Im Schatten (German Edition)
Ende des Abends bedankte er sich mit dem erneuten Versprechen, sie einmal mit auf eine Fahrt zu nehmen. Am Montag nächster Woche, als sie sich zum ersten Mal wieder im Büro begegneten, kam er viel besser gelaunt zur Arbeit. Statt der üblichen Begrüßung meinte er zu ihr:
» Hey Django, alles frisch? Übrigens habe ich mit meinem Kumpel geredet. Er versuchte sich herauszureden, aber ich habe ihm dann ganz ruhig erklärt, dass es gar nicht um die Behebung des Blechschadens geht, sondern um unsere Freundschaft. Schließlich hat er eingelenkt und den Fehler zugegeben. Danke noch mal.«
» Ich habe nichts gemacht.«
» Doch, Sie haben mir zugehört und mich zum Lachen gebracht. So konnte ich ohne Wut mit ihm reden.«
*
07. Mai 2008
Katherine sah wie erstarrt auf das Handy ihrer Mutter.
» Das ist Marks Nummer. Mark Mühlau, Mamas Chef.«
» Kennst du ihn?«, fragte Sven irritiert und Katherine merkte, dass sie rot anlief.
» Ja … flüchtig.« Sven nickte und Katherine öffnete ein wenig befangen die SMS. Es war ihr immer noch unangenehm, in den Sachen ihrer Mutter zu schnüffeln, doch es war der einzige Weg, die Wahrheit herauszufinden.
» Nein!«, entfuhr es ihr, während sie wie erstarrt auf das Display sah. »Das gibt’s doch gar nicht! Hier, sieh dir das mal an.« Sie reichte das Handy an Sven weiter. Der las laut vor: »Bin früher zurück als geplant. Beweg deinen süßen Arsch hierher.« Leichenblass sah er Katherine an.
» Das … hat … nicht unbedingt … etwas zu … bedeuten«, stammelte er wenig überzeugend. Katherine sah, wie er auf der Tastatur herumdrückte.
»Hier ist noch eine: Unser Flieger geht um 16.15. Heute Abend Essen mit Huber, morgen früh 9.00 Besprechung. Aber die …« Sven zögerte und sah Katherine kurz an, bevor er fortfuhr: »… die Nacht gehört uns, Baby«, las er leise weiter, bevor er Katherine das Telefon zurückgab.
Niemals hätte sie angenommen, ihre Mutter könnte etwas mit einem anderen Mann angefangen haben. Diese Vorstellung war für sie so vollkommen abwegig und absurd, dass sie immer noch fassungslos auf die Nachricht starrte, während ihr langsam klar wurde, dass diese Neuigkeit sie komischerweise wesentlich mehr bestürzte, als das Eingeständnis der Seitensprünge ihres Vaters.
Als Katherine tags darauf bei Mark an der Haustür klingelte, wusste sie nicht, ob er bereits von der Arbeit zu Hause war, doch sie hoffte es. Der Türsummer wurde betätigt, und sie betrat den Hausflur. Langsam ging sie die Treppe hoch. Sie wusste eigentlich nicht so genau, was sie vorhatte. Sie wollte die Wahrheit wissen. Doch was war, wenn sie es wusste? Als sie die Wohnungstür erreicht hatte, stand Mark dort mit sichtbarem Erstaunen im Gesicht. Nach einer kurzen Begrüßung bat er sie herein. Sie druckste ein wenig herum, doch dann holte sie tief Luft und begann:
» Ich will nicht lange herumreden. Hattest du ein Verhältnis mit meiner Mutter?« Ihre Stimme klang durch die Anspannung unfreundlich und sie sah, wie Mark rot anlief. Er verzog den Mund und es sah aus, als bisse er sich von innen auf die Lippe. Nach einer Weile jedoch sah er ihr in die Augen und antwortete fest:
» Wir haben ein paar Mal gevögelt. Was dabei?«
» Hast du sie abserviert?«
» Nein. Sie hat es beendet.« Katherine war erstaunt. Sie hatte erwartet, dass die Trennung – wenn es denn eine gegeben hatte – von Mark ausgegangen wäre.
» Sie? Nicht du?«
» Nein. Sie kam eines Tages zu mir und sagte, dass sie es nicht mehr will, und ist gegangen.« Irrte sie sich, oder war dort Traurigkeit in seinen Augen zu sehen?
» Wieso meine Mutter? Sie war doch viel älter als du, deine Angestellte und nun wirklich keine Schönheit!«
» Sie war schön, verdammt!« Er klang beinahe wütend bei diesen Worten. »Und was bitte hat ihr Alter damit zu tun? Meine Güte, hast du Valerie eigentlich jemals als Mensch wahrgenommen oder nur als Mutter?«
Darauf wusste sie nicht s zu sagen, und so ging sie schließlich nachdenklich nach Hause. Was hatte Mark für ihre Mutter empfunden? Seine erste Antwort hatte kalt und gemein geklungen. Doch was er zum Schluss gesagt hatte – und wie – war ganz anders gewesen. Was sie jedoch am meisten verwunderte, war etwas, das sie beim Hinausgehen aus dem einzigen Zimmer in Marks Wohnung gesehen hatte. Zufällig war ihr Blick auf den kleinen Tisch neben seinem Bett gefallen. Und dort stand, vom Licht einer Nachttischlampe beleuchtet, ein Bild: ein Foto ihrer
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