Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
aus dem Oberkörper des Fremden zog, blutig war. Hazel keuchte entsetzt auf.
Der Fremde ließ seinen Degen sinken und taumelte zurück. Noch fürchtete Jeremy eine Finte, selbst als der Fremde zurückweichend zu Boden ging, verfolgte er jede Bewegung seines Gegners mit Argwohn. Der Fremde sackte, nur gehalten von den untersten beiden Stufen der weit geschwungenen Treppe, zusammen und blieb keuchend liegen. Jeremy legte die Spitze seines Degens drohend an die Kehle seines Gegners und stellte seinen Stiefel auf das Handgelenk des Fremden, der noch immer seinen Degen krampfhaft umklammert hielt.
"Und jetzt", forderte Jeremy, "nehmen Sie die Maske ab!"
"Einen Teufel werd ich tun!", knirschte der Fremde.
Jeremy beugte sich zu ihm hinunter und zerrte ihm mit einer ungeduldigen Bewegung die Maske vom Gesicht.
Ungläubig starrte er sein Gegenüber an.
"Hayward?", fragte er fassungslos.
Hayward lächelte gequält. Mit einiger Verwunderung musterte er den Blutflecken auf seiner Weste, der sich beängstigend schnell vergrößerte.
"Weiß Gott, ich hätte Sie töten sollen, als es noch Zeit dazu war!", stieß er heiser hervor.
Jeremy schleuderte seinen Degen fort. "Mylord!", rief er bestürzt. "Ich konnte ja nicht wissen ..."
Hazel löste sich aus ihrer Starre, stellte ihre Laterne in günstigem Winkel ab, kniete neben Hayward nieder und knöpfte ihm mit fahrigen Fingern die Weste auf.
"Und ausgerechnet Sie halten mir ständig Moralpredigten über Ehrlichkeit und Anstand und Ehre und Gewissen!", stellte sie entrüstet fest.
"Das beweist nicht, dass meine Predigten falsch sind", brachte er mühsam hervor.
"Steh nicht rum!", fauchte sie ihren Bruder an. "Mach den Tresor zu! Niemand darf wissen, dass wir im Raum waren! Und hol einen Wundarzt!"
"Nein, keinen Arzt!", ächzte Hayward.
"Aber dann wird jeder wissen, wer er ist!", rief Jeremy verstört. "Es wird einen riesigen Eklat geben. Er kommt vor Gericht und ins Gefängnis! Er ..."
"Sei still!", zischte Hazel. "Und hol den verdammten Arzt!"
"Nein", widersprach Hayward mit schwacher Stimme, "wir müssen fort hier!", biss die Zähne zusammen und richtete sich auf. Mühsam kam er auf die Füße. Es gelangen ihm sogar einige taumelnde Schritte, bis er jedoch mit einem Aufstöhnen wieder zusammenbrach.
Hazel konnte ihn nur noch halb auffangen, war aber nicht stark genug, um ihn halten zu können, und ließ ihn auf den Fußboden gleiten.
"Sie sind nicht in der Lage, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe!", erwiderte sie streng, schlug die Weste auseinander, zerrte ihm die Krawatte vom Hals und knöpfte ihm ohne Umschweife das Hemd auf. Sie knüllte das Halstuch zu einem Ballen zusammen und presste es auf die blutende Wunde.
Er stöhnte auf.
"Holen Sie keinen Arzt", wiederholte er leise und schon mit glasigem Blick, "bitte ..."
Er verlor das Bewusstsein.
Hazel spürte, wie Panik sie überfiel. "Warum blutet das so stark?", fragte sie nervös.
"Voll die Ader getroffen!", meinte Jeremy.
"Wir müssen ihn verbinden!", rief Hazel leise und zerrte sich ihr Jabot vom Hals. "Gib mir auch deine Krawatte!", verlangte sie.
Jeremy gab sie ihr. Ihr eigenes Jabot war nur kurz, also musste es als Kompresse für die Wunde herhalten. Die zarte Spitze stammte aus Brüssel, und Hazel seufzte in Gedanken auf, als sie sah, wie das dunkle Blut sich sofort in die feinen Stege saugte und die teure Spitze wohl für immer ruinierte. "Heb ihn etwas an!", verlangte sie und schob Jeremys langes Krawattentuch unter Haywards Rücken durch. Sie zog es fest an und verknotete es. Für mehr reichte das Ganze nicht.
Jeremy steckte seinen Degen ein und hängte sich Haywards Blendlaterne mit dem Henkel darüber. "Ich hab überhaupt keine Ahnung, wo ich hier einen Wundarzt herkriegen soll", rief er erregt, "aber Haywards Diener Wilson wird es wissen. Wir müssen ihn zu sich nach Hause bringen! Und vor allem müssen wir weg hier! Jede Sekunde ist gefährlich!"
Hazel schob hastig Haywards Degen in ihren Gürtel und befestigte ebenfalls die Blendlaterne daran. Jeremy fasste Hayward unter den Achseln, sie nahm seine Füße und sie trugen ihn zur Hintertür.
"Wir können ihn nicht durch die ganze Stadt tragen. Wir brauchen eine Droschke!"
"Dann müssen wir vorne raus auf die Straße."
"Das geht nicht! Wir können unmöglich öffentlich und direkt vor Kirbys Haus in eine Droschke steigen."
"Also dann doch hinten!"
Sie waren schon draußen und über den Hinterhof auf der anderen Seite des
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