Im Schatten (German Edition)
konnte sich mit dieser Situation nicht abfinden.
» Warum lässt du dir das alles gefallen, Valerie?«, fragte sie. »Werner behandelt dich wie seine Sklavin. Alles musst du für ihn machen, kochen, putzen, aufräumen und dann meckert er dich auch noch die ganze Zeit an.«
Sie hatte natürlich recht und sagte offen, was Valerie selbst oft gedacht hatte. Doch welche Konsequenzen sie daraus ziehen sollte, war ihr noch immer nicht klar. Janet jedoch sprach aus, was Valerie bereits einen Tag vorher gehört hatte:
» Du bist doch eindeutig nicht mehr glücklich in deiner Ehe, Schatz. Warum ziehst du nicht die Konsequenzen?«
» Wie kommst du darauf, Mom? Nur weil Werner mal ein bisschen rummault?«
» Valerie, du bist abgemagert bis auf die Knochen, hast Ringe unter den Augen und siehst so traurig aus, wie ich dich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe. Ich weiß, dass du schon früher Probleme in deiner Ehe hattest. Aber damals war die Situation noch anders mit den kleinen Kindern. Jetzt sind die beiden groß. Ich finde, es wird Zeit, dass du endlich mal an dich selber denkst.«
Das brachte Valerie noch mehr durcheinander. Nun redete ihr auch noch ihre Mutter zu, sich von Werner zu trennen. Da s war nicht gerade dazu geeignet, sie gedanklich zur Ruhe kommen zu lassen. Und so grübelte sie auch in den folgenden Tagen und Wochen über ihre Situation und die möglichen Konsequenzen. Und als Werner und Norman einige Tage später in den Urlaub fuhren, hatte Valerie noch viel mehr Zeit zum Nachdenken. Doch kaum hatte sie ein wenig Verschnaufpause zu Hause, kam ein neues Problem dazu.
2 0. September 2007
Den ganzen Tag über war Mark ausgesprochen unfreundlich gewesen. Valerie kannte das gar nicht von ihm und wunderte sich über seine ausgeprägte schlechte Laune. Schon mehrfach hatte er sie mit einem bösen Blick und ein paar spitzen Bemerkungen bedacht, wenn kein anderer dabei gewesen war. Auch am Vortag war seine Laune nicht wesentlich besser gewesen. Hinzu kam, dass er sie nicht ein einziges Mal aufgefordert hatte, ihn zum Essen oder sogar nach Hause zu begleiten, obwohl sie nun schon seit fünf Tagen jeden Abend allein zu Hause saß. Werner und Norman waren am Sonntag früh in den Urlaub aufgebrochen, doch obwohl er es wusste, kam keine Einladung zu einem gemeinsamen Abend von Mark. Hatte er einfach genug von ihr? Gerade jetzt, wo sie doch über eine Trennung von Werner nachdachte? Die anderen aus der Firma waren schon nach Hause gefahren, als sie um kurz nach sechs Uhr ihre Sachen zusammenpackte. Wie üblich klopfte sie, bevor sie ihren Rechner ausschaltete, an Marks Tür und trat ein. Unfreundlich sah er sie an.
» Kann ich gehen?«, fragte sie leise.
» Von mir aus«, knurrte er. Valerie wollte gerade mit gesenktem Kopf zur Tür heraus, als sie zögerte. Sie wollte Gewissheit, und darum fragte sie:
» Hab ich etwas falsch gemacht? Oder hast du einfach genug von mir?«
» Ich genug von dir?«, fuhr er sie aufbrausend an, als hätte sich die Wut in ihm schon seit längerer Zeit angestaut. »Die Frage ist ja wohl eher, ob du genug von mir hast.«
» Aber wieso?« Sie sah ihn irritiert an. Seine Wangen waren rot angelaufen, und seine Augen funkelten böse.
» Warum? Weil nichts, absolut gar nichts von dir kommt. Du bist seit fast einer Woche allein zu Hause. Aber du kommst nicht einmal auf die Idee, vorbeizukommen. Nicht mal angerufen hast du. Einfach nichts. Und das war immer schon so. Es ist nicht einmal von dir ausgegangen. Weder hier noch unterwegs. Ich frage mich allmählich schon, ob du nur stillhältst, weil du Angst hast, sonst Ärger im Büro zu bekommen.«
» Unsinn«, antwortete Valerie empört. Als hätte sie je einen solchen Eindruck gemacht. »Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?«
» Wenn es nicht so ist, warum kommt dann nicht einmal was von dir? Wieso lässt du mich die ganze Woche vergeblich auf dich warten? Du weißt verdammt noch mal genau, dass ich morgen nach Hause fahre. Warum kommst du nicht einfach mal zu mir?«
» Weil es mir nicht zusteht«, platzte Valerie heraus.
» Was?« Jetzt sah er sie irritiert an.
» Es steht mir nicht zu, die Initiative zu ergreifen. Wenn du es möchtest, ist es okay. Aber ich kann doch nicht einfach …«
» Das meinst du jetzt nicht ernst.« Marks Stimme klang nun wesentlich weniger wütend als vielmehr ungläubig. »Mensch, Val! Mir steht es genauso wenig zu. Ich bin auch verheiratet. Und ich hab ein Verhältnis mit einer
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