Im Schloss unserer Liebe
mussten ihr gleichgültig sein. Sie traf ihre Entscheidungen aufgrund der Informationen, die er ihr gegeben hatte.
Der Griff seiner Hand war so fest, dass er fast schmerzte. Wieso hielt er überhaupt ihre Hand? Und eigenartig, dass ihr dadurch neue Kräfte zuströmten. Wenn er sie losließe, würde sie schwach werden und könnte sich nicht mehr gegen ihn behaupten. Also ließ sie ihn gewähren.
„Kelly, Sie können es“, sagte er eindringlich.
„Auch Sie können es, Rafael.“
„Nein.“
„Meine Gründe sind einleuchtender, es sei denn, Sie verschweigen mir etwas.“
Er schüttelte den Kopf.
„Na also.“
„Sie erpressen mich“, warf er ihr vor.
„Ich bin nur vernünftig. Sie verlegen Ihre Spielzeugwerkstatt ins Schloss und kommen nach Hause.“
Das Wort klang nach und schnitt ihr ins Herz.
Verblüfft schaute Rafael ihr in die Augen. Sie hielt seinem Blick stand. Wusste er denn nicht, dass er ihr Kraft gab, indem er ihre Hand hielt? Warum zog er sie nicht fort? Es würde seine Chancen auf einen Sieg erhöhen.
Allein im Schloss hätte sie keine Zukunft. Sie brauchte einen Verbündeten. Und dieser Mann hatte das Zeug dazu.
In den vergangenen fünf Jahren hatte sie sich verändert. Kass hatte ihr eine harte Lektion erteilt. Nie wieder würde sie ihr Herz verschenken. Und sie hatte gelernt, Menschen einzuschätzen. Sie erkannte, wer es gut mit ihr meinte und wer nicht.
Dieser Mann war vertrauenswürdig. Manches an ihm verstand sie nicht. Irgendetwas gab es, was ihn gegen seine Rolle als Prinzregent aufbegehren ließ. Doch es beeinträchtigte ihr Vertrauen in ihn nicht. Sie spürte seine Zuverlässigkeit. Er war ein Mann, auf dessen Wort sie bauen konnte.
Die Abneigung gegen sein Amt empfand sie nicht als Makel. Im Gegenteil. Was musste das für ein Mensch sein, der sich darum riss?
„Sie verlangen ein großes Opfer von mir, denn es graust mir davor, nach Alp de Ciel zurückkehren“, flüsterte sie. „Es gibt nur ein einziges Lockmittel, es doch zu tun. Und das haben Sie mir hergebracht. Meinen Sohn. Dafür danke ich Ihnen aus tiefstem Herzen. Aber ich schaffe es nicht allein, Rafael. Ich brauche Sie dort.“
„Nein, Sie brauchen mich nicht.“
„Schon möglich. Vielleicht brauche ich niemanden mehr“, gab sie zu. „Das habe ich in den letzten Jahren bewiesen. Ganz gewiss brauche ich jedoch Ihre Anwesenheit als Herrscher. Wenn Sie nicht da wären, würde Matty ständig im Licht der Öffentlichkeit stehen. Dafür ist er zu klein.“ Sie straffte die Schultern. „Aus Ihrer Sicht mag es ein Fehler gewesen sein, ihn herzubringen. Ich habe heute mit der Einwanderungsbehörde telefoniert.“
„Wie bitte?“
„Ich darf ihn hierbehalten, ob es Ihnen passt oder nicht.“ Trotzig hob sie das Kinn. „Der Vertrag, den ich in Alp de Ciel unterschrieben habe, hat hier keine Gültigkeit. Hier habe ich das Sorgerecht. Ich bin Mattys Mutter, und er hat keinen Vater mehr. Er ist in Australien, und ich bin Australierin. Sie haben ihn selbst hergebracht und können ihn nicht einfach wieder mitnehmen. Die Gesetze dieses Landes stehen auf meiner Seite.“
Bestürzt sah er sie an. „Aber ich wollte doch nur ein Unrecht wiedergutmachen und Ihnen das Kind nicht länger vorenthalten.“
Kelly lächelte. „Das ist Ihnen gelungen. Danke.“
„Ich bin davon ausgegangen, dass Sie mit uns kommen.“
„Das war naiv von Ihnen.“
Er schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht wahr sein …“
„Werden Sie ständig in Alp de Ciel bleiben?“, hakte sie nach.
„Verdammt noch mal, Kelly …“
„So geht es nun mal zu in Fürstenhäusern.“ Sie seufzte. „Ich hasse es und würde am liebsten davor weglaufen. Doch vielleicht nehme ich das Joch auf mich. Um meines Sohnes willen. Er wird einmal die Krone tragen, und es ist besser, er wächst dort auf, wohin ihn das Leben später stellen wird. Matty hat keine Wahl. Und Sie haben auch keine, denn Sie sind der Prinzregent, Rafael. Entweder wir machen das zusammen oder gar nicht.“
„Das kann ich nicht.“
„Dann kann ich es auch nicht.“
Wieder blickten sie sich unnachgiebig an. Er sieht seinem Cousin doch nicht ähnlich, stellte Kelly fest. Kass’ Blicke waren durchdringend und kalt gewesen. Rafael schaute besorgt und traurig.
Gern zwang sie ihn nicht. Sie hatte über alles nachgedacht, nach Alternativen gesucht, sich den Kopf zerbrochen. Es gab keine andere Möglichkeit.
Das musste Rafael doch einsehen.
„Sie werden sich nicht ganz im
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