Im Schattenreich des Dr. Mubase
wie?“
„Wenn ihr Dräger in die Mangel nehmt — und
zwar so, daß er Zähne spuckt — , dann verrät er bestimmt, wer sein Freund ist. Von
dem holen wir uns die Fotos und den Schrieb über mich. Auch er, der Freund,
kriegt eine Tracht, und damit kehrt Ruhe ein. Dräger und Co. werden es sich
sehr überlegen, ob sie mir noch mal an die Karre fahren.“
„Also gut“, nickte Gregor. „Paul und
ich übernehmen das. Aus Freundschaft. Und sonst?“
„Sonst läuft alles bestens. Luis und
Carlos tanzen morgen an. Die sind pünktlich wie die Maurer. Dann melde ich mich
sofort. Also, ich verlaß mich auf euch.“
Ein Händedruck besiegelte das.
Charlie stieg in seinen Porsche. Gregor
kam aufs Klinikgelände, schloß das Tor und dann den Schaltkasten ab.
Tim, Karl und Klößchen hielten still,
bis der Pfleger in einem der Gebäude verschwand.
„Was man als Lauscher auf der Mauer so
hört“, sagte Karl, „da bleibt einem die Spucke weg. Eike Dräger! Wer hätte das
von ihm geglaubt! Und der andere kann nur Sascha Fink sein.“
„Sensationell!“ schnaubte Klößchen. „Eine
Schurkerei jagt die andere. Was wir hier erfahren, ist zehn Stiefelhosen wert.
Aber den Eike muß ich verteidigen. So übel ist er nicht, Sascha auch nicht.
Wenn Eike so auf den Putz klopft, ist sein mieses Zuhause schuld. Ständig hat
er Ärger mit seinem Stiefvater. Und die Mutter trinkt. Alkohol, meine ich.
Wahrscheinlich hilft ihr das, ihren Mann zu ertragen.“
Tim sah auf die Uhr. Die zweite
Morgenstunde begann.
Er sprang von der Mauer. Karl und
Klößchen ließen sich herab. Erst hier, im Schein der Lichtpeitsche, konnte man
den Schaden an der vom Dobermann zerfetzten Hose genau feststellen. Sie war nur
noch als Putzlappen zu verwenden. Die gesamte Rückseite von Klößchens grün-weiß-gestreifter
Unterhose war sichtbar.
„Ein Glück, daß es dunkel ist“, lachte
Tim. „Sonst würdest du öffentliches Ärgernis erregen. Also, wir joggen zu den
Tretmühlen. Dann mit Karacho in die Stadt. Zu Eike. Wir werden ernsthaft mit
ihm reden. Gebongt?“
„Von mir aus gern“, meinte Karl. „Sonst
liefe Eike ja fürchterlich ins Messer. Außerdem liegt seine Adresse auf meinem
Heimweg. Aber meinst du nicht, daß die Platzkes sich wundern, wenn wir um zwei
Uhr früh auf der Matte stehen?“
„Die Eltern umgehen wir“, erwiderte
Tim. „Eikes Bude liegt rückseitig. Wir werfen Steine an sein Fenster.“
„Und ich mit meinem Blanken?“ fragte
Klößchen. „Soll ich so durch die Stadt radeln? Was sage ich, wenn mich eine
Polizeistreife sieht — oder Damen meiner Rückseite ansichtig werden?“
„Also gut, du fährst zur Penne zurück
und haust dich in die Poofe. Aber laß die Strickleiter hängen.“
„Glaubst du, ich sperre dich aus?“
„Denk mal an Anfang Juni. Da warst du
müde und in Gedanken. Ich kam um ein Uhr nachts — eine halb Stunde nach dir — zurück.
Du hast gepennt wie ein Murmeltier, und die Strickleiter lag unter deinem Bett.“
„Ich hatte wirklich vergessen, daß du
noch draußen warst. Kann ja vorkommen, wenn man von dir stundenlang rumgehetzt
wird. Ich habe fast im Stehen gepennt.“
„Möchte wissen“, murmelte Tim, während
sie flott lossockten, „wen dieser Charlie mit Luis und Carlos gemeint hat.
Klingt spanisch. Jedenfalls ist Charlie offensichtlich ein Profi-Ganove. Gregor
und Paul sind Ober-Verbrecher. Wir werden ein Rattennest ausräuchern. So, und
jetzt im Dauerlauf, sonst wird die Nacht zu kurz!“
20. Nächtlicher Besuch
Tim und Karl radelten durch leere
Straßen. Klößchen wäre nicht aufgefallen mit seiner Hose. Vor geraumer Zeit
hatte eine Kirche, an der sie vorbeikamen, mit ihren Glockenschlägen den Beginn
der dritten Morgenstunde angekündigt.
Wer uns so sieht, dachte Tim, muß an
unserer Kinderstube zweifeln. Aber zum Glück sieht uns keiner. Jedenfalls
niemand, auf den es ankäme.
Er wußte, wo Eike Dräger wohnte.
Zweimal war Tim schon dort gewesen — wegen schulischer Belange. Eike gehörte
zur SMV, der Schülermitverwaltung. Er war der externe Vertreter.
Laternen leuchteten die Straße aus. In
der Platzke-Villa war alles dunkel.
„Ich hoffe“, murmelte Tim, „daß Eike
schlecht schläft. Wenigstens sein Gewissen sollte ihm zusetzen.“
„Vielleicht will er diesen Charlie auf
seine Weise bestrafen.“
„Eine Erpressung ist keine Bestrafung,
sondern fällt auf den Erpresser zurück. Als Schande.“
Sie ließen ihre Drahtesel an der Hecke
und liefen auf
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