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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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gesagt?“
    „Vom moralischen Standpunkt aus“, lachte Covet.
„Ich weiß nicht genau, was das bedeutet. Wissen Sie, das sind so
Allgemeinplätze, fix und fertig für den Gebrauch! Wir haben davon ‘n ganzes
Lager vorrätig... Möchten Sie noch etwas anderes von mir wissen?“
    „Nein, das reicht für den Augenblick. Tausend
Dank.“
    „Keine Ursache. Eine Hand... Sie wissen schon.
Sollten Sie etwas rauskriegen, das sich zur Veröffentlichung eignet, lassen
Sie’s mich wissen.“
    „Worüber sollte ich was rauskriegen?“
    „Über irgendeinen Fall, für den Sie sich nicht
interessieren. Sie scheinen sich verdammt gut in solchen uninteressanten Fällen
auszukennen.“
    Wir lachten uns durch die Leitung gegenseitig an
oder aus, dann legten wir auf. Hélène hängte die Hörmuschel ein, durch die sie
alles mitangehört hatte.
    „Dieser verdammte Prunier, was?“ sagte sie.
    „Ja! Da haben wir endlich eine Verbindung, auch
wenn sie noch so wacklig ist, zwischen ihm und Raphanel. Ich…“
    Das Läuten des Telefons unterbrach mich.
    „Hallo!“
    „Nestor Burma?“
    Die Stimme war die eines schüchternen Mädchens,
zart und schwach. Sie erreichte kaum mein Ohr.
    „Ja, persönlich am Apparat.“
    „Guten Tag, Monsieur. Hier ist Simone Coulon.“
    „Ach!“
    Mehr fiel mir dazu nicht ein. Ich hatte eine
dunkle Vorahnung.
    „Mein Vater hatte Sie damit beauftragt, mich
wiederzufinden, nicht wahr? Ich habe ein wenig in seinen Unterlagen herumgeschnüffelt.“
    „Sie sind ein böses Mädchen.“
    „Ich habe eine Notiz gefunden, die beweist, daß
er Sie angerufen hat.“
    „Ja, hat er. Sie waren verlorengegangen. Ich
habe Sie wiedergefunden.“
    „Ich habe auch Zeitung gelesen“, fuhr sie fort.
„Man hat sie vor mir versteckt, aber ich habe sie gelesen. Na ja, eine hab ich
gelesen. Sie lag in der Küche herum, man hatte grüne Bohnen darin eingewickelt.
Und in einem Artikel...“
    Ich fühlte mich gar nicht wohl in meiner Haut.
Am liebsten hätte ich jetzt gerne einen Gemüsehändler angeschnauzt.
    „Ich habe ihn getötet, nicht wahr?“ stieß sie
hervor, und in dem schwachen Stimmchen lag plötzlich eine entsetzliche Panik.
     
    * * *
     
    Die Kleine hatte mir versichert, sie sei alleine
in der Rue Ribera. Doch als Hélène und ich dort eintrafen, war es Vater Coulon,
der uns die Tür öffnete.
    „Großer Gott, Burma!“ rief er. „Sie hat meine
Abwesenheit ausgenutzt, um Sie anzurufen, was?“
    „Seien Sie unbesorgt“, erwiderte ich. „Das
biegen wir schon wieder hin. Am Telefon hörte Simone sich ziemlich
durcheinander an, deswegen hab ich ihr vorgeschlagen, daß wir uns miteinander
unterhalten... Ich darf Ihnen meine Sekretärin vorstellen, Mademoiselle
Chatelain.“
    „Angenehm“, murmelte der Dicke mechanisch.
    Er führte uns in den Salon.
    „Nun“, begann ich, nachdem wir uns gesetzt
hatten, „Sie wissen, was sich Ihre Tochter einbildet? Wir müssen ihr diese fixe
Idee ausreden, in ihrem eigenen Interesse... und in unserem. Bisher haben die
Flics Sie nicht aufgesucht, aber wenn Simone anfängt zu quatschen, trifft das
bestimmt auf keine tauben Ohren. Sagen Sie, was ist seit jener Nacht eigentlich
geschehen?“
    „Nichts. Was soll schon geschehen sein? Paul...
Ich meine, Dr. Clarimont hat sie am nächsten Tag zu Dr. Moneglia bringen
lassen, wie Sie ja wissen. Ein paar Tage später konnte ich mit ihr reden. Sie
erinnerte sich an nichts mehr, machte sich aber Sorgen, weil sie nicht wußte,
was mit ihr passiert war. Ich habe ihr irgendeine Geschichte erzählt, von einer
Vergiftung, einem Unfall... Mein Gott, was habe ich mir da zusammengestottert!“
    „Und damit ihre Unruhe noch verstärkt und ihr
vielleicht auch diesen Floh ins Ohr gesetzt“, ergänzte ich.
    „Kann schon sein“, brummte Coulon. „Eine Frau
hätte sich ganz bestimmt besser aus der Affäre gezogen. Aber leider bin ich
Witwer... Nun, am Samstag darauf meinten die Ärzte, Simone könnte entlassen
werden. Zu Hause hat sie dann diese verdammte Zeitung in die Finger gekriegt.
Genau die Seite, die sie nicht sehen sollte! Dabei habe ich alles verschwinden
lassen, was über den Fall geschrieben worden ist... Und jetzt... Oh, mein armes
Kind!“
    Er stand auf. Hélène blickte zur Tür. Ich sah in
dieselbe Richtung und stand ebenfalls auf.
    Im Rahmen der Verbindungstür stand Simone, in
einen Morgenmantel gehüllt. Ungeschminkt und blaß, mit Ringen unter den Augen,
sah sie dennoch recht munter aus.
    „Oh, guten Tag noch einmal,

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