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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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einmal.
„Und ich werde wiederkommen.“
    Sie suchte meine Kleider zusammen und legte sie
aufs Bett. „Ja, du wirst wiederkommen. Aber nicht wegen mir, jedenfalls nicht
nur. Du wirst den Concierges ein paar Fragen stellen oder noch einmal in der
Wohnung unten rumschnüffeln.“
    Ich gab keine Antwort. Mit einem schwachen
Lächeln auf den Lippen zündete sie sich eine Zigarette an und sah mir beim
Ankleiden zu.
    „Übrigens, was ist eigentlich mit diesem
Raphanel los?“ fragte sie plötzlich in die Stille hinein.
    „Interessiert dich das?“
    „Über irgend etwas müssen wir schließlich reden!
Sonst sieht es noch so aus, als hätten wir uns gestritten...“
    „Tja, also, der Kerl versucht, mich an der Nase
herumzuführen. Will mir weismachen, daß er hier wohnt. Dabei ist das nur ‘ne
Briefkastenwohnung.“
    „Und das gefällt dir nicht?“
    „Nein.“
    „Und deshalb willst du dich an den armen Hausmeistern
rächen! Das hab ich in deinen Augen gelesen, als du davon gesprochen hast, daß
sie sich haben kaufen lassen.“
    „Da hast du dich aber verlesen. Ich will mich
nicht rächen. Werd nur ein paar Erklärungen von ihnen verlangen.“
    „Das sind brave Leute. Sollen sie deswegen denn
ihre Stellung verlieren? Was wirfst du ihnen vor?“
    „Sie haben bei dem Spielchen mitgespielt, indem
sie zum Schein die Wohnung in der zweiten Etage vermietet haben.“
    „Vielleicht haben sie ja gar nichts damit zu
tun. Solch eine Kungelei muß man mit dem Verwalter absprechen... Mein armer
Ness! Wie ich dich bedaure!“
    Sie lachte. Endlich hatte sie ihr Lachen
wiedergefunden. Ich freute mich für sie.
    „Wirklich kein lustiger Beruf, den du ausübst.
Immer mußt du dich oder andere etwas fragen, überall eine Schweinerei
vermuten...“
    „Der Verwalter“, unterbrach ich sie, „meinst du
damit die Immobilienfirma in der Avenue du Maine, von der du mir erzählt hast?“
    „Ja. Immobilienbüro Chambón.“
    „Das sind die Verwalter? Hast du mir nicht
gesagt, das seien die Eigentümer?“
    „Ach ja?“
    Sie lachte ihr schönstes Lachen.
    „Ist Ihnen das noch nie passiert, Herr Detektiv,
daß jemand Sie belogen hat? Vielleicht hast du’s vergessen, aber dein Verhalten
ging mir so langsam auf die Nerven. Warum sollte ich dir keine Märchen
erzählen?“
    „Und? Hast du mir Märchen erzählt?“
    „So ungefähr. Du wolltest den Namen des
Eigentümers wissen, ich habe dir den des Verwalters genannt. Läuft doch auf’s
selbe raus.“
    „Wenn man so will... Kennst du ihn denn, den
Namen des Eigentümers?“
    „Ja, aber ich warne dich: Frag mich nicht, was
das für’n Typ ist, ja? Du mit deinen Fragen... So langsam komme ich dahinter...
Ich habe ihn nie gesehen, kenne nur einen Namen: Rigaud.“
    „Wie der Chansonnier?“
    „Nein, der wird am Ende mit ,x’ geschrieben. Der
Hauseigentümer schreibt sich mit ,d’ am Ende: a, u, d. Wie der Millionär, von
dem in der Zeitung neulich die Rede war. Der zukünftige Ehemann von Rita
Cargelo, der Filmschauspielerin. Tja, vielleicht ist es ja ein und derselbe.
Warum eigentlich nicht?“
     
    * * *
     
    Ich fuhr in meine Wohnung zurück. Es war noch
gar nicht so spät. Ungefähr zwei Uhr morgens. Aber ich war so kaputt, daß ich
beinahe im Aufzug auf dem Weg in meine sechste Etage einschlief. Irgendwo — in
meinem Schlafzimmer oder in meinem müden Kopf — klingelte ein Telefon. Nein, in
meinem Schlafzimmer war es nicht. Der Apparat blieb stumm, als ich mich ihm
näherte. In meinem Kopf konnte es aber auch nicht geklingelt haben, denn da war
nur für eines Platz, für einen Namen: Rigaud!
    Rigaud!
    Ich begann mich auszukleiden.
    Rigaud!
    Der Eigentümer des Hauses Nr. 25 in der Rue de
Coulmiers hieß Rigaud. Wie der Freund von Victor Coulon, der zukünftige Ehemann
von Rita Cargelo und bedeutende Reeder, Inhaber einer Schiffahrtsgesellschaft
oder so was Ähnlichem. Ich fragte mich, ob diese Entdeckung einige Fragen
beantwortete oder ob sie neue Fragen aufwarf.
    Mit diesem Gedanken ging ich zu Bett.
    Kaum hatte ich das Licht ausgemacht, als wieder
ein Telefon läutete. Diesmal war es aber tatsächlich in meinem Schlafzimmer.
Ich knipste das Licht wieder an und nahm den Hörer ab.
    „Hallo.“
    „Nestor Burma?“ fragte eine wenig wohlklingende
Stimme.
    „Ja.“
    Ich fühlte mich eine Woche zurückversetzt, in
die Nacht von Montag auf Dienstag. Vor einer Woche hatte mich eine wenig
wohlklingende Stimme...
    „Nestor Burma, der Privatdetektiv?“ versicherte
sich

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