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Im Schatten von Notre Dame

Titel: Im Schatten von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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ein geheimes Unternehmen. Bekannt wurde Lullus mit seiner Denkmaschine, einem Instrument zur Verknüpfung von Gedankengängen, mit dem auch wir arbeiten. Was den Dragowiten noch fehlte, war der Smaragd. Sie hofften, im Morgenland einen weiteren Splitter aus Luzifers Krone zu finden oder zumindest einen Hinweis, wie die Weltmaschine ohne den Sonnenstein in Gang zu setzen sei. Um das Jahr 1300 gab Lullus sich als Missionar aus und errichtete mehrere Missionshäuser, auch in Paris, vordergründig zur Bekehrung der Morgenländer, in Wahrheit aber, um ihr Wissen auszubeuten. Doch, dem Herrn sei Dank, es brachte die Dragowiten nicht weiter. Lullus reiste schließlich selbst ins Morgenland und trieb es dort zu weit: Um das Jahr 1315 wurde er von Einhei-mischen gesteinigt.«
    »Und Amiel-Aicart, was geschah mit ihm?«
    »Er fand in Paris die im Untergrund lebenden Wahrhaft Reinen und übergab den Sonnenstein dem Bischof. Später wurde der Smaragd an Euren Kollegen Nicholas Flamel übergeben.«
    »Mein Kollege?«
    »Er war ein bekannter Kopist, bevor er dank seiner großen Klugheit zu Reichtum kam. Reichtum, den er nicht für sich verwandte, sondern für die Sache der Wahrhaft Reinen. Er ersann einen genialen Plan, um den Sonnenstein zu verbergen. Unter dem Banner der Wohltätigkeit stiftete er Geld für mehrere Pariser Kirchen und leitete die jeweiligen Bauarbeiten selbst. Doch in Wahrheit versteckte er unser geheimes Wissen in den Gotteshäusern, was nötig erschien, da die Dragowiten sehr mächtig geworden waren.« Der Geistermönch schnitt eine Grimasse. »Leider ging mit seinem Tod vor mehr als sechzig Jahren das Wissen darum, wo der Sonnenstein verborgen ist, verloren. Nach allem, was wir herausgefunden haben, steckt er irgendwo in der Kathedrale von Notre-Dame. Manche vermuten die Lösung des Geheimnisses in den Verzierungen der Portale.«
    »Deshalb also das Portal in meinen Träumen«, seufzte ich und rät-selte gleichzeitig, woher mein träumender Geist das Geheimnis kannte. »Darum auch hält sich Dom Frollo in Notre-Dame auf, und deswegen habt Ihr mich dorthin geschickt.«
    »Weiß macht seinen Zug, Schwarz macht den nächsten, Weiß schlägt Schwarz, Schwarz schlägt Weiß – so geht das Spiel. Und manchmal werden wichtige Figuren aus dem Feld geschlagen – wie Philippot Avrillot. Er war nahe daran, sich in die Reihen des Feindes zu schmuggeln. Das Geld der Zölestiner, das er als großzügige Spenden den Dragowiten anbot, war sein Lockmittel. Aber sie müssen ihn durchschaut haben. Dieser Gilles Godin trieb sich am Dreikönigsmorgen am Hôtel-Dieu herum, als ich mich mit Bruder Avrillot traf.«
    »Und jetzt haben sie auch mich durchschaut«, sagte ich mißmutig.
    »Vielleicht haben sie mich gestern Abend doch erkannt!«
    »Das glaube ich nicht. Frollo hätte Euch nicht gehen lassen. Mag sein, er vermutet etwas, aber er weiß nichts über Eure Mission.«
    »Er hat mich nicht gehen lassen, er hat mich mehr oder minder los-geschickt.«
    »Um Euch nachzuspionieren, wie der Überfall auf den Pfandleiher zeigt. Zum Glück konnten Leonardo und seine Gefährten alle Männer töten, die an dem Überfall beteiligt waren. Niemand kann Euch verraten, und Ihr könnt Eure Rolle weiterspielen.«
    Entsetzt und wütend sprang ich auf und stieß mit dem Kopf gegen den Baldachin des Bettes. So fest, daß der Schmerz mich zurück auf die strohgefüllte Matratze sinken ließ. Also verschaffte ich meiner Em-pörung im Sitzen Luft: »Ihr glaubt doch nicht, daß ich in die Kathedrale zurückkehre!«
    »Ihr müßt es tun, Armand! Seid versichert, ich werde Euch beschützen, so gut es nur geht.«
    »Vor dem Schnitter, den Ihr nicht kennt? Vor dem Großmeister, der Euch ein Rätsel ist? Und vor dem geheimnisvollen Bogenschützen?«
    »Der scheint zumindest nicht zu unseren Gegnern zu gehören.«
    »Aber auch nicht zu Euren Verbündeten, sonst müsstet Ihr ihn wohl kennen.«
    Der Geistermönch überlegte laut: »Vielleicht gehört er zu den Ägyptern, was bedeuten würde, daß sie schon sehr weit sind.«
    »Sprecht Ihr von den Zigeunern? Suchen die etwa auch diesen verwünschten Sonnenstein?« fragte ich und wußte bereits, daß der Geistermönch das bejahen würde. Warum sonst hätte der maskierte Großmeister der Templer Dom Frol o anhalten sol en, gegen die Zigeuner vorzugehen?
    »Und ob die Ägypter den Smaragd suchen!« stieß der Mann mit dem Totengesicht hervor. »Die Templer raubten ihn aus dem Morgenland, aus einem als heilig

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