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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Wasser. Da erwachte sie stets, in kalten Schweiß gebadet und mit klopfendem Herzen.
    Nach diesem Vorfall hatte sie sich regelrecht zwingen müssen, wieder ins Sommerhaus zu fahren. Das Gefühl des Unbehagens ließ nicht nach. Multebeeren pflücken konnte sie nicht mehr, das musste Krister alleine machen. Der bloße Gedanke, das Moor wieder zu betreten, ließ ihr Herz galoppieren.
    Vorsichtig hatte sie vorgeschlagen, das Sommerhaus zu verkaufen und sich nach einem anderen umzusehen, zu dem es von Göteborg aus nicht so weit war, aber davon wollte Krister nichts wissen. Er war in Säffle geboren und aufgewachsen, aber die Sommer hatten seine Geschwister und er in dem Sommerhaus bei Sunne verbracht. So auch ihre eigenen Zwillinge. Die Wintersportferien in diesem Haus waren fast noch besser als die Sommerferien. Nein, ein solches Haus verkaufte man nicht einfach. Ihre furchtbaren Erinnerungen würden sicher mit der Zeit verblassen, meinte er. Damit war die Diskussion zu Ende gewesen.
    Irene bereitete einen Salat aus frischen Radieschen, kleinen Spinatblättern, Tomate und Gurke zu. Ein paar Zitronenscheiben und Dillkraut dienten als Dekoration der knusprigen Fischfrikadellen. Krister goss das Kartoffelwasser ab und gab gesalzene Butter auf den Fenchel, dann setzten sie sich. Da die Nachmittagssonne noch relativ warm war, hatte er den kleinen Tisch auf dem Balkon gedeckt. Hier hatten gerade einmal vier Personen Platz. Dass der Balkon nach Westen lag, war ein großes Plus, da sie überhaupt nur nachmittags und abends Zeit hatten, auf dem Balkon zu sitzen.
    Die Eiswürfel klirrten, als Irene gedankenverloren ihr Wasserglas kreisen ließ. Sie hatten alles aufgegessen, und es war höchste Zeit, dass sie mit Krister über den Bombenanschlag sprach. Sie hatte ihren Kollegen versprochen herauszufinden, ob er noch mehr wusste, als er bislang erzählt hatte. Auch sie selbst hielt dies für wichtig, wusste aber nicht recht, wie sie beginnen sollte.
    »Hat Janne jemals erwähnt, dass er sich bedroht fühlt?«, fragte sie schließlich.
    Krister antwortete nicht sofort, und sie vermied es, ihn anzusehen. Deswegen bemerkte sie nicht, wie die Wut in ihm aufstieg.
    »Janne hat nie erwähnt, dass er sich bedroht fühlt! Was soll dieses Gerede von dir und diesem Dickschädel Jonny über verdammte Drohungen?«
    Irene überraschte diese Reaktion sehr. Sie wusste erst nicht recht, was sie sagen sollte, dann stammelte sie:
    »Aber bitte … was … was …«
    »Niemand wird bedroht!«
    Krister erhob sich so heftig, dass er gegen den Tisch stieß. Die Karaffe mit dem Eiswasser krachte auf den Zementboden und zerbrach. Eiskaltes Wasser lief Irene über ihre nackten Füße, aber das bemerkte sie kaum. Das Einzige, was sie wahrnahm, war Kristers wutverzerrtes Gesicht. Noch nie hatte sie in all den Jahren, die sie zusammen waren, eine solche Reaktion bei ihm erlebt.
    »Verdammt! Ich wische das auf«, sagte er und verschwand in der Wohnung.
    Irene versuchte sich zu sammeln. Krister kehrte bewaffnet mit Putzlappen, Kehrblech und Besen zurück und beseitigte rasch alle Spuren des Vorfalls. Wortlos verschwand er wieder in die Wohnung. Irene hörte die Scherben klirren, als er sie in den Eimer für das Altglas warf. Klingt wütend, dachte sie. War er so wütend geworden, weil er sich immer noch in einem Schockzustand befand? Sie wollte das gerne glauben, aber ihr Polizisteninstinkt sagte ihr etwas anderes. Die Sache ging ihm nahe, und sie musste ihr auf den Grund gehen.
    Nach einer Weile kehrte Krister mit einer neuen Wasserkaraffe zurück, sicherheitshalber aus Plas tik. Schwer ließ er sich wieder auf seinen Stuhl sinken und setzte zum Schutz gegen die Sonne die Sonnenbrille auf. Vielleicht will er aber auch nur meinem Blick ausweichen, dachte Irene und unterdrückte einen Seufzer.
    »Ich habe überreagiert. Entschuldige. Aber ich habe keinen Nerv mehr, noch weiter über diese verdammte Bombe zu reden«, sagte er.
    Er sah sie an und lächelte bleich, nahm aber seine dunkle Sonnenbrille nicht ab, so dass Irene nicht sehen konnte, ob seine Worte aufrichtig waren. Genug der Dummheiten und des Herumlavierens, beschloss sie.
    »Du musst mit mir reden, sonst wirst du zu einem formellen Verhör ins Präsidium vorgeladen. Ich habe darum gebeten, die Sache informell zu regeln, um dir das zu ersparen.«
    Krister holte tief Luft und schaute erneut in die untergehende Sonne.
    »Ich weiß nicht, was ihr von mir wollt!«, sagte er hart.
    »Erzähl einfach.

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