Im Schatten (German Edition)
zu ihrem Verdruss allein, und morgen würde Mark hinfahren. Also war dies schon die zweite Woche, in der sie auf seine Zärtlichkeiten verzichten musste. Unzufrieden knurrend stellte sie einen Ordner in den Schrank hinter ihrem Schreibtisch, als sie ein fröhliches Lachen hinter sich hörte.
» Was ist dir denn über die Leber gelaufen?« Marks Lächeln verjagte sofort ihre schlechte Laune. Also antwortete sie schlicht:
» Nichts. Mir tut nur das Kreuz weh. Ich hatte gestern Großkampftag.« Und nachdem er sie verständnislos ansah, fügte sie hinzu: »Hausputz.«
» Oh! Eigentlich ist das Wochenende zum Ausruhen da. Lass mich überlegen, was kommt mich billiger? Wenn ich dir ab und zu meine Putzfrau vorbeischicke oder dir einen Hausfrauentag genehmige?«
» Ich tendiere eindeutig zur Putzfrau«, antwortete Valerie, während sie sich mit beiden Händen das Kreuz rieb. »Es sei denn, du spendierst mir am Ende des Hausfrauentages auch noch einen hübschen, jungen Masseur.«
Mark lächelte sie mit funkelnden Augen an und meinte gelassen:
»Okay gebongt. Du kriegst meine Putzfrau.«
Beide grinsten sich breit an und es schien beinahe, als hätten sie ihre Umgebung für einen Moment vergessen. Doch schnell besann sich Mark auf sein ursprüngliches Anliegen.
» Was ist mit der Aufmaßzeichnung für Becker? Ist die fertig?«
Valerie gab die Frage an Petra weiter, die offensichtlich vertieft in ihre Arbeit das kurze Geplänkel zwischen ihnen nicht mitbekommen zu haben schien. Nun sah sie erstaunt zu Valerie herüber.
»Was denn für eine Aufmaßzeichnung?«
» Die für Beckers. Das Einfamilienhaus mit dem großen Studio. Ich habe dir am Mittwoch die Unterlagen gegeben und den Auftrag, es bis Freitag fertigzustellen.«
» Davon weiß ich nichts. Vielleicht wolltest du es mir sagen und hast es aber vergessen. Die Unterlagen habe ich auch nicht.« Sie ließ einen suchenden Blick über ihren säuberlich aufgeräumten Schreibtisch gleiten und schüttelte noch einmal ihre Worte bekräftigend den Kopf. Valerie atmete einmal tief durch, als sie Marks durchdringenden Blick auf sich spürte, sah sich dann ihrerseits auf ihrem Schreibtisch um und fand die Unterlagen tatsächlich unter einer frischen Zeichnung, die sie vor knapp einer halben Stunde dort abgelegt hatte. Sie hätte jedoch jeden Eid schwören können, dass ihr Schreibtisch zu dem Zeitpunkt an dieser Stelle leer gewesen war. So langsam bekam sie das Gefühl, Petra versuchte, ihr etwas unterzuschieben. Es war schließlich nicht der erste Vorfall dieser Art, seit die neue Kollegin da war. Noch während sie sich vor Wut auf die Lippe beißend überlegte, was zu tun sei, hörte sie Mark fragen:
» Schaffst du es, mir das heute noch fertig zu machen? Ich bin heute Abend zum Essen mit den Beckers verabredet. Da brauche ich die Aufmaße.«
Valerie nickte. »Kein Problem. Ich mach mich gleich dran.«
» Gut. Ich muss gleich außer Haus und wollte eigentlich nicht mehr reinkommen. Kannst du es mir nach Feierabend lang bringen? Etwa gegen fünf?«
» Ja, mach ich«, antwortete Valerie und spürte einen kleinen Hoffnungsschimmer.
Mark bedankte sich, verlor aber kein weiteres Wort über den Zwischenfall und sie konnte nicht sagen, ob er deshalb böse auf sie war. Fest stand nur, sie rutschte in ihrem fachlichen Ansehen immer weiter bei ihm herab, wie ihr schlagartig wieder bewusst wurde, und es musste dringend etwas passieren, wenn sie nicht an Boden verlieren wollte. Also machte sie sich sofort und mit besonders großer Sorgfalt an die Aufgabe. Sie überlegte noch, ob sie die Arbeit in ihrem persönlichen Ordner auf dem Rechner sichern sollte, besann sich dann jedoch anders. Alle Rechner waren an einem gemeinsamen Server angeschlossen, auf dem alle Arbeiten für die Mitarbeiter erreichbar abgelegt werden mussten. Schließlich arbeiteten sie oft im Team und sie konnten es sich auch nicht leisten, dass beim Ausfall einzelner Kollegen kein Zugriff mehr möglich war. Nie war Valerie auf die Idee gekommen, diese Regel zu durchbrechen, doch nun fragte sie sich zum ersten Mal, ob sich hier nicht noch weitere Nachteile für sie ergeben konnten. Was wäre, wenn Petra auf die perfide Idee kam, einfach Arbeiten von ihr auf dem Server zu löschen? Zwar wurden regelmäßig Sicherheits-Updates gemacht, doch auch so konnten empfindliche Lücken entstehen. So beschloss sie, ihre Arbeit zumindest zusätzlich in ihrem persönlichen Archiv zu sichern. Sie arbeitete den ganzen restlichen
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