Im Schatten (German Edition)
musste, sein Studium mit Modeljobs zu finanzieren. Zudem verfügte er im Gegensatz zu Valerie über einen großen Erfahrungsschatz. So hatte sie ihm bisher immer die Führung überlassen. Zwar war sie keineswegs inaktiv, doch die Initiative war immer von ihm ausgegangen, genau wie er Tempo und Charakter ihres Liebesspiels bestimmte. Dabei träumte sie insgeheim davon, ihn einmal nach allen Regeln der Kunst zu verführen, ihn zu unterwerfen, willenlos zu machen, ihm den größten Genuss auf Erden zu bereiten und zu beobachten, wie er sich vollständig in ihre Hände begab. Doch sie traute sich nicht, hatte Angst, die unsichtbare Schwelle zwischen ihnen zu überschreiten. Sie beneidete die jungen Frauen, die ihm durch ihre Jugend enthemmt sicherlich diese Freude schenkten, und Cornelia Mühlau, selbstbewusst und so vertraut mit ihm, dass sie vermutlich alle Scheu und Ängste mit einem Schlag hinwegfegte.
In Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie Mark sie lächelnd be obachtete. Auch realisierte sie nicht wirklich, wie sie einen großen Schluck Wein aus ihrem Glas nahm. Dass es bereits ihr zweites Glas war, obwohl sie seit einem spärlichen Frühstück aus einem Toast mit Halbfettbutter um halb fünf Uhr morgens nichts mehr gegessen hatte, war ihr ebenfalls nicht bewusst. Erst als sie etwas zu schnell den Kopf drehte und ihr Gehirn sich scheinbar verzögert hinterher bewegte, als schwämme es in einer Flüssigkeit, kam sie in die Gegenwart zurück.
» Durst oder Frust?«, hörte sie Mark fragen. »Oder beides?«
» Durst«, antwortete Valerie knapp, doch mit einem entschuldigenden Lächeln.
» Dann solltest du vielleicht lieber Wasser trinken. Oder spekulierst du darauf, dass ich dich ins Bett trage?«
Valerie lachte leise, winkte allerdings der Kellnerin, um ein Glas Selters zu bestellen . Der Tag war sehr anstrengend gewesen und sie war auch deshalb froh, nicht am selben Abend noch den Rückweg antreten zu müssen. Als das Essen serviert wurde, bemerkte sie, wie hungrig sie war. Es duftete verführerisch, und sie machte sich ohne Zögern darüber her. Eine Weile aßen sie schweigend, während Valerie noch immer ihren Gedanken nachhing. Was wäre, wenn sie jetzt einfach … Langsam streifte sie sich einen Schuh vom Fuß und fuhr mit den Zehen ganz leicht an Marks Unterschenkel entlang. Er reagierte nicht darauf, schien vollkommen ungerührt weiterzuessen. Also führte sie den Fuß höher, übers Knie, den Oberschenkel entlang. Ohne den Kopf zu bewegen, hob sie den Blick und sah ihm ins Gesicht. Urplötzlich hatte er, ohne sie anzusehen, mitten in der Kaubewegung innegehalten, doch um seine Lippen spielte ein unterdrücktes Lächeln. Nur ein kurzer Moment und er kaute weiter, schluckte schließlich den Bissen herunter und griff nach seinem Bierglas. Nach außen unbeeindruckt nahm er einen großen Schluck daraus. Dann nahm er seine Serviette, und während Valeries Fuß noch immer über seine Oberschenkel und seinen Schoß strich, wischte er sich einen imaginären Schaumbart ab und legte die Serviette sorgfältig auf seinen Schoß, Valeries Aktivitäten vor den zufälligen Blicken der übrigen Restaurantbesucher verbergend. Erst dann sah er sie an. Seine Augen schimmerten im Kerzenlicht dunkel und sie konnte erkennen, dass sein Herz unter dem engen T-Shirt heftig schlug. Seine Hände waren nicht ganz so ruhig wie sonst, als er wieder zu essen begann und auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtropfen, als Valeries Zehen seinen Hosenschlitz öffneten und sich hineinstahlen. Trotz des überwältigenden Hungers schafften sie es nicht, ihre Mahlzeit zu beenden. Irgendwann legte er entschlossen sein Besteck hin, sah sie herausfordernd an und nickte in Richtung Ausgang. Auch auf dem Zimmer behielt sie die Oberhand. Und sie genoss den Anblick, wie er dort lag, sich kaum rührte und alles geschehen ließ, seinen Gesichtsausdruck und das leise Stöhnen, das ihr verriet, er war vollkommen abgetaucht. Es war genauso, wie sie es sich gewünscht hatte. Er hatte sich vollkommen in ihre Hände begeben, ließ sie gewähren, ohne selbst in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen. Und es gefiel ihr, ihn, den perfekten Liebhaber, zu unterwerfen, aus der Reserve zu locken und zu beobachten, wie er es ganz offenkundig genoss.
Gut zwei Wochen später war diese Episode beinahe vergessen und kam Valerie wie ein unwirklicher Traum vor. Seit Tagen schon hatte sie schlecht geschlafen und fühlte sich wie gemartert. Ihr Rücken schmerzte
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