Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
und seinem Butler aufgefangen. Ein Irrtum ist unmöglich."
"Aber wie soll ich nach Mayfanhair Hall kommen?", fragte Hazel entgeistert.
"Ich würde Ihnen ja gerne meine eigene Kutsche zur Verfügung stellen, aber leider benötige ich sie selbst wegen gesellschaftlicher Verpflichtungen. Aber vielleicht kennen Sie einen galanten Herrn, der Ihnen für einen Besuch bei Ihrer kranken Tante freundlicherweise seine Reisekutsche überlassen würde – und seine Grauschimmel ..."
"Sie meinen, ich soll ausgerechnet Kirby bitten ...?", Hazel errötete. "Aber ist das nicht peinlich", fragte sie, "wenn ich den Marquis um seine Pferde bitte und dann bei ihm in Mayfanhair auftauche?"
"Aber wieso denn?", erwiderte Lady Arabell gelassen. "Sie werden mit den Pferden ja nicht direkt in sein Wohnzimmer reiten wollen. Kommen Sie, schreiben Sie gleich, so lange ich noch hier bin, und bitten Sie um umgehende Antwort. Falls er ablehnt, können wir dann noch gemeinsam einen anderen Plan entwerfen."
Hazel zauderte. Oh Himmel! – wie ihm einen Brief schreiben, nach allem, was vorgefallen war?
"Oder soll ich es für Sie tun? – Ja, ich glaube, das ist tatsächlich viel besser." Und schon saß Lady Arabell am Schreibtisch. "Eine kühne Anrede ist hier vonnöten", behauptete sie. "Ich schreibe ‚Lord Dave‘ mit einem schwungvollen "D" und setze ein großes Ausrufezeichen dahinter", und schon ließ sie die Feder zügig übers Papier huschen.
Lord Dave!
Ich weiß keinen anderen Ausweg, als mich an Sie zu wenden.
Ich befinde mich in großer Bedrängnis und bitte Sie als meinen einzigen Freund, mir für zwei Tage Ihre Reisekutsche zu überlassen.
Ich verspreche Ihnen, Pferde, Mann und Wagen heil wiederzubringen.
Bitte geben Sie dem Boten Ihre Antwort.
Lady Arabell
"Nie und nimmer kann ich das abschicken!", rief Hazel entsetzt, die sich außerstande sah, der Countess die wahren Gründe anzuvertrauen, die sie zögern ließen, sich mit der Bitte um die Kutsche ausgerechnet an Kirby zu wenden.
Arabell griff nach dem Briefchen und brachte es wieder an sich, bevor Hazel es womöglich zerreißen konnte. "Ach, Unsinn!", meinte sie. "Kommen Sie! Wir geben es gleich einem Boten!" Ihr Tatendrang machte nicht davor halt, die Haustür zu öffnen und einen Straßenjungen heranzuwinken.
Mit gemischten Gefühlen sah Hazel diesen Brief entschwinden. Aber sie nutzte die knappe Zeit, um die Stufen hinauf zu der Mama zu rennen und ihr hastig von der Möglichkeit, vor dem König Gnade zu erflehen, zu berichten.
Lady Arabell kehrte von der Straße mit einer jungen Frau zurück. "Das ist Masterson, meine Zofe", erklärte sie munter. "Ich habe sie mitgebracht, damit wir Sie probeweise ein bisschen zurecht machen können. Sie kann morgen gern vorbeikommen und Sie frisieren." Sie neigte sich zu Hazel und flüsterte ihr ins Ohr: "Sie weiß natürlich nichts! "
Die Zofe knickste.
"Was werden Sie anziehen?", fragte Arabell. "Das ist eine sehr heikle Frage! Es muss kleidsam sein, darf aber auf keinen Fall zu aufwändig sein, um Himmels Willen keine Hofkleidung! Das würde alles verraten – nein, es muss ja wie eine zufällige Begegnung wirken, also ein schlichtes Straßenkleid, ein Reisekostüm, etwas in der Art ... aber sehr weiblich und mit einigem Ausschnitt, den man zur Not durch ein keusches Fichu bedecken kann."
Hazel sah keinen Anlass, ihre Vorbehalte gegenüber Ausschnitten zu erläutern.
"Zeigen Sie mir Ihre Sachen!", rief Lady Arabell.
Da Hazel inzwischen die Kleidung aus der Greenstreet geordert hatte, sah sie sich sogar in der Lage, dem Wunsch der Countess nachzukommen. Trotz der Aufstockung ihrer Garderobe, die Kirby ermöglicht hatte, war ihre Auswahl noch immer nicht groß und das passende Kostüm, ein eng tailliertes Straßenkleid ohne Krinoline, schnell gefunden und Hazel mit sachkundiger Hilfe der Zofe hineingeschlüpft.
In ihrem Köfferchen hatte Masterson alle möglichen nützlichen Dinge mitgebracht. Mit geübten Griffen hatte sie Hazels Knoten gelöst, der sie stets etwas altjüngferlich wirken ließ, hatte flink die Haare gebürstet und hochgesteckt.
"Etwas Schmuck im Dekolletee wäre ganz kleidsam", meinte Arabell. "Ein kleines Kettchen, ein schmales Halsband – etwas in der Art." Ihre Augen hatten ein Tellerchen mit Perlen entdeckt. "Ist das eine Kette oder ein Armband ?", erkundigte sie sich, angesichts der Zahl der Perlen irritiert.
"Eine Kette. Sie ist mir leider zerrissen", behauptete Hazel, die nicht zugeben
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