Im Schatten (German Edition)
Lippen knabberten vorsichtig an ihrem Ohrläppchen. Sie wollte sich losreißen, fortlaufen, aber stattdessen schob sie sich noch dichter an ihn heran. Ihre Lippen berührten seinen Hals, ihre Hand streichelte seinen Nacken. Sie hatte die Augen geschlossen, spürte den Rhythmus ihrer Bewegungen, seine weichen Lippen, die sich von ihrem Ohr über die Wange zu ihrem Mund fortbewegten. Automatisch öffnete sie die Lippen und empfing ihn. Jeder Gedanke war ausgeschaltet. Sie wusste nicht mehr, wer er war, wer sie war. Jede Faser ihrer Seele schrie nach ihm. Und ihres Körpers auch. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal geküsst hatte, doch sie war sich sicher, sie war noch nie so geküsst worden. Sie fühlte, wie ihre Knie butterweich wurden, ebenso wie ihr Wille. Und zum ersten Mal in ihrem Leben wurde ihr klar, welche Macht ein Mann nur mit seinen Küssen ausüben konnte, … wenn er es denn beherrschte. Sie war sich sicher, Mark würde sie dirigieren können, wohin er wollte: Sich ihm willenlos hinzugeben, nur darauf hoffend, erlöst zu werden, oder sich leidenschaftlich die Kleider vom Leib zu reißen, sich auf ihn zu stürzen und ihm alle Wünsche zu erfüllen. Er brauchte ihr nichts zu sagen, ihr nur seine Wünsche in seinem Kuss mitzuteilen. Als er sie nach ein paar Liedern aus der Bar und zum Aufzug führte, sah sie die junge blonde Frau mit sehr saurem Gesichtsausdruck am Tresen sitzen, doch es interessierte sie nicht mehr. Er brachte sie zu ihrem Zimmer. Mit zitternden Händen schloss sie auf. Er schob sie hinein und drückte sie mit seinem ganzen Körper gegen die Wand neben der Eingangstür. Seine Hand griff in ihr Haar, und er sah sie an. Sie hatte diesen Gesichtsausdruck noch nie bei ihm gesehen. Dann beugte er sich zu ihr herunter, um sie erneut zu küssen. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte – wenn sie überhaupt etwas erwartet hatte – doch nicht diesen sanften, einfühlsamen Liebhaber, der sich ihr präsentierte. Vorsichtig knöpfte er ihre Bluse auf, während er sie weiter küsste. Plötzlich war sie sich wieder jedes Gramms zuviel auf ihren Rippen bewusst und schämte sich. Sie wollte ihn wegschieben, die Bluse schließen, doch er streichelte sie sanft und nahm ihr jede Chance auf Widerstand. Er war vorsichtig, behutsam, als hielte er ein rohes Ei in der Hand. Sie hätte eher erwartet, einen Draufgänger zu erleben, der nur auf sein eigenes Vergnügen bedacht war. Stattdessen schien er seine Bedürfnisse zurückzuschieben, um ihr größtmöglichen Genuss zu bereiten. Und das tat er. Sie wurde davon getragen auf einer Welle der Lust, bis sie glaubte, es nicht mehr ertragen zu können. Sie hatte bisher nur mit einem einzigen Mann geschlafen und auch das war im Laufe der Jahre immer weniger geworden. Wie sehr sie sich danach sehnte, registrierte sie erst jetzt, als Marks Hände und Lippen sanft über ihre Haut strichen. Es war alles so fremd. Sie kannte Werner in- und auswendig, nicht nur seinen Körper, auch seine Art. Seine Berührungen waren ihr vertraut. Es gab keine Überraschungen mehr, und wenn sie sich auch manches Mal ein wenig mehr Abwechslung gewünscht hätte, hatte sie sich doch letztendlich mit der Routine abgefunden, die sich immer breiter gemacht hatte. War auch das ein Grund für die immer weiter abkühlende Leidenschaft zwischen ihnen gewesen, die schließlich dazu geführt hatte, sie sexuell nahezu inaktiv werden zu lassen? Sie hatte schon längst aufgehört, über die Trostlosigkeit und die unerfüllten Wünsche nachzudenken, wenn sie abends zwar nicht allein, jedoch einsam ins Bett ging.
Mark war anders. Jede seiner Berührungen zeigte ihr seine Geschicklichkeit und Übung. Er hatte eindeutig Erfahrungen auf dem Gebiet gesammelt, von denen Werner noch nicht einmal zu träumen gewagt hätte, genug um zu wissen, wie er Frauen zu nehmen hatte. Valerie kam sich plötzlich so unerfahren wie ein Teenager vor und spürte Angst in sich aufsteigen. Angst ihn zu enttäuschen, sich bis auf die Knochen zu blamieren. Wieder überkam sie das Gefühl, ihre Kleider um sich raffen und weglaufen zu müssen. Seine Hand fuhr langsam über ihren Bauch nach oben, bis er ihr sanft über Schläfe und Wange streichelte.
» Entspann dich, Val«, flüsterte er, als habe er ihre innere Anspannung bemerkt. »Es ist eh zu spät für Skrupel. Du willst mich und wirst nicht eher Ruhe finden, bis du mich gehabt hast.«
War es das, was ihn an ihr anzog? Wa r das der Grund, warum er mit
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