Im Schatten dunkler Mächte
dass mir etwas folgen würde. Die Idee, nach Hause zu fliegen, habe ich vor langer Zeit aufgegeben, Barrons. Eines Tages, wenn es sicher ist, werde ich wieder daheim sein.«
»Und was, wenn es nie so weit kommt?«
»Ich muss daran glauben, dass es irgendwann so ist.«
Lange herrschte Schweigen. Im Buchladen war es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Ich war einsam. »Wann kommen Sie nach Hause?«, fragte ich.
»Nach Hause, Miss Lane?«
»Irgendwie muss ich es ja nennen.« Diese Unterhaltung hatten wir schon einmal geführt â auf einemFriedhof. Ich hatte ihm gesagt, dass mein Zuhause zwei Meter unter der Erde liegt, weil dort mein Herz war. Das stimmte nicht mehr. Mein Herz war jetzt in mir bei all den Hoffnungen, Ãngsten und Schmerzen.
»Ich bin beinahe fertig. Morgen komme ich zu Ihnen.« Dann war die Leitung tot.
Drei Uhr morgens.
Ich schnellte in die Höhe.
Mein Herz pochte, die Nerven kreischten.
Mein Handy klingelte.
»Was ist los, zum Teufel?«, fauchte Dani, als ich mich meldete. »Du schläfst da oben wie eine Tote. Ich lasse es schon verdammte fünf Minuten klingeln.«
»Bist du okay?«, fragte ich zitternd. Im Schlaf hatte ich wieder diesen kalten Ort besucht. Die dunklen Traumfetzen verzogen sich, aber die Kälte blieb.
»Sieh aus dem Fenster, Mac.«
Ich hievte mich aus dem Bett, schnappte mir meinen Speer und lief zum Fenster.
Mein Zimmer lag, wie das letzte, das Barrons zertrümmert hatte, im hinteren Teil des Gebäudes, so dass ich vom Fenster aus die Gasse und die Schatten im Blick hatte.
Dani stand in dem schmalen Lichtpfad zwischen Buchladen und Barronsâ Garage, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, und grinste zu mir herauf. Die Schatten beobachteten sie gierig aus der Dunkelheit.
Sie trug einen langen Ledermantel, der aus einem Vampirfilm stammen könnte und viel zu groà an den Schultern war. Sie zog etwas Langes, Alabasterfarbenes und Glänzendes unter dem Mantel hervor.
Ich schnappte nach Luft. Das konnte nur das Schwert des Lichts sein.
»Komm, lass uns in ein paar Feenärsche treten.« Dani lachte, und in ihren Augen lag etwas, was gar nicht zu einer Dreizehnjährigen gehörte.
»Wo ist Rowena?« Mit klappernden Zähnen tauschte ich die Pyjamahose gegen eine Jeans. Ich hasste diese Träume von dem kalten Ort.
»Sie ist weg. Heute Nachmittag mit dem Flugzeug. Wenn sie da wäre, hätte ich mir das Schwert nicht nehmen können. Ich habe mich aus dem Haus geschlichen. Willst du labern oder herunterkommen und ein paar Unseelie abschlachten, Mac?«
Sollte das ein Witz sein? Dies war der feuchte Traum einer Sidhe -Seherin. Statt herumzusitzen, zu grübeln, zu reden, Nachforschungen anzustellen, konnte ich endlich rausgehen und etwas tun ! Ich stellte mein Handy aus, zog zwei T-Shirts, einen Pullover und eine Jacke übereinander, stieg in die Stiefel und setzte auf dem Weg hinaus meinen MacHalo auf. Ich wünschte, ich hätte noch einen für Dani. Egal â falls wir irgendwo im Dunkeln landen sollten, würde ich an ihr kleben wie Sidhe -Seherin-Leim.
In dieser Nacht machten wir siebenundachtzig Unseelie den Garaus.
Danach haben wir aufgehört mitzuzählen.
Fünfzehn
Den Tag vor Halloween verbrachte ich hauptsächlich damit, die Ãberreste unseres nächtlichen Festes wegzuräumen. Anders als die Nachwirkungen von Vergnügungen daheim in Georgia waren es in Dublin keine Plastikbecher, Pizzareste und Zigarettenkippen in Bierflaschen, sondern tote Monster und Körperteile.
Das Problem war: Ein totes Feenwesen verlor den Glamour, und anders, als die Popkultur glauben machen will, lösten sich die Leichen nicht auf. Sie blieben sichtbar für alle in unserer Welt. Ãber den SpaÃ, so viele wie möglich zu töten, hatte ich die unübersehbaren Spuren vollkommen vergessen. Genau wie Dani. Die Monster werden ja nicht erst sichtbar für mich, wenn sie tot sind. Ich sehe sie die ganze Zeit.
In den Morgennachrichten hörte ich von der Entdeckung von »Filmrequisiten, die, grausam anzusehen, in ganz Dublin verstreut auf den StraÃen liegen, Gummimonster von dem Set einer Horrorfilmproduktion. Es handelt sich nur um einen Schabernack und ist nichts Beängstigendes. Trotzdem haben viele Leute die Garda herbeigerufen, die einige Polizisten zur Säuberung der StraÃen abgestellt
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