Im Schloss des spanischen Grafen
standhalten. „Es geht einfach nicht … wir können nicht wieder zusammenleben.“ Aufgewühlt marschierte sie mit vor der Brust verschränkten Armen durchs Zimmer.
„In meiner Familie hat es noch nie eine Scheidung gegeben.“
„Wir leben schließlich nicht mehr im Mittelalter. Man muss nicht mehr sein ganzes Leben für einen Fehler büßen.“
„Aber du hältst es für richtig, dass unser Sohn büßt, weil er aus einer zerbrochenen Familie stammt?“
Frustriert stöhnte sie auf. Die Vorstellung, all das, was sie in der kurzen Ehe mit Alejandro durchgemacht hatte, erneut zu erleben, entsetzte sie. „Wir können nicht alles nur wegen Alfie perfekt machen.“
„Nein, aber uns obliegt die Verantwortung, unser Bestes für ihn zu geben, auch wenn das persönliche Opfer für uns bedeutet“, hielt er scharf dagegen.
„Du klingst immer so selbstgerecht. Ich will auch nur das Beste für Alfie.“
„Und doch siehst du kein Problem darin, ihn vaterlos aufwachsen zu lassen“, warf er ihr vor. „Wenn du wirklich das Beste für unseren Sohn willst, dann kommst du zurück nach Spanien.“
Es war Erpressung, emotionell und moralisch, ganz gleich, wie man es drehte und wendete. Alejandro wusste genau, wo der wunde Punkt lag, er wusste, wie er ein schlechtes Gewissen in ihr wachrufen konnte. Er ist zu clever für mich, dachte sie bedrückt. Vor zwei Jahren war ihr Bestes nicht gut genug für ihn gewesen, wie vernichtend würde sein Urteil dann jetzt erst ausfallen?
Mal ehrlich, hast du ihm vor zwei Jahren wirklich dein Bestes gegeben? meldete sich eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Heute war sie älter, reifer und vor allem selbstsicherer. Konnte es ihr schaden, wenn sie ihrer Ehe eine zweite Chance gab? Sicher, wenn es nicht funktionierte, würde sie den Trennungsschmerz noch einmal durchmachen müssen, aber dann hatte sie zumindest die Gewissheit, dass sie es versucht hatte.
Dieser letzte Gedanke gab Jemima Auftrieb. Ihr Blick wanderte zurück zu ihrem großen, attraktiven Ehemann. „Also gut, ich komme nach Spanien, allerdings nur für drei Monate.“
Alejandro musterte sie mit dunklem Blick. Weder zeigte er Triumph noch Überraschung über ihre Kapitulation. „Akzeptiert.“
Ein nervöses Beben durchlief sie, als ihr jäh klar wurde, zu was sie da ihre Zustimmung gegeben hatte. Alejandro würde es sogar gelingen, den Teufel zu überreden, dachte sie hektisch. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, dass jede Mutter allein um des Kindes willen eine Ehe aufrechterhalten würde. Und er hatte sie mit diesen glühenden Augen vielsagend angeschaut und gesagt, dass er sie noch immer begehrte. Damit hatte ihr Körper praktisch sofort die Führung übernommen und den Verstand ausgeschaltet.
„Hast du schon zu Mittag gegessen?“, fragte Alejandro jetzt.
Sie wich zurück, wie ein ehemaliger Süchtiger, dem man die einstige Lieblingsdroge anbot. „Nein, aber ich bin auch nicht hungrig. Ich denke, ich sollte besser wieder zum Laden zurückkehren.“
„Natürlich. Du wirst einiges erledigen müssen. Ich werde eine Agentur beauftragen, einen Geschäftsführer als Ersatz für dich zu finden“, erwiderte er nüchtern. „Die Organisation sollte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem möchte ich Alfie sehen.“
„Bleibst du übers Wochenende?“ Als Alejandro nickte, fuhr sie atemlos fort: „Dann komme morgen vorbei, damit du ihn sehen kannst.“
„Wie bald kannst du nach Spanien kommen?“, wollte er wissen.
„Sobald ich alles arrangiert habe.“
„Ich sollte dich zurückfahren“, sagte er mit ruhiger Stimme, als sie in der Diele standen.
„Nein danke. Ich bin es gewohnt, mit dem Zug zu fahren.“
„Dann bringe ich dich zum Bahnhof, mi dulzura.“
Jemima war beeindruckt. Sein Verhalten ihr gegenüber hatte sich schlagartig verändert. Sobald sie ihre Zusage gegeben hatte, schien er der Überzeugung zu sein, sich um sie kümmern zu müssen. Es war ein seltsames Gefühl.
Gemeinsam fuhren sie mit dem Aufzug in die Tiefgarage hinunter, Jemima stieg in den schnittigen Sportwagen ein. Als sie den Sicherheitsgurt anlegte, zog Alejandro sie an sich, hob ihr Kinn leicht an und drückte seinen Mund auf ihre Lippen.
Es war, als hätte sie einen Stromschlag erhalten. Oder als wäre sie völlig unvorbereitet von einem Hurrikan überrascht worden. Und während er ihren willigen Mund in Besitz nahm, hoben sich ihre Hände wie von allein und ihre Finger schoben sich in sein seidiges Haar. Dieser Kuss
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