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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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höchstens die Aussage einer Dame sein, die im Haus gegenüber des Lokals wohnt. Sie sagt, sie hätte einen Ganoven durch das Tor auf den Hof gehen sehen, auf dem das Auto geparkt stand«, sagte Jonny und deutete mit den Fingern Anfüh rungszeichen an, als er Ganove sagte.
    »Einen Ganoven? Und wie sah der aus?«, wollte Tommy Persson wissen. Jonny suchte in seinen Papieren. Er nickte zufrieden, als er das richtige gefunden hatte.
    »Hier! Lass mal sehen … Man hatte sie gerade eben zu mir durchgestellt.«
    Er setzte seine Lesebrille auf, räusperte sich und begann vorzulesen:
    »Ich war auf dem Weg in den 7-Eleven bei der Kunsthochschule Valand. Da war es etwa Viertel vor neun. Als ich um die Ecke bog und die Straße hinunterschaute, fiel mir ein Auto auf, das vor der Einfahrt zum Hof hielt. Keine Ahnung, welche Marke, aber es war schwarz. Vielleicht auch dunkelblau. Ein Ganove stieg aus und ging auf die Einfahrt zu. Das Tor stand auf. Er war dick und hatte langes, ungewaschenes Haar und einen Pferdeschwanz. Er trug dunkle Kleider. Pullover mit langen Ärmeln und einer Kapuze, wahrscheinlich schwarz. Soweit ich sehen konnte, keine Abzeichen auf dem Pullover. Ab getragene Jeans. Er hielt so etwas wie eine kleine Werkzeugkiste in der Hand. Außerdem trug er stabile Stiefel. Ich habe sein Gesicht nur im Profil gesehen, glaube aber, Tätowierungen am Hals und im Gesicht erkannt zu haben. Vermutlich war er zwischen 25 und 35 Jahre alt.«
    Als Jonny fertig war, hatte Irene das Gefühl, ihr sei schwindelig oder sie sei seekrank, als würde der Stuhl, auf dem sie saß, sachte schaukeln. Sie musste endlich etwas essen und schlafen. Auf unsicheren Beinen erhob sie sich und entschuldigte sich.
    Egon kratzte von innen an der Tür und kläffte. Wie er Kristers und ihre Schritte im Treppenhaus von jenen der Nachbarn unterscheiden konnte, war Irene nicht ganz klar. Hunde hatten natürlich ein hervorragendes Gehör. Als sie in die Diele trat, überschlug sich Egon förmlich vor Freude. Der ganze kleine Hund strahlte Freude darüber aus, dass das Frauchen endlich zu Hause war, obwohl er an diesem Tag keine Sekunde allein gewesen war. Jenny trat in die Diele und umarmte ihre Mutter herzlich. Sie trug ein Top, das einen Blick auf ihre tätowierten Arme ermöglichte. Es war im Nacken tief ausgeschnitten, und im Spiegel sah Irene die Tätowierung, die vom Hals über die Schultern reichte. Jenny hatte sich noch als Teenager tätowieren lassen, als sie in verschiedenen Punk- und Popbands gesungen hatte. Vor einer Woche hatte sie darüber gesprochen, dass sie sich die eine Tätowierung am Oberarm mit Laser entfernen lassen wolle. In einem Herz, das von einer Knochenhand gehalten wurde, stand der Name eines Mannes, den es in ihrem Leben schon lange nicht mehr gab. Sämtliche Piercings hatte sie aus ihrem Gesicht entfernt, als sie angefangen hatte, im Restaurant in der Küche zu arbeiten.
    Irene war enttäuscht, dass ihre Tochter nicht zum Abendessen bleiben konnte, obwohl sie nicht zur Arbeit musste, da das Glady’s geschlossen war. Ihr letzter Arbeitgeber, der Chef des Restaurants Grodden, hatte sie gebeten, ein paar Stunden beim ihm einzuspringen.
    »Papa konnte heute Nachmittag ein paar Stunden schlafen. Ich glaube, es geht ihm jetzt etwas besser«, flüsterte Jenny, ehe sie ging.
    »Schön, dass wenigstens einer von uns etwas Schlaf bekommen hat«, seufzte Irene.
    Krister stand am Herd und bereitete das Essen zu. Fischfrikadellen mit Dillkartoffeln und Fenchelgemüse. Dazu sollte es eine kalte Sauce auf der Grundlage von Crème fraîche geben mit knackigem Schnittlauch, den er selbst auf dem Balkon gezogen hatte. Aus dem Ofen kam ein verführerischer Duft, der verriet, dass es Apfelkuchen zum Dessert geben würde. Nach Bewältigung der Steigung mit dem Fahrrad war Irene vollkommen durchgeschwitzt und verschwand unter die Dusche. Nachdem sie abwechselnd heiß und kalt geduscht hatte, um ihre müden Glieder etwas aufzumuntern, fühlte sie sich wieder halbwegs wie ein Mensch. Sie cremte sich mit einer parfü mierten Hautcreme ein, die sie in Frankreich gekauft hatte. Sauteuer, aber etwas Luxus musste man sich im Alltag einfach gelegentlich gönnen. Sie war froh, endlich ihren Hausanzug anziehen und barfuß über den neuen Holzfußboden gehen zu können. Leise trat sie von hinten an Krister heran und legte ihre Arme um seine Taille. Sie küsste ihn in den Nacken, vergrub ihre Nase in dem Halsausschnitt seines T-Shirts und atmete seinen

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