Im Schatten dunkler Mächte

riss meine Hand vom obersten Knopf meiner Jeans. Ich konnte ihn fühlen – er war draußen vor der Kirche, kam auf mich zu, stieg die Außentreppe hinauf und war kurz davor, durch die Tür zutreten. Er hatte mich gefunden! Ich ertappte mich dabei, wie ich Gott dankte, dem ich gerade ein Gespräch verweigert hatte.
    Die Doppeltür öffnete sich. Das grelle Sonnenlicht blendete mich. Meine Pupillen zogen sich zu einer Größe von Nadelspitzen zusammen. V’lane stand im Eingang, sein Haar schillerte in einem Dutzend Schattierungen von Gold, Bronze und Kupfer. Er war von Kopf bis Fuß der Racheengel, der Barrons niemals sein konnte: Hier war dieser ungewöhnliche Geruch, der mich lockte und verhexte. Seine Haut verströmte ihn. Hatte er immer schon so gerochen? Erkannte ich ihn nur jetzt, weil meine Sinne geschärft waren?
    Gespickt mit Unseelie, nahm ich V’lane nicht als Feenwesen wahr. Ich verspürte keine Übelkeit. Sein Erscheinen hatte sich mir nur durch die tödliche Sexualität offenbart. Sie traf mich mit der Wucht, die jede andere Frau auch abbekommen hätte. Kein Wunder, dass sich alle nach uns umdrehten, wenn wir unterwegs waren. Seine Faszination war sogar noch stärker, wenn die Sidhe-Seher-Sinne ausgeschaltet waren, als gäbe es in meinem normalen Blut eine Art Schutzschild gegen die volle Wirkung, der nicht mehr da war, wenn Feenkraft in meinen Adern floss.
    Heute war, aus welchem Grund auch immer, seine Ausstrahlung jedenfalls ungeheuerlich. Noch intensiver als bei unserer ersten Begegnung, als ich noch keine Ahnung hatte, was er war. Meine Beine wurden schwach. Die Brüste waren schwer und schmerzten, meine Nippel brannten. Ich wollte Sex, ich brauchte Sex. Orkanartigen Sex. Ich musste ihn haben, und die Folgen waren mir gleichgültig. Ich wollte vögeln und vögeln, bis ich mich nicht mehr rühren konnte. Hatte er nicht gesagt,er könnte ihn mir geben, ohne mir weh zu tun? Dass er sich zurücknehmen und mich vor Schaden und Veränderungen bewahren würde?
    Â»Schalt das ab«, zwang ich mich zu sagen, lächelte aber dabei, und meinem Befehl fehlte die Leidenschaft.
    Ich war so erleichtert, ihn zu sehen!
    Mein Pullover lag bereits auf dem Boden. Ich hob ihn auf.
    Er trat aus dem strahlenden Sonnenstrahl und glitt die Treppe hinauf. »Sidhe-Seherin«, sagte er.
    Als sich die Tür hinter ihm schloss und die Sonne aussperrte, erweiterten sich meine Pupillen wieder. Erst jetzt erkannte ich meinen tödlichen Irrtum. Keuchend vor Schreck wich ich zurück. »Du bist nicht V’lane!«
    Der exotische Prinz heftete den Blick auf meine Brüste, die von einem Spitzen-BH in Form gehalten wurden. Ich drückte meinen Pullover an mich. Er gab einen kehligen Laut von sich, und meine Knie gaben nach. Nur mit größter Mühe blieb ich aufrecht stehen. Ich wollte auf die Knie gehen. Ich sollte mich auf Knie und Hände niederlassen, weil er es so wollte. In meinem Kopf herrschte ein Vakuum. Meine Lippen teilten sich. Ich spreizte die Beine.
    Er trat näher.
    Ich focht einen heftigen Kampf mit mir selbst aus, und es gelang mir, ein paar Schritte zurückzugehen.
    Â»Nein«, sagte er. »Das bin ich nicht.« Die Lider hoben sich und gaben fremdartige uralte Augen frei. »Was immer es auch sein mag.«
    Â»W-wer bist du?«, stammelte ich.
    Er machte noch einen Schritt auf mich zu. Wieder lag mein Pullover auf dem Boden. Scheiße.
    Â»Das Ende«, antwortete er knapp.
    Hinter mir ging die Tür zum Allerheiligsten auf. Ich spürte einen Luftzug, und mehr von dem eigenartig beunruhigenden Duft stieg mir in die Nase.
    Lust schlug mit der Kraft von Vorschlaghämmern von vorn und hinten auf mich ein.
    Â»Wir alle sind das Ende.« Die kalte Stimme ertönte hinter mir. »Und der Anfang. Bald. Später. Danach.«
    Â»Zeit ist irrelevant«, entgegnete der andere. »Ein Kreis ist ein Kreis.«
    Â»Wir sind immer. Du bist nicht.«
    Sie hätten genauso gut in einer fremden Sprache sprechen können. Ich drehte um, und mir stockte der Atem. Neben meinen Füßen lag ein Spitzen-BH. Meiner. Scheiße! Die Luft fühlte sich kühl auf meiner erhitzten Haut an. Ich würde nicht fragen. »Wonach?« Es waren zwei Tod-durch-Sex-Feenwesen. Zwei Prinzen. Konnte ich ihnen entkommen? Sie überleben? Sie waren in der Lage, sich von einer Sekunde auf die andere an einen anderen Ort zu