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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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»Es hat Mut erfordert.«
    »Es war Schuldgefühl. Er will freigesprochen werden.«
    »Er war in Sorge«, widersprach Molly, die zu dem Schluss kam, dass Chris’ Theorie keinen Pfifferling wert war. Laute Stimme, leise Stimme – sie drang einfach nicht durch. »Er war es nicht, der sie hergebracht hat. Wenn wir von Ursache und Wirkung sprechen, welcher Arzt hätte Robin Marathons laufen lassen, wenn er gewusst hätte, dass sie einen Herzfehler hat?«
    »Als ob ein Arzt kontrollieren könnte, was sie tut? Bitte, Molly. Du warst doch die Erste, die gestern Abend die Ärzte verteidigt hat. Warum nun der Sinneswandel?«
    »Ich will nicht, dass meine Schwester stirbt!«, rief Molly aus, und Tränen traten ihr in die Augen, weil Robin völlig ohne eine Reaktion dort lag. »Als wir Kinder waren«, sagte sie mit brüchiger Stimme und konzentrierte sich auf ihre Schwester, »war ich auf ihrem Bett und kam immer näher und stellte mir vor, ich könnte sie nur durch die Kraft meiner Augen aufwecken, und sie lag vollkommen still, bis ich ganz nahe war. Dann schoss sie hoch und erschreckte mich zu Tode.« Sie atmete bebend ein und sah ihre Mutter an. »Es tut mir leid. Ich komme mir so hilflos vor. Ich will wissen, warum das passiert ist.«
    »Wut hilft nicht«, sagte Kathryn ruhig.
    Und Leugnen auch nicht, dachte Molly. »Können wir nicht das EEG machen?«, fragte sie. »Nur, damit wir es wissen?«
    Doch Kathryn war immer noch bei der Sache mit dem vergrößerten Herzen. »Robin würde mich über so etwas Wichtiges wie einen Herzfehler niemals anlügen. Sie hat alles mit mir geteilt.«
    Lass es sein, sagte Molly sich, doch die Bemerkung war einfach zu ungeheuerlich. »Hat sie dir erzählt, dass sie sich mit ihren Freunden an dem Abend, nachdem sie in Duluth gelaufen ist, betrunken hat?«
    Kathryn starrte sie an. »Robin trinkt nicht.«
    »Tut sie schon. Ich habe sie danach nach Hause gefahren.«
    »Und du hast sie trinken lassen?«, fragte Kathryn und verlagerte die Schuld. »Und warum hat sie nicht
mir
von Duluth erzählt?«
    »Weil du ihre Mutter bist und Trinken hasst.« Molly bekam Mitleid, weil Kathryn wirklich beunruhigt aussah. »Ach Mom, ich hätte ja nichts gesagt, wenn du nicht hartnäckig behauptet hättest, dass Robin nicht lügen würde. Duluth war ein Ausrutscher. Es hat nicht geschadet. Ich bin sicher, dass sie, wenn du sie direkt gefragt hättest, ob sie jemals betrunken gewesen ist, es dir erzählt hätte. Aber sie wollte dich nicht enttäuschen. Sie hat mich zum Schweigen verpflichtet.«
    »Das Versprechen hättest du halten müssen.«
    Molly ließ den Kopf hängen. Sie konnte nicht gewinnen. Entmutigt sah sie Kathryn wieder an. »Ich sage doch nur, dass Robin dir nicht alles erzählt hat. Sie war ein Mensch wie wir alle.«
    »
War
ein Mensch? Vergangenheitsform?«
    Charlie hob die Hand. Gleichzeitig ertönte von der Tür her ein leises: »Entschuldigen Sie?« Es war die Schwester. »Unten in der Halle versammeln sich Leute. Sie sagen, sie sind Freunde von Robin.«
    Kathryns Augen wurden groß. »Woher wissen sie, dass sie hier ist?«
    »Ich habe es Jenny Fiske erzählt«, sagte Molly. Ihre Mutter war schon wütend, ein bisschen mehr konnte es nicht schlimmer machen.
    Kathryn sackte in sich zusammen. »O Molly.«
    »Es ist in Ordnung«, schaltete sich Charlie ein. »Jenny ist eine Freundin. Molly hat getan, was sie für das Beste hielt.«
    »Robin würde wollen, dass Jenny es weiß«, versuchte es Molly. Sie war sich dessen wirklich sicher. »Sie war immer sehr aufrichtig zu ihren Freunden. Ich glaube, sie würde wollen, dass Jenny hier ist. Und sie würde auch ein EEG wollen. Sie hat immer gerne gewusst, wie es steht –
weiß
immer gerne, wie es steht,
weiß
immer, womit sie es zu tun hat. Ich meine, denk doch nur daran, wie sie vor jedem großen Rennen die Konkurrenz beobachtet. Sie will auf alles gefasst sein – wer wie welchen Kurs läuft, ob jemand früh abbricht, wie jemand die Hügel nimmt, wann die anderen zurückbleiben. Sie ist eine Strategin. Aber sie kann keine Strategie für dieses Rennen ausarbeiten, wenn sie nicht weiß, was los ist.«
    Als Kathryn sie weiter anstarrte, glaubte Molly, sie habe es so weit getrieben, wie sie konnte. Und Jenny war in der Halle. Das Letzte, was Molly wollte, war, diejenige zu sein, die mit ihr sprach. Außerdem sorgte sie sich, weil die Schwester von Freunden gesprochen hatte, in der Mehrzahl.
    Sie fühlte sich verantwortlich und machte sich auf, um den

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