Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
nachts in einen unbewachten Juwelierladen – keine Frage. Sogar ein Überfall auf eine Kutsche im Wald ist noch drin – aber das, was Sie da vor haben, ist ein ganz anderes Kaliber."
Hayward grinste. "Mut, Gaston. Nur wer wagt, gewinnt. - Wann können die Schlüssel fertig sein?"
"Morgen." Gaston beförderte die Fechtkleidung seiner Lordschaft mit Schwung in die Kutsche.
"Gut. Dann brauchen wir also nur noch eine gute Gelegenheit ..."
Lt. Shandeltons Burschen aufzutreiben erwies sich für Jeremy und Hazel als nicht ganz so einfach. Eine Nachfrage bei der Regimentsleitung ergab, dass er nach Shandeltons Beerdigung um Urlaub gebeten hatte und ihm dieser auch bewilligt worden war. Sie erhielten die Erlaubnis, einige Regimentskameraden zu befragen, und konnten dadurch den Burschen nach mehreren Fehlschlägen endlich in einer Kaschemme in London aufspüren.
Seine Reaktion, als Jeremy und Hazel sich als Mrs. Shandelton und ihr Bruder vorstellten, war allerdings wenig einladend.
"Wer wollen Sie sein? Mrs. Shandelton?", fragte er höhnisch und fügte bitter hinzu: "Und wo waren Sie bei seiner Beerdigung?"
Hazel errötete.
Jeremy packte den Offiziersburschen am Arm und zerrte ihn beiseite. "Passen Sie auf, was Sie sagen, Mann!", zischte er leise. "Meine Schwester ist in anderen Umständen, und während Leutnant Shandelton beerdigt wurde, hat sie zu Hause schluchzend im Bett gelegen und sich die Seele aus dem Leib gekotzt!"
"Ach, herrje!", brummte der Offiziersbursche bestürzt. "Das konnte ich ja nicht wissen. Deshalb wollte er sie also unbedingt noch heiraten."
Er blickte sich suchend um, fand einen bequemen Stuhl, kehrte damit reuig zu Hazel zurück und nötigte sie, sich zu setzen. "Entschuldigen Sie, dass ich eben so ruppig war", bekannte er, "es ist nur so ein Ding mit dem Ruhm: erst haben alle ihn umjubelt und mit Orden behängt, und zum Schluss war kaum jemand da, der ihm die letzte Ehre erwiesen hat. – Was kann ich für Sie tun?"
"Wir kommen, weil der Familienanwalt meines Mannes, ein Mr. Haggerty, uns gesagt hat, mein Mann hätte ein Testament verfasst, aber es sei verschwunden. Hat es ein solches Testament wirklich gegeben?"
"Ja, gewiss. Dieser Anwalt ist extra aus London raus nach Stratford gekommen. Das war am Tag, nachdem mein Leutnant verletzt worden ist, also wohl eine Woche, bevor er gestorben ist. Ich hab das Testament als Zeuge unterschrieben. Der andere Zeuge war der Marquis of Wainwright."
"Haben Sie es gelesen?", fragte Jeremy.
"Nein", zögerte der Mann, "ich kann nicht lesen. Aber wenn Sie von dem Testament wer weiß was erwarten, dann muss ich Sie enttäuschen: Er hatte nicht mehr viele persönliche Sachen, die paar Dinge hat er uns dann direkt gegeben. Sein Vermögen war längst futsch. Alles verspielt, er hatte eine Menge Schulden. Die hat der Marquis dann meistens bezahlt."
"Meistens? Heißt das, das kam öfter vor?"
Er kratzte sich hinterm Ohr. "Öfter ist zuviel gesagt. Aber ein paar Mal hat der Marquis ihm unter die Arme gegriffen."
"Warum?"
"Das weiß ich nicht. Manchmal hatte ich den Verdacht ... aber Toten soll man nichts Schlechtes nachsagen."
"Ich weiß, dass mein Mann nicht immer recht gehandelt hat", meinte Hazel. "Sie brauchen nicht zu fürchten, Sie könnten sein Andenken bei mir beschmutzen."
"Ich glaube, er hatte den Marquis in der Hand."
"Wie meinen Sie das?", fragte Jeremy.
"Na, dass er irgendwas gewusst hat, und dass der Marquis sich sein Schweigen erkauft hat."
"Haben Sie eine Ahnung, was das gewesen sein könnte?"
"Nein. Tut mir Leid."
"Eine Frauengeschichte?", mutmaßte Jeremy.
"Ach, Blödsinn. Wegen einer Frauengeschichte würde der Marquis sich nicht erpressen lassen: in dieser Hinsicht hat er keinen Ruf mehr zu verlieren. Nein, eher ein krummes Ding, das der Marquis gedreht hat und mein Leutnant war dabei. Er hat manchmal für den Marquis kleine Aufträge übernommen."
"Kleine Aufträge?"
"Naja, jemand zu vermöbeln, um ihn einzuschüchtern. So was in der Art."
"Wissen Sie, wie er zu der Verletzung gekommen ist?"
"Nein. Er ist am Morgen fortgeritten wie der Teufel, und nachts fing eine Wache sein Pferd ein, das herrenlos herumlief. Wir haben ihn im Morgengrauen dann blutend auf dem Weg gefunden, er war vom Pferd gefallen."
"Warum ist er morgens fortgeritten? Und wohin?"
"Ich weiß es nicht."
"War etwas vorgefallen?"
"Nun ja. Er war sehr aufgeregt. Ich habe ihm morgens das Rasierwasser gebracht und die London Gazette, wie immer. Er
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