Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
wollte, dass sie die Schnur selbst durchtrennt hatten, um einzelne Perlen beim Juwelier zu versetzen.
"Sie haben so wundervolles Haar ...", meinte die Zofe, "ich könnten Ihnen die Perlen einzeln einflechten – das wird zu dem Kastanienbraun einfach fantastisch aussehen."
"Ist das nicht zu kompliziert?", wandte die Countess ein.
Aber beflügelt von ihrer Idee beteuerte Masterson, das sei gar kein Aufwand, zauberte aus ihrem Kästchen einen feinen, biegsamen Draht hervor, fädelte mit seiner Hilfe auf einer nur aus einigen Haaren bestehenden Strähne in einigem Abstand drei Perlen auf, flocht ein schmales Zöpfchen, legte es in sanftem Bogen zwischen die Locken der Frisur und steckte es an einer unauffälligen Stelle fest. Entzückt von der Wirkung flocht die Zofe auch die übrigen Perlen ein. Ein geschnitzter Elfenbeinkamm zierte die Lockenpracht, welche von zahlreichen Nadeln und Spängchen unsichtbar gehalten wurde. Zwei Haarteile fanden auch noch ihren Platz.
Eine zarte Schicht Puder, ein Tupfer Rouge auf jede Wange, ein Hauch Glanz auf die Lippen – die Zofe hantierte mit geschulten Händen und kundigen Griffen, bis sie, den Finger unter Hazels Kinn gelegt, einen letzten, prüfenden Blick auf Hazel warf und ihr Kunstwerk für beendet erklärte. Arabell nötigte Hazel vor einen großen Spiegel. "Wie gefallen Sie sich?", fragte sie aufgeregt. "Ist Masterson nicht unglaublich geschickt?"
Tatsächlich musste Hazel zugeben, dass die Frisur einige Finesse hatte, obschon sie gänzlich ohne Puder, Drahtgestell und Stärke auskam.
Aus den wenigen Schmuckstücken, die Hazel geblieben waren, wählte Arabell sorgsam die elegantesten Stücke aus.
Noch während Hazel dabei war, sie anzulegen, läutete es an der Tür. Ein Bote brachte Kirbys Antwort zurück. Kaum war die Tür hinter ihm geschlossen, riss Arabell das Briefchen auf, um es hastig durchzulesen.
Na, na, meine Liebe, übertreiben Sie da nicht ein bisschen?
In der Tat hätte ich Ihnen noch gestern Ihre Bitte abschlagen müssen, aber der Zufall will es, dass ich noch zur selben Stunde nach Mayfanhair abreisen muss, da meine Anwesenheit dort nicht – wie vorgesehen – morgen Abend, sondern bereits heute nötig geworden ist. Ich reise zu Pferd, so dass ich den Landauer einige Tage lang tatsächlich nicht benötige.
Ich sende den Kutscher, sobald angespannt ist, mit den Grauen zu Ihrer Stadtwohnung.
D.
"Na also!", rief sie befriedigt aus. "Das hätten wir!", und reichte das Briefchen an Hazel weiter, die es neugierig überflog.
Hazel ließ unruhig den Zettel sinken.
Schon heute Abend und unvorhergesehen nach Mayfanhair?
"Ist das nicht seltsam, dass Kirby heute statt morgen reisen will? Er weiß doch schon seit einigen Tagen, dass der König ihn inkognito aufsuchen will! Er hat doch sicher längst seine Haushälterin und einiges Personal nach Mayfanhair entsandt, um alles für die Ankunft des hohen Gastes vorzubereiten!"
Arabell schnappte nach Luft. "Oh mein Gott!", stieß sie hervor. "Am Ende hat der König umdisponiert und wird einen Tag früher in Mayfanhair sein!"
"Hm – aber vielleicht ist Kirby nur besorgt, ob alles für den König richtig vorbereitet ist, und will rechtzeitig in Mayfanhair sein, um sicherzugehen", wandte Hazel ein.
"Ja, das mag sein, meine Liebe – aber können wir es riskieren, dass Sie erst morgen fahren – und der König ist womöglich schon wieder abgereist? Eine solche Gelegenheit kommt nicht wieder! Nein, auf gar keinen Fall dürfen Sie ihn verpassen! Lieber zu früh da sein als zu spät! Nein, Sie müssen noch heute reisen, nein, was sag ich: sofort!"
"Aber die Fahrt dauert sicher ein paar Stunden. Es wird schon dunkel sein, wenn wir dort ankommen."
"Dann kann man Sie vor Ort wenigstens nicht abweisen. Außerdem kennt Kirbys Kutscher den Weg. Sie müssen heute fahren! Und fürchten Sie nicht die Dunkelheit! Ich werde Ihnen zwei meiner Diener, mit Pistolen bewaffnet, als Begleitschutz mitgeben." Sie sprang auf. "Ich fahre gleich nach Hause und werde alles regeln. Sie werden sehen, in einigen Minuten wird Kirbys Wagen mit voller Besatzung vor Ihrer Tür stehen!", versprach sie.
Während ihre Zofe schon auf den Kutschbock zum Kutscher kletterte, kehrte Lady Arabell an der Haustür nochmals um und drückte innig Hazels Hand. "Liebste Freundin", sagte sie bewegt, "ich wünsche mir, ich wünsche mir so sehr, dass Sie erfolgreich sein werden!" Sie stieg ein und die Kutsche rollte davon.
Eine Straßenkreuzung
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