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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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etwas
Schreckliches erlebt.
    Aus einer der unteren Etagen rief eine Stimme:
    „Also, wo bleibst du denn, mein Schatz?“
    Das war meine Hure. Sie wurde ungeduldig. Wollte
mir unbedingt etwas bieten für mein Geld, anstatt es einfach so einzustecken.
Und dann beschimpft man sie als falsch und faul!
    Ich hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Her mit
dem patentierten Dosenöffner!
    Ich steckte meinen Pfeifenreiniger ins Schloß...
und zog ihn schnell wieder heraus. Ein Kerl kam von der Treppe direkt auf mich
zu. Er sah gutmütig aus, wie jemand, der ausgeruht nach Hause kommt, zufrieden
mit sich und der Welt. Ungezwungen steckte ich mein Werkzeug ein und entfernte
mich von der Tür, so als wollte ich in die frühmorgendliche Kühle hinausgehen,
um Champignons zu suchen. Wir gingen aufeinander zu, beide betont gutmütig. Er
lächelte mich an, ich lächelte zurück und ging vorbei. Na ja, ich versuchte es.
Flink wie eine Katze stellte er mir ein Bein, fing mich jedoch mit einem
erstklassigen Aufwärtshaken auf. Wahrscheinlich wollte er meinem Anzug eine
entwürdigende Berührung mit dem dreckigen Boden ersparen. Dann packte er mich
und lud mich wie einen nassen Sack auf seinen Rücken.
    Kurz darauf befand ich mich dort, wo ich
hinwollte: in Milos Bude, auf dem Bett sitzend, den Kopf voller Musik. Und vor
mir mein gutmütiger Aggressor sowie ein weiteres Mitglied aus derselben
Gemeinde. Beide hielten eine Kanone in der Hand.
    Aufgrund der Worte, die die Kerle miteinander
wechselten, erfuhr ich, daß der zweite (in der Reihenfolge ihres Auftretens) —
ein Mann mit grünlich-fahler Gesichtsfarbe und krummer Nase, den der andere
Marc nannte (wie mein Freund Covet!) — still in dem Zimmer gesessen hatte,
während ich an dem Schloß herumfummelte. Er hätte mir eine hübsche Überraschung
bereitet, wenn mein Einbruchsversuch von Erfolg gekrönt gewesen wäre. Mein
Ringkampfpartner dagegen hatte hinter dem Jungen an der Rezeption auf der Lauer
gelegen, unbemerkt von den eintretenden Damen und Herren. So konnte er den
Schönling in Schach halten und dafür sorgen, daß er seine Angst nicht verlor.
Der Angsthase mußte mich bei meinem letzten Besuch bei Milo wiedererkannt und
das Ergebnis seiner Beobachtungen dem Ganoven mitgeteilt haben. Als dann noch
meine Hure ihren untreuen Freier gesucht hatte, hatte der Beinchensteller
sogleich kapiert und war nach oben gerannt.
    „Wer das wohl ist?“ fragte Marc Krummnase.
    Er sprach mit leichtem Akzent.
    „Das werden wir sehen, wenn wir ihn filzen“,
erwiderte sein Kumpel.
    Anscheinend war ich nicht mehr wert als ein
Stück Holz.
    „Wird doch wohl nicht dieser Burma sein? Also,
das wär ‘n Ding!“
    Sie durchwühlten meine Taschen. Der Anblick
meines Revolvers rief bei ihnen mehrere „Oh“s und „Ah“s hervor. Auf dem Tisch
stapelten sich meine Pfeife mit dem Stierkopf, mein Tabak, meine Streichhölzer,
mein Geld und mein Schlüsselbund. Sie klappten meine Brieftasche auf und
steckten ihre Nasen in meine Papiere. Nestor Burma! Oh! Ah!
    ,,’n richtiges Versteckspiel!“ bemerkte
Krummnase.
    „Werd versuchen, die andern zu erreichen“, sagte
der andere. „Paß du inzwischen auf ihn auf. Hier, am besten, wir fesseln ihn.
Wozu haben wir Stricke?“
    Sie hatten tatsächlich Stricke. Wahrscheinlich
war schon Milo damit gefesselt worden. Sie legten mich auf die Pritsche und
machten aus mir eine Wurst: oben ein Bändchen, unten ein Bändchen...
    „Nicht nötig!“ sagte ich, als ich sah, daß sie
einen Knebel drehten. „Hab nicht vor, um Hilfe zu schreien. Hier kommt sowieso
keiner. Ihr scheint ja das ganze Hotel zu terrorisieren!“
    „Oh, machen Sie uns nicht schlimmer, als wir
sind“, protestierte mein Beinchensteller. „Aber nett von Ihnen, daß Sie so
verständnisvoll sind. Dann werden Sie doch sicher auch verstehen, daß ich mir
Ihren Wagen ausleihen muß...? Wo haben Sie ihn geparkt?“
    Ich sagte es ihm. Warum hätte ich es ihm nicht
sagen sollen?
    „Also, bis gleich.“
    Er steckte die grauen Fahrzeugpapiere und den
Schlüsselbund ein und ließ mich mit Krummnase alleine. Wir hörten ihn den
Korridor entlanggehen.
    „Und was machen wir jetzt?“ fragte ich.
    „Warten“, antwortete Krummnase.
    „Und ein wenig plaudern, ja?“
    „Wüßte nicht, worüber.“
    „Och, zum Beispiel über Marquini alias Marquis“,
schlug ich vor. „Du weißt doch, der Drogenboß, der sich mit Pornofotos
erwischen und umbringen läßt.“
    „Ach ja? Marquini... Mach dir um den

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