Im Schatten (German Edition)
das Gefühl, seine Wangen wurden rot, doch es konnte auch an der eben erst beendeten Fahrradtour liegen. Nach kurzem Zögern schließlich ging er zu den anderen Frauen im Raum. Zum Schluss kam er zu ihr und reichte ihr die Hand, doch im Gegensatz zu sonst strich sein Daumen dabei sanft über ihren Handrücken.
» Was machst du denn hier?«, fragte er nicht wenig erfreut. »Ich dachte, du bist heute in Leipzig.«
» Ist auf nächste Woche verschoben. Huber ist krank«, erklärte sie.
» Wann fährst du denn?«, wollte er nun wissen, ohne ihre Hand loszulassen.
» Voraussichtlich Dienstag.«
» Oh, gut! Dann können wir vielleicht zusammen runter.« Es war nicht zu überhören, dass er sich tatsächlich freute, auch wenn er sich anscheinend um Gelassenheit bemühte. Plötzlich bemerkte Valerie Tinas Blick, der fragend auf ihre immer noch verbundenen Hände gerichtet war. Hastig zog Valerie ihre Hand fort, und Mark machte sich nach einem kurzen Zögern zu den anderen Kollegen auf.
Bereits kurze Zeit, nachdem er in sein Büro gegangen war, sah Valerie ihn durch die Tür zum Besprechungszimmer verschwinden. Es dauerte einige Minuten, bis er wieder herauskam, doch gleich danach steckte er den Kopf aus seiner Bürotür.
» Kannst du mir mal kurz helfen?«, fragte er Valerie. »Ich finde die Akten vom letzten Umbau in der Calvinstraße nicht.«
Sofort machte sie sich etwas irritiert auf den Weg ins Archiv. Dort angekommen allerdings fiel ihr Blick auf die Akte, die bereits auf dem kleinen Tisch lag. Sie kam jedoch nicht dazu, sich darüber zu wundern, denn Mark, der gegen die Eingangstür gelehnt stand, griff nach ihrer Hand und zog sie zu sich.
»Wer sich in deiner Ordnung nicht zurechtfindet, muss nicht nur blind, sondern auch reichlich dämlich sein«, murmelte er in ihr Haar. Etwas Ähnliches, wenn auch für den Suchenden etwas schmeichelhafter ausdrückt, hatte sie auch gedacht und so ließ sie es einfach geschehen, dass er sie an sich zog und ausgiebig küsste. Konnte es tatsächlich sein, dass er sie ebenso sehr vermisst hatte wie sie ihn? Es dauerte Minuten, bis er endlich von ihr abließ.
» Haben wir heute Nachmittag noch eine gemeinsame Baustelle?«, fragte er leise. Sie wusste sofort, was er meinte und nickte.
Sie hätte stundenlang nur so daliegen können, wohlig erschöpft, die weichen Haare unter ihrer Wange spürend, während er ihr sanft über den Rücken streichelte.
» Schade, dass du nicht bleiben kannst«, sagte er leise. Valerie hob den Kopf und sah ihn an, und er fragte:
» Versprichst du mir etwas?«
» Was immer du willst«, antwortete sie leichtsinnig.
» Bitte schlaf dieses Wochenende nicht mit ihm.«
Vor Erstaunen f iel ihr die Kinnlade herunter. Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? Seit wann interessierte er sich dafür, was sie tat?
» Ich weiß, es geht mich nichts an, was du tust. Er ist immer noch dein Mann«, sprach er weiter. Immer noch? , fragte Valerie sich. Glaubte er denn, es würde irgendwann anders sein, und wünschte er es sich vielleicht sogar? Doch bevor sie etwas sagen konnte, fuhr er fort: »Aber ich kann dieses Wochenende den Gedanken daran nicht ertragen.«
Valerie konnte es nicht fassen, dennoch antwortete sie ein wenig patzig:
»Die Gefahr ist ja nicht allzu groß.«
Doch zu ihrem Erstaunen sagte Mark nur leise:
»Du hast, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, mit ihm geschlafen.«
Ihr Herz begann zu rasen und die Röte stieg ihr ins Gesicht. Woher wusste er das?
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte sie fassungslos und sah fast augenblicklich, wie sich seine Augenbrauen zusammenzogen. Immer noch leise sagte er:
» Was immer du tust, Val, lüg mich nicht an.«
Beinahe panisch antwortete sie:
»Nein, so habe ich es nicht gemeint. Ich meine, woher weißt du es?« Ihre Stimme war beinahe nur noch ein Flüstern.
» Du hast ein schlechtes Gewissen. Du bist mir zwar keine Rechenschaft schuldig, aber du hast trotzdem ein schlechtes Gewissen.«
Das stimmte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, auch wenn sie ihm keine Rechenschaft schuldig war. Sie hatte das Gefühl, ihn betrogen zu haben.
»Bitte Val, nicht dieses Wochenende. Versprich es mir.«
» Ja«, antwortete sie leise. Und nach einer kurzen Pause fragte sie noch leiser, so dass er es, wenn er wollte, überhören konnte:
» Hast du ein schlechtes Gewissen?«
» Nein. Dafür gibt es keinen Grund. Schon sehr lange nicht mehr.«
*
» Du hast gesagt, du hättest seit Monaten mit keiner
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