Im Schatten von Montmartre
der
Marquis auf Nacktfotos geschmissen, in seinen letzten Tagen. Werd’s Ihnen erklären.
Wie gesagt, ich hab gesehen, wie er umgelegt wurde. Und da gab’s ein Detail,
von dem in den Blättern hinterher nicht die Rede war. Also, ich geh durch die
Rue Fontaine, hör ein paar Schüsse, und zehn Meter weiter geht ein Mann zu
Boden. Da wußte ich noch nicht, daß es der Marquis war. Der Tote hatte ‘ne
Tasche bei sich. Die rutscht über den Boden und geht auf. Und was meinen Sie,
was drin war?“
„Brot, Wein und Käse?“
Mitleidig hob er die Schultern... und fluchte
laut. Jede Bewegung mußte seinem malträtierten Körper wehtun.
„Sehr witzig, Burma... Nein, ein Stapel Fotos
flog raus, direkt vor meine Füße. Gepfefferte Fotos, kann ich Ihnen sagen! Und
da kreuzen auch schon die Flics auf, und ich hau ab. Am nächsten Morgen les ich
in der Zeitung, daß der Tote Marquini war. Aber daß er Dealer war, stand nicht
dabei. Auch von der Tasche war nicht die Rede. Finden Sie das nicht komisch?“
„Nicht besonders. Zeitungen werden von der
ganzen Familie gelesen. Deswegen üben die Journalisten ‘ne Art Selbstzensur
aus.“
„Ach so. Na schön... Sie interessieren sich für
die Fotos, ich kenne eine Geschichte und erzähl sie Ihnen. Mehr nicht. Scheint
so, als würde Sie das nicht sonderlich begeistern. Glauben Sie, ich wollte Sie
aufs Kreuz legen?“
„Jedenfalls versteh ich nicht, was das soll. Du
meinst also, der Marquis hat sich auf Pornos verlegt, weil der Rauschgifthandel
tot ist? Schön. Aber der Profit aus den beiden Geschäften läßt sich doch gar
nicht miteinander vergleichen! Und wegen eines sauberen Coups mit schmutzigen
Fotos soll man ihn um die Ecke gebracht haben?“
„Ich erzähl Ihnen nur, was ich gesehen hab.“
„Ja, natürlich. Aber ich glaub eher, daß der
Marquis wegen seiner Hauptbeschäftigung umgelegt worden ist. Vielleicht
existiert hier und da noch ein Lager, es entsteht Neid, und rivalisierende
Banden streiten sich um die Ware. Klar, wenn die Versorgungskanäle verstopft
sind
„Ja, wahrscheinlich haben Sie recht. Aber
trotzdem!“
Milo schüttelte nachdenklich den Kopf.
„Was wollte er mit der Fotosammlung? Bei dem
ganzen Durcheinander damals...“
„Was für ein Durcheinander?“
„Hab ich Ihnen das nicht erzählt? Leute, die man
noch nie hier gesehen hatte, weder Flics noch Ganoven, haben alles aufgekauft,
was es an Pornos gab. Hab’s von Kollegen gehört, die so was verkaufen. Alles
wollten sie haben, auch zehn Jahre alte Fotos. Sind überall rumgelaufen, sogar
bei Privatleuten. Na, und jetzt frag ich mich, ob der ganze Zauber vom Marquis
veranstaltet wurde. Was halten Sie davon?“
„Nicht viel. Abwarten. Geht der Beutezug
weiter?“
„Nein, die Leute sind wieder verschwunden. Aber
der Marquis hat nicht alleine dahintergesteckt. Nachdem er erledigt war, wurde
fleißig weitergekauft. Doch im Moment passiert nichts mehr. Werden wohl genug
Bilder haben.“
„Anzunehmen. Schön. Ich werd dir ‘ne kleine Anzahlung
auf die Informationen geben, die ich in Zukunft von dir kriegen werde... falls
du mir behilflich sein willst. Morgen bring ich dir ein Foto. Du erkundigst
dich bei deinen Freunden, woher es stammen könnte. Das ist alles, was ich
wissen will.“
„O.k., ich werd’s versuchen. Aber versprechen
kann ich Ihnen nichts.“
Ich steckte ihm ein paar Scheinchen zu, verließ
das Star und fuhr nach Hause. Als ich im Bett lag, hatte ich noch immer
den Geruch des Stundenhotels in der Nase.
* * *
Am nächsten Morgen — Samstag — rief mich gegen
zehn eine Frau vom Photo-Schnellservice an. Meine Fotos waren fertig.
Eine halbe Stunde später war ich in der Rue Richepanse, wo mir die Frau einen
dicken, fest verschlossenen Umschlag aushändigte. Zurück im Büro, überprüfte
ich den Inhalt: fünf Abzüge von erstklassiger Qualität. Ich nahm eins der
Fotos, steckte die anderen wieder in den Umschlag zurück und fuhr zum Hotel Star, auf die Gefahr hin, daß man mir wieder lauwarmen Pastis anbieten würde.
Seit dem Vorabend war keinerlei Veränderung in
dem lädierten Zustand des kleinen Ganoven und der Aufmachung seiner
Gangsterbraut festzustellen. Das Traumpaar aß gerade eine Kleinigkeit.
„Etwas Schweinefleisch?“ fragte mich meine
blonde Gastgeberin.
„Apropos Schweinerei“, sagte ich. „Seht euch das
mal an. Das ist das Foto, von dem ich gestern gesprochen habe.“
Die beiden waren hellauf begeistert.
„Gelungen“, urteilte Mado und
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