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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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drüber.“
    Ein Lächeln huschte über das Gesicht des
Reeders.
    „Ich glaube, mein Verhalten deutet nicht grade
darauf hin, daß ich Ihnen vertraut habe“, stellte er fest.
    „Wie gesagt: Schwamm drüber.“
    Mein Glas war leer. Ich bediente mich. Dann nahm
ich den Faden wieder auf:
    „Nachdem Sie sich also entschlossen haben, einen
Detektiv zu engagieren, lassen Sie Visitenkarten mit dem Namen Raphanel
drucken, benutzen Ihr Haus in der Rue de Coulmiers als Briefkastenadresse,
lassen sich einen Bürstenhaarschnitt verpassen und setzen sich eine Brille mit
Fensterglas auf. So getarnt, kommen Sie zu mir und zeigen mir ein ebenfalls
getarntes Foto, besser gesagt: eine Fotomontage. Eine verständliche Täuschung,
denn Sie konnten mir Ihre Verlobte ja nicht in einer weithin unbekannten Rolle
präsentieren! Deswegen hatten Sie — sehr geschickt, muß ich gestehen — den Kopf
von Mademoiselle Cargelo durch den einer anderen Frau ersetzt und ein Foto vom
Foto gemacht. Sie müssen sich ganz gut in der Fotokunst auskennen!“
    Louis Rigaud stieß ein freudloses Lachen aus.
    „Sie lassen wirklich nur ungern etwas im
dunkeln, nicht wahr?“
    „Höchst ungern, ja“, bestätigte ich und sah
meinem Gegenüber direkt in die Augen. „Deswegen möchte ich jetzt auch wissen,
aus welchem Grunde Sie einen Privatflic beauftragt haben, der dem Foto auf den
Grund gehen sollte... Wohlgemerkt: auf den Grund! Der Absender des Briefes,
PHILIPPE, interessierte Sie nicht so sehr. Und das erst drei Wochen, nachdem Sie
das Foto erhalten hatten! Erklärt sich das vielleicht aus dem Umstand, daß in
der Nacht zu dem Montag, an dem Sie zu mir kamen, ein Kameramann namens
Prunier, der für dieselbe Filmgesellschaft wie Mademoiselle Cargelo arbeitete,
unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war und daß Sie zu Recht oder zu
Unrecht annah-men, daß jener Prunier das Foto geschossen hatte...?“
    Ich mußte Luft holen. Dann holte ich zum
entscheidenden Schlag aus:
    „Könnte es sein, daß Ihre Verlobte irgend etwas
mit dem plötzlichen Hinscheiden des Kameramanns zu tun hat?“
     
    * * *
     
    Er zuckte unwillkürlich mit der Schulter, so als
spüre er eine Last auf seinem Rücken, und sein gebräuntes Gesicht wurde blaß.
    „Oh, beruhigen Sie sich!“ beruhigte ich ihn.
„Ich stelle diese Frage nur aus persönlichem Wissensdurst. Sollte Mademoiselle
Cargelo Prunier umgebracht haben, werde ich kein Drama daraus machen. Prunier
hatte das Foto geschossen. Möglicherweise erpreßte er Ihre Verlobte, und sie
hat sich von ihm befreit. Man kann es als Notwehr bezeichnen, jedenfalls meiner
Meinung nach. Nun, Monsieur Rigaud?“
    Er wischte sich mit seinem Taschentuch den
Schweiß von der Stirn. Mit Trauermiene stammelte er:
    „Hören Sie... Stimmt es, was Sie soeben gesagt
haben? Ich meine, daß Sie kein Drama daraus machen werden?“
    „Es stimmt ganz bestimmt.“
    „Heißt das, Sie werden nicht die Polizei
benachrichtigen?“
    „Warum sollte ich? Das ist nicht mein Bier.“
    „Na schön! Also... Ich habe genau diese
Überlegungen angestellt, falls man von Überlegung sprechen kann... Schon bevor
ich das Foto erhalten hatte, war mir aufgefallen, daß Rita ohne
offensichtlichen Grund nervöser als gewöhnlich schien. Und dann erhalte ich das
Foto, und dieser Kameramann wird ermordet... Rita und er kannten sich, sie
hatten zusammen gearbeitet... Kurz und gut, die Details setzten sich zu einem
Puzzle zusammen... Ich wollte Klarheit haben. Sicher, ich hätte ganz einfach
meine Verlobte fragen können: ,Hat Prunier das Foto gemacht? Hat er dich
erpreßt? Hast du diesen Mann getötet?“ Aber wie hätte Rita darauf reagiert?
Schließlich wollte ich sie nicht verlieren, verstehen Sie? Ich will sie
nicht verlieren, was immer auch geschehen ist... was immer sie getan hat...
Aber ich wollte es wissen, wollte Gewißheit haben... Also wandte ich mich an
Sie. Eine geniale Idee!“
    Er lachte bitter.
    „Na ja, so schlecht war sie nun auch wieder
nicht, Ihre Idee“, versicherte ich ihm. „Wenn Sie mich nicht eingeschaltet
hätten, wäre ich unseren Freunden, den Gangstern, nicht auf die Schliche
gekommen.“
    „Wenn Sie es so sehen...“ sagte er
achselzuckend. „Wie dem auch sei, ich wollte wissen, ob Prunier das Foto
gemacht hatte. Wenn er der Fotograf war, hatte Rita ihn ermordet. Dann hätte
ich Vorkehrungen treffen müssen. Ich glaube in der Tat, daß ich jetzt gewisse
Maßnahmen ergreifen muß. Da Sie behaupten, daß Prunier das Foto

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