»Ich möchte hinzufügen, wenn Sie nach jemand Ausschau halten, der nicht ins allgemeine Muster paßt, dann ist da noch immer Katina«, sagte Van Horn gelassen.
Lomax sah ihn voller Erstaunen an. »Um Himmels willen, seien Sie vernünftig. Wir wissen doch genau, was mit ihr passiert ist.«
»Wir können uns nur auf ihr Wort verlassen. Wenn Sie ihren Onkel verdächtigen, müssen Sie logischerweise bei ihr das gleiche tun.« Lomax runzelte die Stirn und ließ sich ihm gegenüber in einem Stuhl nieder. Van Horn fuhr fort: »Noch etwas. Selbst wenn Alexias uns verraten hat, erklärt das noch immer nicht, wie die Deutschen ihm auf die Schliche gekommen sind.«
Das war der große Haken. Lomax seufzte schwer. »Sie haben natürlich recht.«
»Es tut mir leid«, sagte Van Horn freundlich, »aber ich muß Sie fragen - was wollen Sie jetzt tun?« Lomax stand auf. »Ich denke noch immer, es sei an der Zeit, daß ich ein Wort mit Alexias spreche. Schließlich steht er sozusagen im Mittelpunkt der Affäre.«
»Glauben Sie, daß er Sie an sich heranläßt?«
»Warum nicht? Katina hat mir erzählt, er wohne draußen auf dem Bauernhof - ganz allein. Wenn ich dort einfach auftauche, bleibt ihm wohl keine andere Wahl, oder?«
»Sie sind sich natürlich im klaren, daß er möglicherweise auch darum betet, daß Sie erscheinen? Daß Sie Ihren Kopf selbst in die Schlinge stecken mögen?«
»Der Gedanke ist mir tatsächlich gekommen«, sagte Lomax bedächtig.
Van Horn stand auf und ging zur Balustrade. Einen
Augenblick lang blieb er dort stehen, blickte aufs Meer hinaus und wandte sich dann um. »Ich kann nicht behaupten, daß ich das ganze billige, Lomax. Offen gestanden finde ich, daß das alles eigentlich gar keine Rolle mehr spielt, aber wenn ich Ihnen in irgendeiner Weise helfen kann, werde ich es tun. Ich biete Ihnen zum Beispiel an, den Jeep zu benutzen.«
Lomax schüttelte den Kopf. »Trotzdem vielen Dank, aber ich kann ein bißchen Zeit brauchen, um mir die Dinge zurechtzulegen. Ich glaube, ich werde über den Berg wandern.«
»Kann ich Sie überreden, zum Abendessen zu bleiben?«
»Vielen Dank, nein. Ich möchte nicht, daß Katina allzu sehr in diese Sache verwickelt wird. Wenn sie weiß, daß ich vorhabe, ihren Onkel aufzusuchen, wird sie vielleicht versuchen, mich daran zu hindern.«
»Was soll ich ihr sagen?«
Lomax zuckte die Schultern. »Was Sie wollen. Sagen Sie ihr, ich würde mich mit ihr in Verbindung setzen. Und ich wolle das ganze allein überdenken.«
Van Horn sah aus, als läge ihm ein Einwand auf der Zunge, aber Lomax drehte sich schnell um, ging hinaus. Als er auf das Haupttor zuschritt, rief jemand seinen Namen, und Yanni tauchte auf dem Hof auf. »Bleiben Sie nicht zum Abendessen?«
Lomax schüttelte den Kopf. »Ich habe dringende Dinge vor, mein Sohn. Etwas, das keine Zeit hat. Richte Katina aus, wie leid es mir tut.«
Yannis junges Gesicht war ernst. »Werden Sie wieder Scherereien kriegen, Mr. Lomax?«
Lomax grinste. »Ich reiße mich nicht darum. Geh jetzt ins Haus zurück. Wir sehen uns morgen.«
Er überquerte die Straße und begann, bergan zu steigen. Es war die stille Zeitspanne zwischen Abend und Nacht. Er konnte einen Hund in der Ferne bellen hören, und der Geruch nach Holzrauch wurde aus irgendeiner Schäferhütte von der leichten Brise zu ihm herübergetragen.
Als er
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