Im Schloss aus Glut und Leidenschaft
Aber als sie die staubigen Hände an ihrem Rock abgewischt hatte, erregte das Möbelstück, das unter der dreckigen Kleidung begraben war, ihre Aufmerksamkeit.
Es war eine Art Reisetruhe.
Ihr fiel sofort auf, dass die Truhe nicht zum Rest des Bauernhauses passte. Sie war aus rötlichem Teakholz und aus Leder gemacht, und sie sah aus, als hätte sie einen Krieg überstanden.
Diese Truhe schien das einzige Möbelstück in dem Raum zu sein, das wirklich ihm gehörte und nicht Teil des gemieteten Anwesens war. Ihr Herz klopfte schneller, als sie auf Zehenspitzen zurückschlich. Sie biss sich auf die Lippe und fühlte sich sehr versucht, nachzusehen, was sich darin befand. Was konnte es schon schaden, einen kleinen Blick hineinzuwerfen?
Sie blickte hinüber zum Ankleidezimmer und bemerkte, dass er noch immer wie im Schlaf in dem Zuber saß. Dies war die beste Gelegenheit. Wenn Gabriel wirklich ein großer Krieger war, wenn jede Kerbe auf dem Säbel den Tod eines Menschen bedeutete, wäre dann jemand wie er nicht ein interessantes Ziel für ihre Nachforschungen?
Vielleicht konnte sie ihn engagieren. Hier auf dem Bauernhof schien er nichts Besseres zu tun zu haben. Da er nicht viel über sich selbst sprach, war sie entschlossen, hinter seine Geheimnisse zu kommen - und die Schlüssel dazu lagen, wie sie vermutete, in dieser Truhe. Natürlich war das ungehöriges Spionieren, doch sie entschied, das zu wagen. Zumindest würde ihr das mehr über den Mann verraten, in den sie ihr Vertrauen gesetzt hatte, als sie den Entschluss fasste, sich hier zu verstecken.
Sophia wischte sich erneut die Hände am Rock ab und bückte sich, um genauer nachsehen zu können. Leise öffnete sie den Deckel, und sofort bestätigte sich ihre Mutmaßung, dass er tatsächlich ein Kavallerieoffizier war.
Sein Uniformrock lag ordentlich zusammengefaltet zuoberst auf seinen Sachen, eine schmucke dunkelblaue Jacke von einem der Husarenregimenter. Schimmernde Messingknöpfe, goldene Epauletten. Ein Paar weiße Handschuhe, weiche Reithandschuhe, steckten unter den schwarzen Aufschlägen.
Bei jedem Fund hob sich ihre Stimmung und bestätigte sie in ihrer Entscheidung, hier unterzutauchen, bis ihre Männer sie holten. Sie fühlte sich schon viel sicherer!
Rasch wühlte sie tiefer, schob seine Uniform ein Stück zur Seite. Darunter lagen noch mehr Waffen: Ein Säbel der Kavallerie mit einer dicken, geraden Klinge, eine Waffe, von der ihre Leibwächter sagten, man bräuchte die Kraft eines Löwen, um sie richtig einzusetzen. Dolche und Pistolen, ein Karabiner, ein zerlegtes Gewehr mit einem Bajonett. Auch fremdartige Waffen, wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ein runder Gegenstand mit Klingen überall und seltsamen Schriftzeichen darauf.
Als Nächstes kam eine bunte Regimentsflagge zum Vorschein. Und ganz unten am Boden der Truhe, als wäre es etwas, dessen man sich schämen musste, fand sie Medaillen für Mut und Tapferkeit.
Gabriel öffnete die Augen, als er spürte, dass sich jemand in der Nähe befand. Mit seinen in der Schlacht erprobten Instinkten lauschte er, dann entspannte er sich wieder. Nein. Keine Gefahr. Keineswegs hatte er geschlafen, nur versucht, eine meditative Entspannung zu erreichen.
Wenn die Nacht hereinbrach, war es schwieriger für ihn, sich zu konzentrieren, vor allem jetzt. Den ganzen Tag über hatte er an das Mädchen denken müssen, das er in der Scheune gefunden hatte, an ihre Schönheit, die das Verlangen in ihm geweckt hatte. In dem Bemühen, die Triebe seines Körpers zu beherrschen, hatte er zu hart gearbeitet und sich etwas überanstrengt, dort, wo die Muskeln seines Körpers gerade erst wieder nach Monaten sorgfältiger Pflege zusammengewachsen waren. Solange er lebte, so kurz das vielleicht auch sein mochte, nie würde er den
Moment vergessen, in dem er an sich hinuntergeblickt und festgestellt hatte, dass ein Pfeil ihn durchbohrt hatte.
Er sollte tot sein.
Aber er war es nicht. Nein, er war es nicht...
Und seit seinem kurzen Besuch in jener Welt jenseits des Grabes hatte er bei keiner Frau mehr gelegen.
Genau deshalb hatte Derek Sophia zu ihm gesandt. Bei dem Gedanken an sie schmerzte sein Körper. Die reizende Sophia.
Die verführerische Sophia.
Die sündhafte, betrügerische Sophia - denn in diesem Augenblick sah er ihr Bild in dem Spiegel über dem Kamin.
Da er niemals achtlos war, hatte er den Badezuber so gestellt, dass er sich zwar
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