Im Schatten meiner Schwester. Roman
Rekordzeit gelaufen? Wäre nie im Land umhergereist und hätte andere inspiriert? Hätte niemals die Olympischen Spiele ins Auge gefasst?«
Er hatte recht. Robin lebte das Leben in vollen Zügen. Doch dieses Wissen linderte Kathryns Angst nicht. »Was sollen wir tun?«
»Um ein EEG bitten.«
Panik schoss in ihr hoch. »Was, wenn darauf keine Aktivität zu sehen ist?«
»Was, wenn es nicht so ist?«
Charlie war ein Abbild ruhiger Zuversicht. Immer. Und dafür liebte sie ihn. Doch das hier ging zu schnell. »Ich kann das Risiko nicht auf mich nehmen. Noch nicht.«
»Okay«, erwiderte er sanft. »Was ist dann mit ihren Freunden? Sie kommen nicht zu dir durch. Also rufen sie bei mir an. Wir müssen ihnen die Wahrheit sagen.«
»Wir kennen die Wahrheit nicht.«
Er schalt sie mit einem traurigen Lächeln aus. »Du bittest nicht darum, sie zu verlegen, was mir sagt, dass du die Ergebnisse der MRT akzeptierst.«
Wie sollte sie es auch nicht tun, wenn die Bilder so klar waren? »Okay«, gab sie zu. »Lass uns ihnen sagen, dass es Unregelmäßigkeiten gibt. Das ist die Wahrheit. Wir müssen ihnen doch nicht alles sagen, oder? Ich kann es nicht ertragen, dass die Welt das Schlimmste annimmt.«
»Das sind Freunde, Kath. Sie wollen mit dir reden. Sie wollen helfen.«
Doch Kathryn wollte kein Mitgefühl. Sie war nicht der Typ, der redete um des Redens willen, sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie einem Freund nach dem anderen von Fortschritten berichtete, vor allem, wenn es von keinem Fortschritt zu berichten gab. Und was sollten Freunde denn tun?
Nein. Keine Anrufe. Kathryn wollte nicht, dass die Leute Dinge sagten, die zu hören sie nicht bereit war. »Ich kann noch nicht mit ihnen reden. Ich kann es einfach nicht. Mach du das für mich, Charlie, ja?«
Molly schlug im Krankenhaus zu. Robin ließ keine Besserung erkennen, sondern lag blass und still da, eine grausame Parodie des aktiven Menschen, der sie gewesen war, und Kathryn war entsetzt, als sie von einem vergrößerten Herzen hörte. »Das ist nicht wahr«, erklärte sie. »Robin hätte es mir erzählt, wenn sie ein ernsthaftes Problem hätte.«
Molly bemühte sich, leise zu sprechen. Sie hatte ihren Bruder nie für einen besonders einsichtigen Menschen gehalten, wenn es um die menschliche Natur ging, doch sie selbst war auch nicht wirklich gut darin. Was gab es für einen besseren Zeitpunkt, seine Theorie zu testen, als bei so etwas Schwierigem? »Du hättest sie vielleicht vom Laufen abhalten können. Was, wenn sie das nicht wollte?«
»Robin mag wagemutig sein, aber sie ist nicht dumm, und sie ist ganz sicher nicht selbstzerstörerisch. Warum um alles in der Welt solltest du einem Fremden eher glauben als deiner Schwester?«
»Weil ich meine Schwester nicht fragen kann«, sagte Molly immer noch leise. »Ich versuche nur, einen Sinn darin zu finden. Haben die Ärzte ein vergrößertes Herz erwähnt?«
Verwirrt blickte Kathryn zu Charlie, der sagte: »Ja. Wir haben angenommen, es sei neu.«
»Hat jemand in eurer Familie ein vergrößertes Herz?«
Charlie schüttelte den Kopf und wandte sich zu Kathryn um, die ergänzte: »Ich habe keine Ahnung. Ich habe nichts davon gehört, aber die Ärzte wussten zur Zeit meiner Eltern und Großeltern nicht so viel. Außerdem ist das etwas, was derjenige erst wissen würde, wenn er Symptome hätte.«
»Hatte Robin Symptome?«
»Molly, du nimmst an, dass es stimmt. Bitte. Und warum sollte das wichtig sein? Das ist verschüttete Milch. Robin hatte einen Herzinfarkt. Das ist eine Tatsache.«
»Für sie vielleicht, aber was ist mit Chris und mir? Sollten wir nicht wissen, ob wir gefährdet sind?« Sie merkte, wie egoistisch sie klang, und fügte hinzu: »Wenn Robin gewusst hätte, dass sie gefährdet ist, hätte sie niemals so viel laufen sollen. Sie hätte niemals allein laufen sollen.«
»Sie ist immer allein gelaufen.«
»Die meisten Läufer trainieren in Gruppen. Wenn sie einen Herzfehler hatte, hätte sie dann nicht dafür sorgen sollen, dass andere Leute in der Nähe waren, nur für den Fall?«
»Du solltest in der Nähe sein.«
Molly hätte vielleicht widersprechen können, doch ihre Mutter hatte recht. »Ja. Damit werde ich leben müssen. Immer.«
Kathryn schien verblüfft, dass sie das zugab, wenn auch nur kurz. »Außerdem war jemand anders dort.« Der Gute Samariter.
»Er hat nicht zu uns kommen müssen, Mom«, sagte Molly, die wegen des Ausbruchs ihrer Mutter immer noch zusammenzuckte.
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