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Im Schatten von Notre Dame

Titel: Im Schatten von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Feuer«, entschied Gaspard. »Meister Schnüffelnase scheint ein wenig wehleidig zu sein. Beim Feuer wird mancher rasch ohnmächtig, und dann kann er nicht mehr reden. Man müßte ihn so verstümmeln, daß er es sieht und dennoch bei Bewußtsein bleibt.« Er sah sich um und nickte. »Ah ja, die Presse, wunderbar!«
    Jetzt sah auch ich es und erschrak doppelt, über Gaspards Worte und beim Anblick der Maschine, die auf schweren hölzernen Beinen mitten im Raum stand. Es war Gutenbergs Teufelswerk – eine Druckerpresse! Nun fiel mir auch ein, wo ich Gaspards Namen gehört hatte: auf dem Schweinemarkt.
    »Ihr seid Maître Gaspard Glaire, der Buchdrucker!« stieß ich hervor.
    »Du weißt also doch so manches. Schön, gleich wirst du noch viel mehr erzählen. Los, seinen Arm!«
    Gaspard Glaire rieb seine schwarzschmierigen Hände und sah zu, wie seine Gesellen mich zur Druckerpresse schleppten. Dabei kamen wir an einem kleineren Apparat vorbei, der ähnlich aussah, aber nicht dem Drucken von Papier diente, sondern dem Prägen von Münzen.
    Allmählich erschlossen sich mir die Zusammenhänge, doch es schien zu spät. Die beiden Kerle hielten mich fest, und der Mann, der zuvor an der Münzwaage gesessen hatte, drückte meinen rechten Arm unter das hölzerne Rechteck des Drucktiegels. Sie schienen so etwas nicht zum ersten Mal zu tun, und vor meinem geistigen Auge tauchte der einarmige Nicolas auf. Hatte er seinen Arm wirklich durch einen Unfall verloren?
    Maître Gaspard legte seine Hände auf den langen Bleihebel, der durch eine Holzspindel mit dem Drucktiegel verbunden war, und sah mich auffordernd an. »Also, Freund Poncet oder wie auch immer du heißen magst. Jetzt ist es Zeit für die Wahrheit, wenn du nicht dein restliches Leben als Krüppel verbringen willst!«
    »Wenn ich schweige, macht Ihr mich zum Krüppel, wenn ich rede, zur Leiche. Eine schöne Wahl lasst Ihr mir da!«

    »Warum sollte ich dich töten?«
    »Weil ich Euren Namen kenne und weiß, daß Ihr nicht nur Schriften druckt.«
    Maître Gaspard stieß einen tiefen Seufzer aus. »Du denkst zuviel, Schnüffelnase. Vielleicht bin ich gnädig und lasse dich ziehen, wenn du versprichst, Paris den Rücken zu kehren. Also, was ist, redest du jetzt?«
    »Nein!«
    Meine Stimme klang wohl so wenig fest, wie mein Entschluß es war.
    Und doch war es die einzige Möglichkeit zu überleben. Ich hatte seit meiner Ankunft in Paris zu viele gewaltsam zu Tode Gekommene gesehen, um an die Gnade des Druckermeisters zu glauben.
    Er zog den Hebel zur Seite. Die Spindel drehte sich und drückte den Tiegel tiefer, der schweren Holzplatte entgegen, auf der mein Arm lag.
    Die beiden Fälscher am Herd sahen mit großen Augen herüber. Ich blickte auf meinen zitternden Arm, den ich vergebens wegzuziehen versuchte, und auf den Tiegel, der näher und näher kam, bis er meine Haut berührte. Schon wurde der Druck stärker, und der Gehilfe des Druckermeisters konnte meinen eingeklemmten Arm loslassen.
    Gaspard Glaires Hand entfernte sich von dem Hebel. »Die letzte Gelegenheit, deinen Arm zu retten!«
    Diese gottverdammte Druckerpresse! Ich hatte immer geahnt, daß sie eines Tages mein Tod sein würde. Einmal mehr verfluchte ich Johannes Gutenberg und leistete im selben Augenblick Abbitte. Vielleicht hatte ich ihn zu oft beschimpft, und dies war seine grausige Rache. Nicht genug, daß seine Maschine mich um Lohn und Brot brachte, jetzt gierte sie auch noch nach meinem Leib, vielleicht nach meinem Leben.
    Lag es an meiner Angst oder an der Nachwirkung des schlechten Weins, daß sich alles vor meinen Augen verzerrte? Die Gesichter der Männer verwandelten sich in Dämonenfratzen wie aus der steinernen Armee von Notre-Dame. Die Presse wurde zu einem gefräßigen Ungeheuer, das meinen Arm als Vorspeise zwischen seinen Zähnen hielt und mich bald gänzlich verschlucken würde. Der Druck auf den Arm verstärkte sich, wurde schmerzhaft, und der Anführer der Dämonen –
    hieß er Gaspard Glaire oder Gutenberg? – redete auf mich ein.
    »Fahr zur Hölle, Gutenberg!« kreischte ich in die Dämonenfratze und zog in meiner Erregung nicht in Betracht, daß der wahre Gutenberg schon seit Jahren entweder an dem genannten Ort oder an dem entgegengesetzten weilte.
    Ich wartete auf den letzten Schmerz, auf die unausweichliche Zerstückelung meiner selbst. Nie wieder würde ich zur Feder greifen können!
    Doch anstatt den bleiernen Hebel auch das letzte Stück an sich her-anzuziehen, taumelte Maître

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