Im Schatten (German Edition)
nie den Grund dafür erfahren. Nur zögerlich fuhr sie fort:
» Ja, es ist schlimm, vor allem, wenn man gar nicht darauf vorbereitet ist. Aber meine Mutter hat sich einfach so davon gemacht, verstehst du? Es war kein Unfall, keine Krankheit oder etwas in der Richtung. Es war allein ihre Entscheidung. Sie hat uns im Stich gelassen, einfach so.« Es war das erste Mal, dass Katherine einräumte, neben der Trauer auch Wut und Enttäuschung zu spüren. »Wenn es dafür einen Grund geben würde, vielleicht eine schwere Krankheit oder furchtbare Probleme, irgendetwas. Dann …«, sie zögerte erneut, denn es fiel ihr schwer dies einzugestehen, »… dann könnte ich ihr vielleicht verzeihen«, fügte sie schließlich leise hinzu. Andrea nickte verhalten und fragte schließlich:
» Wie kann ich dir denn helfen? Wonach genau suchst du denn?«
» Ich weiß es nicht. Hat meine Mutter sich irgendwie verändert in den letzten Monaten? Gab es Probleme auf der Arbeit? Was auch immer, ich weiß es einfach nicht. Alle erzählen mir, sie hätte sich äußerlich verändert, als wäre es mir nicht selbst aufgefallen. Und jeder sagt, sie sei eine tolle Kollegin gewesen und mit dem Chef hätte sie sich gut verstanden. Warum also?«
Eine Weile überlegte Andrea, als wüsste sie nicht, wo sie anfangen sollte. Doch dann setzte sie an:
»Ja, ich finde schon, dass sie sich verändert hat, wie du ja selbst sagst. Ihr Äußeres hat sie total verändert. Neue Frisur, neue Haarfarbe, sie hat abgenommen und so was alles.«
Genau das meinte K atherine auch, doch was das zu bedeuten hatte oder ob es einfach nur mit ihrem Verhältnis mit Mark zu tun gehabt hatte, wusste sie immer noch nicht genau. Bevor sie jedoch weiter darüber nachdenken konnte, erzählte Andrea weiter:
» Und auch ja, in der Firma gab es Probleme. Für Valerie war es ziemlich schwierig, dass unser Chef aufgehört hat. Die beiden waren schon seit vielen Jahren ein eingespieltes Team. Und plötzlich kommt da der Neue und wirft alles über den Haufen. Valerie hatte ziemliche Schwierigkeiten, damit zurechtzukommen, auch wenn sie sich von Anfang an mit Mark gut verstanden hat. Aber sie war in mancher Hinsicht recht konservativ eingestellt, zumindest was die Beziehung zum Chef angeht. Und plötzlich kommt da dieser junge Kerl und macht einen auf Kumpel. War schon echt schwer für sie, weil sie nicht wusste, ob er tatsächlich so ist oder nur so tut. Hat eine ziemliche Zeit gedauert, bis sie damit klargekommen ist. Na ja und dann nach einiger Zeit hat Annabelle gekündigt, und Petra kam ins Team. Die beiden konnten sich von Anfang an nicht leiden. Ich habe keine Ahnung, warum eigentlich nicht. Jedenfalls habe ich da Seiten an deiner Mutter kennen gelernt, die ich vorher nie gesehen habe. Plötzlich lässt sie den Chef raushängen und macht Petra vor versammelter Mannschaft runter. Ich weiß nicht, ob sie eifersüchtig war oder sie einfach so nicht leiden konnte oder vielleicht sogar provoziert wurde, aber das Betriebsklima hat bös unter dem Zwist zwischen den beiden gelitten.«
*
04 . Oktober 2007
Diese Frau glaubt doch nicht allen Ernstes, mich ausspielen zu können? Ich glaube es ja wohl nicht. Stellt hinter meinem Rücken absurde Behauptungen auf und lügt mir dann auch noch ganz frech ins Gesicht. Sich auf meine Kosten einschleimen wollen, so weit kommt es noch. Und dann auch noch diese ekelhafte Szene im Büro. Der müssen dringend die Flügel gestutzt werden. Oh verdammt, ich könnte dieser Pute den Hals umdrehen!
Valerie steckte noch immer die Müdigkeit in den Knochen. Bis zum späten Abend hatten sie und Mark noch die notwendigen Änderungen für den Umbau des Bürokomplexes in der Innenstadt besprochen, und sie hatte die Änderungen in den Zeichnungen umgesetzt. Ihr Auftraggeber hatte das alte Gebäude gekauft und wollte dies nun für seine Firma umgestalten lassen. Mark war in diesem Fall der Projektleiter, zudem sollten Harald und Peter sowie Valerie und Petra an dem Projekt mitarbeiten. Tagelang hatten sie an den Plänen gearbeitet, und es war nicht leicht gewesen, aus den bestehenden Räumlichkeiten einen sowohl den Vorstellungen des Auftraggebers als auch den Vorschriften entsprechenden Entwurf zu erstellen. So waren beispielsweise viel zu wenige Damentoiletten vorhanden und sie hatten lange gegrübelt, wie sie das Problem lösen konnten, bis Valerie schließlich den rettenden Einfall gehabt hatte. An diesem Morgen nun war eine Besprechung mit dem
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