Im Schatten (German Edition)
wälzte sie sich im Bett hin und her, immer wieder von Nies- oder Hustenanfällen geschüttelt. Eigentlich hätte sie sich etwas zu Essen machen sollen, damit sie ihre Medizin einnehmen konnte, doch dazu fehlten ihr Kraft und Appetit. Sie schaltete das Radio ein, um sich abzulenken, doch das Buch, das sie zu lesen versuchte, legte sie schnell wieder fort, denn dazu schmerzte ihr der Kopf zu sehr. Nach kurzer Zeit klingelte wieder das Telefon. Es war ihr Sohn, der sie fragte, wie es ihr ginge. Valerie freute sich sehr über seine Anteilnahme, wenn sie sich auch gleichzeitig darüber ärgerte, dass ihr eigener Ehemann es nicht für nötig hielt, sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Valerie erzählte Norman von ihrem Arztbesuch, und der fragte gleich mitdenkend:
» Soll ich heute Abend einkaufen, bevor ich nach Hause komme?«
Dankbar nahm Valerie das Angebot an und nannte ihm die Dinge, die er mitbringen sollte.
Gegen Mittag klingelte es plötzlich an ihrer H austür. Wer mochte das nur sein? Ihr war überhaupt nicht danach, irgendwen zu sehen - und sei es der Briefträger. Dennoch rappelte sie sich mühsam auf und ging zur Tür. Sie hörte jemanden schwungvoll die Stufen hochsteigen und Augenblicke später sah sie Mark. Oh Gott , dachte sie, alles, nur das nicht . Sie sah einfach schrecklich aus und schämte sich zu Tode. Ihre Haare standen in alle Richtungen, die Nase war gerötet, die Augen verquollen, gerötet und feucht, die Lippen waren spröde und vom vielen Naseputzen wund gerieben. Ihr Bademantel war schon ein wenig zerschlissen und ohnehin nie elegant gewesen. Darunter war ein dunkler Schalfanzug zu erkennen, der keinerlei erotische Ausstrahlung besaß und zudem ihre Blässe erst so richtig hervorhob. Um den Hals trug sie einen dicken Schal und an den Füßen Socken und Latschen. Sie hatte absolut nichts gemeinsam mit der attraktiven Frau, die er sonst zu sehen bekam. Dennoch wünschte sie sich gerade in ihrem Elend einen Mann, der sie ganz fest in den Arm nahm und sie tröstete. Und genau das tat Mark. Er hielt sie fest und streichelte ihr behutsam über Kopf und Rücken, und sie lehnte sich bei ihm an. Dann verfrachtete er sie wieder ins Bett.
» Ich sehe so furchtbar aus«, jammerte sie verzweifelt.
» Du siehst aus, wie du sich fühlst. Von einer kranken Frau kann man nicht erwarten, dass sie aussieht wie Claudia Schiffer beim Photoshooting.«
» Trotzdem, ich wünschte, du würdest mich nicht so sehen.«
» Hey, Val, ich habe dich schon von so vielen Seiten kennen gelernt. Okay, ich gebe es zu, bisher nur von den Guten. Aber glaubst du wirklich, diese würde mich abschrecken?«, fragte er sanft. Und dann: »Kann ich irgendwas für dich tun?«
Sie hielt ihm ihr Glas hin und bat ihn, ihr noch etwas zu trinken aus der Küche zu holen.
»Wie ist es mit Essen? Hast du was gegessen?«
Valerie schüttelte den Kopf , und Mark sah sie aufmerksam an.
» Aber du hast doch gefrühstückt, oder?«
» Nein. Ich hab mich zu elend gefühlt. Ich kam einfach nicht hoch.«
Mark schien zu stutzen.
»Und dein Mann?«, fragte er. »Hat er dir nichts ans Bett gebracht.«
» Nein. Er musste doch zur Arbeit.«
» Na und?«, entgegnete Mark aufgebracht. »Was hat das damit zu tun? Ich wette, du hättest dich um ihn gekümmert, wäre er krank gewesen.«
Natürlich hatte er recht, wenn Valerie sich auch schon lange an die herrschenden Zustände gewöhnt hatte. Angesäuert stand er auf und ging hinaus. Wenig später hatte er offensichtlich die Küche gefunden. Sie hörte, wie Schranktüren geöffnet und wieder geschlossen wurden, Geschirr klapperte und er an den Kühlschrank ging. Wenig später wurde etwas in die Mikrowelle gestellt. Was auch immer er da machte, es war kurz danach fertig, und er nahm es heraus. Die Besteckschublade ging auf, es klapperte kurz, dann wurde sie wieder geschlossen. Das Rumoren ging weiter, bis Mark mit einem Tablett an ihrem Bett erschien. Darauf stand ein Becher heiße Milch mit Honig, ein Teller mit drei Toastbroten, zwei mit Marmelade, eins mit Honig, ein Glas Wasser und die Packung mit den Tabletten.
» Ich habe den Beipackzettel gelesen, bei denen darfst du Milch trinken«, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. Sie war fassungslos und gleichzeitig dankbar für seine unerwartete Anteilnahme und brachte kaum ein Wort hervor, als ein leises Danke, das er lächelnd entgegennahm.
» Kommt ihr zurecht in der Firma?«, fragte sie zwischendrin.
» Du fehlst schon, wenn du nur
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