Im Schutz der Nacht
keine Schusswunden. Jemand mit einer Flinte hat den Fels vor mir getroffen und dabei lauter Splitter abgesprengt.« Es gelang ihm, lässig zu klingen.
»Mit einer Flinte?«, fragte Toxtel grimmig. Er war ebenfalls aufgestanden und kam jetzt zu ihnen herüber. »Ich frage mich, ob das unser Mann war«, sagte er zu Goss und bestätigte damit Teagues Vermutung, dass sie von einem der zähen alten Knacker da drüben aufs Kreuz gelegt worden waren.
»Ich weiß, wer es war«, erklärte ihnen Teague. »Ein Typ namens Creed. Ein zäher Hurensohn und Exmilitär, der hier Jagdführungen macht.«
»Wie sieht er aus? Nicht besonders groß, vielleicht eins achtzig, eher hager? Leicht irrer Blick, als wären seine Augen aus Glas oder so?«
Puh. Teague konnte sich an niemanden erinnern, auf den diese Beschreibung zugetroffen hätte. Eines stand jedoch fest, ihr Mann war nicht Creed. »Nein. Creed ist groß und muskulös. Kurzes dunkles Haar mit grauen Schläfen. Sieht aus, als sollte er eigentlich noch eine Uniform tragen.«
»Das ist er nicht. Und du bist sicher, dass dieser Creed auf dich geschossen hat?«, fragte Toxtel nach.
»Fast sicher.« Er sagte »fast«, weil er Creed nicht wirklich gesehen hatte, aber sein Instinkt sagte ihm, dass es niemand anderes gewesen sein konnte.
»Aber du hast gesagt, er hätte mit einer Flinte geschossen«, hakte Toxtel nach.
Teague konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen. Er stand blutüberströmt vor den beiden, und Toxtel interessierte sich ausschließlich dafür, wer der Typ war, der ihn überrumpelt hatte. »Es gibt noch mehr Flinten auf der Welt«, erklärte er knapp. »Und ich schätze, dass sich mindestens zehn davon auf der anderen Seite des Flusses befinden, neben diversen Gewehren und Pistolen.«
Offenkundig vergrätzt, weil Teague von jemand anderem als Toxtels persönlicher Nemesis aufs Korn genommen worden war, drehte ihm Toxtel den Rücken zu.
Goss sah erst Toxtel und dann wieder Teague an, bevor er die Situation mit einem Achselzucken zu entspannen versuchte. »Du siehst scheiße aus. Brauchst du Hilfe?«
»Nein. Ich gehe zum Lager und bringe mich wieder in Form.« Wenigstens hatte Goss ihm Hilfe angeboten, was mehr war, als man von diesem Arschloch Toxtel sagen konnte. Teague machte kehrt und arbeitete sich mühsam die Straße hinauf, bis er um eine Kurve kam. Dort trat Billy aus dem Wald auf der anderen Straßenseite und begleitete ihn schweigend. Sobald Toxtel und Goss sie nicht mehr sehen konnten, stützte ihn Billy, indem er Teagues Arm über seine Schulter legte und ihm etwas von seinem
Gewicht abnahm. Da Billy eher klein gebaut war, gestaltete sich der Weg zum Camp mühsam.
Etwa hundert Meter vor der Brücke, oder besser der ehemaligen Brücke, hatten sie in einer kleinen, geschützten und von der Straße aus nicht einsehbaren Mulde ein Zelt aufgestellt. Vernünftigerweise mussten sie davon ausgehen, dass sie einen Platz zum Ausruhen, Kaffee kochen und Essen brauchten, vor allem, wenn sich die Angelegenheit länger als einen Tag hinziehen sollte, womit Teague halb rechnete. Billy ließ ihn los, damit Teague in das Zelt kriechen konnte, wobei er allerdings den Kopf senken musste und die Welt noch schneller um ihn wirbelte, als sie es ohnehin tat.
»Scheiße«, hauchte Teague zerschlagen, während er sich auf den Campingstuhl sinken ließ. Er war zu müde, als dass ihm ein originellerer Fluch eingefallen wäre.
»Vielleicht solltest du dich hinlegen«, schlug Billy vor, der bereits damit beschäftigt war, den Plastikbeutel mit ihrem Verbandszeug zu öffnen, das entweder Goss oder Toxtel zusammengestellt hatte, weshalb er keine Ahnung hatte, was er darin finden würde.
»Wenn ich das tue, kann ich so schnell nicht mehr aufstehen.«
»Dann bleibst du eben ein paar Stunden liegen. Im Moment läuft sowieso nichts. Seit einer Stunde hat sich niemand mehr bewegt. Alle haben sich in ihre Löcher verkrochen und warten ab, bis es hell wird. Bis dahin wird nichts passieren. Wickeltücher«, brummte er unvermittelt, wodurch Teague kurzfristig aus dem Konzept geriet, bis er verschwommen die Plastikdose erkannte, die Billy in die Höhe hielt. »Ich schätze, die haben sie zum Saubermachen mitgenommen. Meinst du, damit kann man auch Wunden säubern? Es gibt ein paar Desinfektionstücher, aber nur wenige. Jedenfalls nicht genug, um dich sauber zu machen.«
Teague wollte schon die Achseln zucken, besann sich aber eines Besseren. »Warum nicht? Gibt es auch
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