Im Schatten dunkler Mächte
von meinem Heimatort. Ich verabscheute es, wenn Feenwesen, ob gut oder böse, über die Menschen Bescheid wussten, die ich liebe. Ich verstand Alinas Bemühungen, uns vor der Dunklen Welt abzuschirmen, in die sie hier in Dublin geraten war, und uns sogar den Freund, dem sie vertraute, zu verheimlichen. Hatte ihr Herz seinetwegen mit dem Verstand gehadert? Hatte sie im tiefsten Inneren geahnt, dass er böse war, obwohl sie von seinen Worten verführt und von seinen Taten bezaubert wurde?
Nein, er hatte sie getäuscht. Auch wenn er es abstritt, hatte er sicherlich die Stimmenmagie bei ihr eingesetzt. Eine andere Erklärung gab es nicht.
»Ich will mehr als das, Vâlane«, sagte ich. »Ich möchte, dass die gesamte Menschheit in Frieden leben kann.«
»Meinst du nicht, die Menschen würden nur profitieren, wenn die Bevölkerungszahl reduziert wird? Liest du denn nicht eure Zeitungen? Du beschuldigst die Feenwesen, barbarisch zu sein, aber Menschen sind einzigartig in ihrer Verwerflichkeit.«
»Ich bin nicht hier, um für die Welt zu streiten. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich versuche nur, sie zu retten.«
Er war wütend. Ich auch. Wir verstanden uns ganz und gar nicht. Als er mich in eine Umarmung zog, war seine Berührung sanft, im Gegensatz zu seinem Blick. Dieses Mal lieà er sich Zeit mit meiner Zunge. Ich schämemich einzugestehen, dass ich mich an ihn schmiegte und im Kuss des Feenprinzen verlor. Ich hatte vier Orgasmen, ehe er mir seinen Namen zurückgegeben hatte.
»Einen für jeden der Prinzenhäuser.« Mit einem spöttischen Lächeln verschwand er.
Die Nachwirkungen waren so intensiv, dass ich eine Weile brauchte, bis mir klarwurde, dass etwas nicht stimmte. »Vâlane!«, rief ich. »Ich glaube, du hast etwas vergessen.« Mich. »Hallo? Ich bin noch in Punta Cana.«
Ich fragte mich, ob er mich auf diese Weise zwingen wollte, wieder seinen Namen zu rufen, damit er ihn mir noch einmal zurückgeben konnte. Ich entschuldige mich, Sidhe-Seherin, würde er sagen. Ich habe so viel anderes im Kopf. Meine Fresse. Wenn sein Geist so riesig war, wie er immer behauptete, dann durfte er nichts vergessen.
Mein Speer war wieder da. Leute starrten mich an. Ich vermute, sie bekamen nicht jeden Tag ein Mädchen zu Gesicht, das einen Bikini und einen Speer trug und mit der Luft redete. Ich schaute mich um, dann sah ich an mir herunter. Mein Aufzug, nicht mein Speer war fehl am Platze. Ich war so in die Unterhaltung mit Vâlane vertieft gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, wo ich war. Ich stand an einem Nacktbadestrand.
Zwei Männer gingen an mir vorbei, und ich wurde rot. Ich konnte nichts dagegen tun. Sie waren im Alter meines Vaters. Sie hatten Penisse. »Komm schon, Vâlane«, zischte ich. »Bring mich weg von hier.«
Er lieà mich noch ein paar Minuten schmoren, ehe er mich in den Buchladen brachte. In dem Goldlamé-Bikini natürlich.
Ab da änderte sich mein Leben, eine andere Routine entwickelte sich.
Ich hatte keine Lust mehr, den Laden zu führen, vor einem Computer zu sitzen oder mich in Büchern zu vergraben. Ich fühlte mich wie eine Todkranke. Mein Versuch, das Sinsar Dubh an mich zu bringen, war nicht nur gescheitert, sondern hatte mich auch dazu gezwungen, mir einzugestehen, dass das Buch gegenwärtig unerreichbar für mich ist.
Ich konnte nichts tun auÃer warten und hoffen, dass andere ihre Pflichten erfüllten und mir mehr Zeit zum Ãberlegen verschafften, damit ich meine tun konnte â falls das überhaupt möglich war. Was hatte Alina gewusst, was ich nicht weiÃ? Wo war ihr Tagebuch? Welchen Plan hatte sie geschmiedet, um das Dunkle Buch in die Hände zu bekommen?
Mir blieben noch sieben Tage. Sechs. Fünf. Vier.
Ich konnte die Ahnung nicht abschütteln, dass da drauÃen irgendetwas vor sich ging und mir direkt ins Gesicht starrte â etwas, was ich übersah. Ich mochte ziemlich gut gelernt haben, mich aus meinem kleinen, provinziellen Kästchen zu befreien, hatte aber den Verdacht, dass ich in noch viel gröÃeren Dimensionen denken müsste. Doch um das zu tun, musste ich diese Dimensionen erst kennen.
Gegen Ende verbrachte ich meine Tage damit, bis an die Zähne bewaffnet und mit hochgeschlagenem Kragen gegen die Kälte durch Dublin zu laufen. Ich drängte mich durch die Touristen, die immer noch trotz der düsteren
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