Im Schatten (German Edition)
abzuhalten.«
» Aha?« Marks Stimme klang nun wesentlich weniger wütend, als vielmehr erstaunt und neugierig. »Zu mir hat sie gesagt, du hättest sie geschickt, weil sie schließlich auch die Zeichnung gemacht hat.«
» Aber das ist ja noch nicht mal …«, brauste Valerie auf, brach aber mitten im Satz ab.
» Was? Was wolltest du gerade sagen?«, fragte Mark stutzig geworden.
Sollte sie es ihm erzählen? Sollte sie ihm jetzt sagen, dass Petra alles daran setzte, ihr Schaden zuzufügen? Es wäre die Gelegenheit gewesen, doch nun befürchtete sie, Mark würde denken, sie versuchte von ihren eigenen Fehlern abzulenken und wollte die Schuld einer anderen in die Schuhe schieben. So meinte sie nur, es sei nichts.
» Hat sie was bemerkt?«, fragte sie nur leise und hörte ein wütendes Schnauben am anderen Ende der Leitung.
» Ich bin gerade von der Baustelle gekommen, wo ich mich etwas eingesaut habe. Zuhause habe ich mich dann umziehen wollen, als es an der Tür geklingelt hat. Ich habe ihr nicht gerade reichhaltig bekleidet aufgemacht. Kann schon sein, dass sie sich fragt, warum ich dich in der Unterhose empfange.«
Valerie rutschte ein gequältes Stöhnen heraus.
»Ich habe versucht, dich zu warnen. Aber auf dem Haustelefon hat sich keiner gemeldet und beim Handy nur die Mailbox.«
» Wie gesagt, ich bin gerade erst zur Tür rein. Und auf dem Weg habe ich die ganze Zeit telefoniert.«
Es entstand ein kurzes Schweigen, in das Valerie schließlich ein »Es tut mir leid« flüsterte.
» Schon gut«, gab er zur Antwort, doch sie konnte noch immer deutlich seine Wut hören.
Den ganzen Abend grübelte sie über die Angelegenheit, und auch in der Nacht kam sie nicht zu Ruhe. Sie wälzte sich hin und her und überlegte, wie sie weiter verfahren sollte. Petra hatte ihr offen den Kampf angesagt. Es gab genau zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Entweder würde sie ihre Attacken auch weiterhin ignorieren – und dabei verlieren, da sie im Ansehen immer weiter sinken würde, oder sie würde sich wehren. Doch ob ihr das wirklich weiterhelfen würde, wagte sie zu bezweifeln, denn immerhin befand sie sich deutlich in der Defensive, und jeder Versuch der Gegenwehr konnte leicht als Ablenkung von eigenen Fehlern angesehen werden. So sehr sie auch grübelte, sie kam zu keinem Entschluss und erschwerend hinzu kam die Erinnerung an Marks deutlich spürbare Wut. Hatte sie bei ihm verloren? Welche Konsequenzen würde er aus der Aufdeckung ihres Verhältnisses ziehen? Er konnte sich weder innerhalb der Firma noch nach außen einen Skandal leisten. Vermutlich würde er ihr Verhältnis sofort beenden und sie vielleicht sogar unter einem Vorwand kündigen. Wie sollte ihr Leben weitergehen, wenn sie sowohl ihn als auch ihre Arbeit verlieren würde? Was hätte es noch für einen Sinn?
Sie grübelte und grübelte und kam doch zu keinem Ergebnis. Erst am Morgen fiel sie in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie viel zu früh geweckt wurde. So bedachte sie den Wecker mit einem Schlag und drehte sich noch einmal um.
Als sie erwachte, war es bereits hell im Zimmer. Wie von einer Tarantel gestochen sprang sie aus dem Bett, weckte Werner, lief zu ihrem Sohn ins Zimmer und weckte auch ihn. Im rekordverdächtigen Tempo machte sie sich fertig und ohne Frühstück auf den Weg zur Arbeit. Bis auf Mark waren schon alle da, wenn Andrea auch wieder bei Gesa im Büro saß und sich mit ihr besprach. Valerie schaltete ihren Rechner an und ging in die Küche, um sich erstmal einen Kaffee einzuschenken. Die eiskalte Stimme hinter ihr hätte selbst die Hölle zum Erfrieren gebracht.
» So ist das also. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, was der Chef an deiner stümperhaften Arbeit findet. Aber das ist es gar nicht. Du besorgst es ihm, ja? Ist er pervers veranlagt, dass er auf eine wie dich angewiesen ist, die einfach alles tun würde, was er verlangt, um bei ihm zu landen?«
Valerie wollte Petra gerade in ihre Schranken verweisen, als sie Mark mit wutverzerrtem Gesicht im Türrahmen entdeckte. Noch ehe sie reagieren konnte, donnerte er los:
»Ich weiß wirklich nicht, was Sie mein Privatleben angeht, Frau Reinhardt. Was ich wann, wo, mit wem und auf welche Weise treibe, geht Sie einen feuchten Kehricht an! Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten, und halten Sie sich gefälligst aus denen anderer heraus, haben Sie mich verstanden?«
Ohne eine Antwort von der erschrockenen Petra abzuwarten, wollte er gehen. Doch dann hielt
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