Im Schatten (German Edition)
wirklich etwas übertrieben. Valerie stellte sich wieder einmal auf eine längere Diskussion ein, als sie an diesem Abend zu ihrem Auto ging. Gedankenverloren setzte sie sich hinein und startete den Motor. Doch das Auto wollte nicht so recht in Gang kommen. Schwerfällig rollte es über den Parkplatz und machte dabei unangenehme Geräusche. Sofort hielt sie an, stieg aus und lief einmal um den Wagen.
»Oh nein! Das kann doch nicht wahr sein!«, entfuhr es ihr.
»Was ist passiert?« Sie hatte nicht mitbekommen, wie Mark sich ihr genähert hatte. Nun bekam sie einen furchtbaren Schreck, weil er so unvermittelt hinter ihr stand, doch sehr schnell fing sie sich wieder und zeigte wortlos auf ihren Vorderreifen, in dem so gut wie keine Luft mehr war.
»Oh! Haben Sie einen Ersatzreifen?«, fragte Mark.
»Ich glaube schon, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man den montiert.«
Er grinste sie breit an. »Na ja, für irgendetwas müssen wir Männer ja auch noch gut sein, oder?« Damit schob er sein Fahrrad zurück zum Fahrradständer und kam wieder zu ihr.
»Na dann wollen wir mal«, sagte er vergnügt. Es dauerte nur eine kurze Zeit, bis er den Ersatzreifen montiert hatte, und Valerie beobachtete ihn dabei. Seine Hände waren schlank und elegant, jedoch gleichzeitig kräftig und Valerie ertappte sich dabei, die Frauen zu beneiden, die diese Hände spüren durften.
»Fertig!«, riss er sie aus ihren Gedanken. »Sie müssen aber an der nächsten Tankstelle den Luftdruck kontrollieren. Und besorgen Sie sich schnellstmöglich einen neuen Reifen. Der«, er wies auf den gerade montierte, »ist nicht besonders gut.«
»Danke. Das war sehr nett von Ihnen, Mark. Wie kann ich mich dafür erkenntlich zeigen?« Sie erwartete, er würde lakonisch abwinken, doch stattdessen antwortete er spontan: »Indem Sie mit mir essen gehen.«
»Wann? Jetzt?«, fragte sie überrumpelt.
»Ja, genau jetzt. Ein paar Straßen weiter ist ein netter kleiner Italiener. Wie wäre es damit?«
Ein wenig aus dem Konzept gebracht stimmte sie zu, und während sie ihren Mann anrief, machten sie sich zu Fuß auf den Weg. Werner reagierte ziemlich ungehalten, als sie ihm erzählte, sie würde später nach Hause kommen, und er und Norman müssten sich die Essenreste vom Vortag selbst aufwärmen.
»Ich habe noch ein kurzfristig anberaumtes Arbeitsessen «, erklärte sie ihm und beendete das Gespräch.
Mark sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ein Arbeitsessen? Wieso erzählen Sie Ihrem Mann nicht, was passiert ist?«
»Dafür würde er kaum Verständnis haben. Wieso sollte er darunter leiden müssen, wenn ich Probleme mit meinem Auto habe?« Valerie verzog das Gesicht.
»Ist es denn so schlimm, wenn er sich mal selbst um sein Essen kümmern muss?«
»Für ihn schon. Das ist er nicht gewohnt.«
»Dann sind Sie also die perfekte Ehefrau, ja? « Marks Stimme klang ein wenig ironisch.
»Ja klar. Ich kann gut kochen und halte das Haus sauber.«
»Mehr nicht?« Er lächelte sie amüsiert an. Doch Valerie lächelte nicht.
»Für mehr besteht schon lange kaum noch Bedarf. « Sie merkte selbst, wie frustriert ihre Stimme klang, und fragte sich gleichzeitig, warum sie ihrem Chef so intime Details über ihre Ehe verriet. Sie waren inzwischen beim Restaurant angekommen, und als er ihr die Tür aufhielt, sah sie seinen interessierten Blick auf sich ruhen. Sie suchten sich einen Platz, und nachdem er ihr den Mantel abgenommen und an die Garderobe gehängt hatte, studierten sie wortlos die Karte. Erst als die Kellnerin die Bestellung aufgenommen hatte, führte Mark ihr Gespräch fort:
»Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
»Fünfundzwanzig Jahre.«
»Dann hab en Sie mit neunzehn geheiratet?« Wie schön! Er war sich offensichtlich ganz genau bewusst, wie alt sie war! Gleichzeitig jedoch bemerkte Valerie, dass sie sich selbst bis vor Kurzem nie Gedanken über ihr Alter gemacht hatte. Warum nur wurde sie sich plötzlich dessen so bewusst? »Aber sie hatten vor ihm andere Freunde«, fuhr er fort.
» Nein.« Eine Weile schwieg Mark nachdenklich, während die Kellnerin die Getränke servierte. Als sie wieder fort war, fragte er jedoch weiter:
»Sind Sie treu?«
»Was?!« Valerie sah ihn ein wenig schockiert an.
»Ob Sie treu sind, habe ich gefragt.« Mark schien vollkommen ungerührt.
»Ja selbstverständlich!«, antwortete sie entrüstet.
»Dann haben Sie noch nie mit einem anderen Mann geschlafen?«
Wie zum Teufel waren sie auf dieses
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