Im Schatten (German Edition)
damit verbundenen Aktivitäten.« Petra lächelte süffisant und fuhr in verschwörerischem Tonfall fort: »Ich kann dich übrigens verstehen. Er ist wirklich verdammt gut.«
Valerie hatte das Gefühl, jemand ziehe ihr den Boden unter den Füßen weg.
»Du lügst!«, fuhr sie Petra an, doch diese blieb ungerührt.
» Ach ja? Dann frag ihn doch selbst.« Sie ging aus der Küche heraus, doch an der Tür drehte sie sich noch einmal um und meinte: »Übrigens, ich stehe ja eigentlich gar nicht auf so was, aber das Tattoo ist wirklich süß.«
Valerie hatte das Gefühl, jemand hätte ihr eine gusseiserne Bratpfa nne über den Schädel gezogen. Die Tätowierung! Sie war definitiv an einer Stelle, wo sie nicht zufällig entdeckt werden konnte. Er musste also tatsächlich intim mit Petra gewesen sein. War denn alles, was er ihr in den letzten Wochen vorgemacht hatte, nur eine Lüge gewesen? Hatte er sich tatsächlich nur über sie lustig gemacht?
Es dauerte Minuten, bis sie es schaffte, sich aus ihrer Starre zu lösen und an ihren Platz zurückzukehren. Doch es fiel ihr schwer, sich an diesem Tag zu konzentrieren, denn in ihr tobten die Gefühle. Sie war verletzt, unglücklich, enttäuscht. Sie liebte diesen Mann, und er hatte sie nur als Spielball benutzt, ihr Gefühle vorgegaukelt, um sich hinterher über sie halbtot zu lachen. Als er sie später an diesem Morgen in sein Büro rief und das angekündigte Gespräch mit ihr führen wollte, blockte sie ab. Sie fühlte sich nicht im Stande, über ihren Ärger und ihre Enttäuschung zu sprechen, ganz besonders dann nicht, wenn nebenan sämtlich Kollegen saßen. Den ganzen Vormittag versuchte sie ihre Gedanken mit der Arbeit zu beschäftigen, doch der Schmerz in ihrer Seele machte es schier unmöglich. In der Mittagspause hielt sie es schließlich nicht mehr aus, verließ das Büro und stolperte tränenblind durch die Straßen. Was war nur passiert? Warum war ihr Leben innerhalb von wenigen Monaten von ganz normal zur vollkommenen Katastrophe abgeglitten? Noch vor gut einem Jahr war sie zufrieden mit ihrem Familienleben und glücklich in ihrem Job gewesen. Nun war alles zerstört, und zurückgeblieben war ein einziger Scherbenhaufen. Ihr Eheleben, an dem sie vorher nie gezweifelt und dessen Schwierigkeiten sie als gegeben hingenommen hatte, war in ihrer Wahrnehmung plötzlich zur Farce geworden. Ihre Arbeit, für sie ein so wichtiger Teil ihres Lebens, war in den letzten Monaten zu einem Albtraum geworden. Lange hatte sie überlegt, ob sie Mark mit den Schwierigkeiten behelligen sollte, die sie mit Petra hatte. Noch immer widerstrebte es ihr, ihren Kampf durch jemand anderen austragen zu lassen, als wäre sie selbst nicht in der Lage dazu. Zudem wollte sie ihr privates Verhältnis nicht ausnutzen, um dienstlich seinen Schutz in Anspruch zu nehmen. Nun war ihr dieser Weg endgültig verbaut, denn Mark hatte sich auf Petras Seite geschlagen. Mark! Der Schmerz schien ihr Herz in Stücke zu zerreißen. Sie hatte ihm vertraut, ihm all die Lügen geglaubt. Am Anfang ihrer Beziehung war er zögerlich gewesen, hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie für ihn nur eine von vielen war. Dann aber, nach und nach hatte sich sein Verhalten geändert. Immer offener war er geworden, hatte ihr nicht nur Oberflächlichkeiten erzählt, sondern sein Inneres offenbart. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, es würde eine gemeinsame Zukunft geben, irgendwann, wenn die Sache mit ihren Ehen geregelt wäre. Gerade deshalb hatte ihr die Nachricht den Boden unter den Füßen weggezogen. Es war alles nur eine Lüge gewesen. Nie hatte Valerie geglaubt, jemand könne so perfekt lügen. Selbst in den intimsten, scheinbar unkontrollierbaren Momenten war alles nur Theater gewesen. Ergötzte er sich an dem Gedanken, dass sie ihm hoffnungslos verfallen war? Noch nie in ihrem Leben war Valerie so niedergeschmettert worden. Sie hatte Petra kein Wort geglaubt. Hatte ihre Sprüche für weitere ihrer verlogenen Attacken gehalten, bis … Die Tätowierung! Die kleine Lilie in Marks Leiste. Unauffällig, verborgen für jeden, bis auf die Frauen, denen er bereitwillig jede Stelle seines Körpers zeigte. Ausgerechnet Petra! All die anderen Frauen vorher waren schlimm genug gewesen. Doch diese Demütigung war schlimmer als alles, was sie bisher erlebt hatte. So schlimm, dass sich ihr plötzlich der Magen umdrehte. Da sie jedoch den ganzen Vormittag über nichts gegessen hatte, wurde sie nur von heftigem, jedoch
Weitere Kostenlose Bücher