Im Schatten (German Edition)
Fallschirm springen können, fährst jedem übers Maul, der dir dumm kommt, einschließlich mir, und hast Angst vor Spinnen? Und jetzt erzähl mir bitte nicht, die Typen vom Bau haben schließlich auch keine haarigen Beine.«
Nun musste auch Valerie wieder lachen und entgegnete: »Keine Ahnung. So genau hab ich mir die noch nicht angesehen. Aber auf jeden Fall haben sie nicht so viele auf einmal.«
Immer noch leise lachend bemerkte Mark:
» Du hast also tatsächlich auch einen Schwachpunkt. Gut zu wissen. Ekelst du dich nur, oder hast du eine richtige Phobie?«
» Ich glaube, es ist so was wie eine Phobie«, antwortete sie kleinlaut.
Er hielt sie immer noch im Arm , und plötzlich wurde Valerie sich darüber klar, dass er sie zum ersten Mal in der Öffentlichkeit mehr als nur wie bei einem Händedruck zur Begrüßung berührte. Als wäre auch ihm das unvermittelt klar geworden, hörte er zu lachen auf. Doch er ließ sie nicht los, sah ihr nur tief in die Augen und beugte sich dann zu ihr herunter, um sie zu küssen.
*
12 . Mai 2008
Mit tränennassem Gesicht saß Katherine am Küchentisch in Svens Wohnung und versuchte verzweifelt, noch irgendetwas zu erkennen. Sie schniefte und schluckte und als sie Sven lachen hörte, wischte sie sich entschlossen mit dem Handrücken über die Augen, die Tatsache, dass sie damit ihr gesamtes Make-up ruinierte, vollkommen ignorierend.
» Liegt es an den Zwiebeln, oder sind das Freudentränen, weil du mich endlich wiedersiehst?«
Katherine hatte sich noch nie gegen den beißenden Zwiebelgeruch wehren können und es reichte schon aus, wenn jemand im gleichen Raum welche schnitt. Führte sie selbst diese Tätigkeit durch, gab es für ihre Tränen kein Halten mehr. Dennoch antwortete sie:
» Natürlich sind es Freudentränen.«
Die ganze Woche hatten sie sich nicht sehen können, da Sven Spätschicht gehabt hatte, und sie hatte ihn jeden Tag vermisst. Obwohl sie erst so kurze Zeit ein Paar waren, fehlte er ihr, sobald er die Tür hinter sich schloss. So etwas kannte sie gar nicht. Natürlich war sie schon öfter verliebt gewesen, doch mit keinem ihrer Freunde hatte sie je eine so tiefe Verbundenheit empfunden. Vielleicht lag es an dem schrecklichen Schicksal, das sie beide zusammengeführt hatte, vielleicht aber auch schlicht an seiner Art. Er hörte ihr zu und nahm sie in den Arm, wenn sie abwechselnd fröhlich und traurig von ihrer Mutter erzählte. Er hatte das gleiche beinahe schon kriminalistische Interesse daran, den »Fall« zu lösen. Er lenkte sie aber auch von ihrer Trauer ab und brachte sie zum Lachen.
» Hey, soll ich das lieber machen?«, fragte er und wies auf die halb geschnittene Zwiebel vor ihr.
» Schon gut, ich krieg das schon irgendwie hin«, entgegnete sie tapfer. Katherine war im Gegensatz zu Sven keine besonders begnadete Köchin. Sie machte nur das, was zum Überleben dringend notwendig war und hatte insgeheim immer über ihre Freundinnen gelacht, wenn diese vom gemeinsamen Kochen mit ihren Freunden geschwärmt hatten. Doch hier in Svens Küche, mit verheulten, furchtbar brennenden Augen, begann sie allmählich zu begreifen, wie verbindend so einfache, alltägliche Dinge sein konnten.
» Wie geht es deinem Vater? Kommt er allmählich aus seiner Lethargie heraus?«, schnitt Sven ein ihr eher unangenehmes Thema an.
» Nein, er schweigt weiter vor sich hin, und ich komme nur selten an ihn heran. Aber ich hab gestern Tina zum Pizzaessen eingeladen, um mit ihr zu sprechen. Du weißt doch, die Sekretärin aus Mamas Firma«, setzte sie hinzu, als Sven sie fragend ansah.
» Ja, jetzt erinnere ich mich. Und, was hat sie erzählt? War es aufschlussreich?«
» Vor allem teuer! Mann, ich dachte immer, Frauen wie sie würden beim Essen gehen nur an einem trockenen Salatblatt herumkauen, aber die hat zugeschlagen, als würde sie die nächsten hundert Jahre nichts mehr zu essen bekommen. Wenn das so weitergeht, bin ich bald pleite.«
Glücklicherweise waren die Zwiebeln inzwischen fertig geschnitten , und Sven nahm sie unter ihrer Nase fort, um sie in die heiße Pfanne zu geben. Doch gleich hatte er eine neue Aufgabe für sie, legte Tomaten und Paprika vor sie hin, mit der Anweisung, sie in kleine Stückchen zu zerteilen. Währenddessen erzählte Katherine von ihrem Gespräch mit Tina. Viel war zu Anfang nicht aus ihr herauszubringen gewesen. Jeder hätte Valerie gemocht, nur mit der neuen Kollegin wäre das Verhältnis nicht ganz so herzlich, aber
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