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Im Schatten von Notre Dame

Titel: Im Schatten von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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dunkeläugige Schönheit entflammt? Maître Gringoire, wenn Ihr Euch als Kuppler erprobt, werde ich Eure Dienste gewiß noch in Anspruch nehmen.«
    Immer noch kichernd, kehrte der junge Frol o zum Spieltisch zurück, während Gringoire mich zum Wagen des Zigeunerherzogs führte. Milosch und Yaron wachten vor der kleinen Treppe und ließen nur mich durch. Gringoire mischte sich unter das bunte Volk. Die nächste Überraschung erwartete mich im Innern des Wagens, wo neben Mathias Hungadi Spicali mein Vater und Leonardo bei Wein, Brot und Käse an dem schmalen Tisch saßen. Seit ich in Dom Frol os Dienste zurückgekehrt war, hatte ich Vil on und den Italiener nicht mehr gesehen. Wir waren übereingekommen, nur in dringenden Fäl en miteinander in Verbindung zu treten, damit ich Frol o nicht noch verdächtiger wurde.
    Mathias sah gar nicht so besorgt aus, wie Gringoires Worte hatten vermuten lassen. Mit einem freundlichen Lächeln schenkte er mir Wein ein und sagte: »Stoßt mit uns auf die erfreuliche Entwicklung der Dinge an, Freund Armand!«
    »Ihr meint die Errettung Eurer Tochter vor dem Galgen«, sagte ich und griff nach dem kostbaren Glasbecher.
    »Das und den Umstand, daß sie bei Euch in Notre-Dame ist.«
    »Was nützt es ihr?« erwiderte ich. »Sie kann die Kathedrale nicht verlassen, ohne daß der raue Hanf sie küsst.«
    »Vorerst soll sie Notre-Dame auch nicht verlassen«, sagte der Herzog ruhig. »Nie war sie dem Sonnenstein näher. Vielleicht gelingt ihr, was Euch versagt blieb.«
    Ein wenig mißmutig, weil ich die Worte als ungerechtfertigten Vorwurf empfand, brummte ich: »Sie kann nicht mehr tun als ich, und ich habe nahezu jeden Winkel in der Kathedrale nach dem Ouroboros abgesucht.«
    »Vielleicht haben wir uns getäuscht«, sagte Villon. »Mag sein, wir haben Bruder Avrillots letzte Botschaft falsch gedeutet und das Schlan-genzeichen führt uns gar nicht zum Ziel.«
    Ich musterte ihn fragend. »Sondern?«
    »Seid nicht ungehalten, Armand, aber la Esmeralda kann da, wo Ihr versagt habt, etwas ausrichten.«

    Mathias nickte. »In ihr fließt die Kraft, die sie von ihrer Mutter er-erbte.«
    »Was für eine Kraft?« fragte ich gequält, weil ich nicht recht verstand, was sie mir sagen wollten.
    »Die heilige Kraft!« stieß Mathias hervor, und seine Augen blitzten auf. »Die Kraft, die auch im Sonnenstein wohnt. La Esmeralda kann die Kraft des Steins spüren, wie andere den Wind spüren, das Licht sehen, Stimmen hören. Sonst wäre sie nicht la Esmeralda.«
    Leonardo fing meinen verwirrten Blick auf und erklärte: »La Esmeralda ist kein Name, es ist ein Titel – sie ist die Smaragdene. So wie Dom Frollo Archidiakon und unser Freund Mathias der Herzog von Ägypten und Böhmen ist.« Bei den letzten Worten lachte der Italiener glucksend, wußte er doch, daß der Titel des Herzogs mit reichlich Phantasie zusammengezimmert war.
    »Ihr müßt la Esmeralda beistehen, Armand«, sagte Villon. »Ihr müßt sie vor Frollo beschützen und ihr helfen, Notre-Dame nach dem Sonnenstein zu durchkämmen.«
    »Das erste tut bereits Quasimodo, weshalb mir das zweite schwerfal-len dürfte«, sagte ich und berichtete, daß der Glöckner über die Zigeunerin wachte wie eine Glucke über ihre Brut.
    »Ihr müßt Quasimodo davon überzeugen, daß Ihr ein Freund der Esmeralda seid«, drängte Leonardo.
    »Erklärt das mal einem Tauben, dessen ohnehin beschränkte Sinne von den Liebreizen des Mädchens vollends verwirrt sind«, raunzte ich.
    »Ihr müßt es versuchen!« sagte Mathias mit Nachdruck.
    »Das werde ich«, seufzte ich ergeben und setzte hinzu: »Solange Frollo mich in Notre-Dame duldet. Eben habe ich seinen Bruder im Bettlerlager gesehen.«
    Villon nickte. »Haltet Ihr Jehan für einen Spion, Armand?«
    »Ich halte ihn für einen Menschen, der für eine Goldkrone zu jeder lästerlichen Tat bereit ist. Bislang hatte ich zwar nicht den Eindruck, daß Dom Frollo seinem missratenen Bruder gegenüber besonders frei-gebig ist, aber nachdem ich Jehan bei Maître Gaspard getroffen oder besser gehört habe, ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu vermuten, daß alles nur eine Maskerade ist.«
    Leonardo wiegte nachdenklich den Kopf. »Der Bruder des Dragowiten kann auch ein Dragowit sein, aber es muß nicht so sein. Vielleicht haben sie sich wirklich zerstritten, und Jehan ist mehr aufs leichte Leben versessen als auf den Sonnenstein.«
    »Falls es so ist, könnte er uns noch nützlich werden«, meinte Villon.
    »Er ist gestern

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