Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
Erzähl, was du weißt. Wir können dir helfen …«
»Ich habe nichts zu erzählen! Und ich brauche auch keine Hilfe.«
Irene spürte, wie ihr langsam der Geduldsfaden riss.
»Die Bombe unter unserem Auto war also nur ein kleiner Scherz?«
»Woher soll ich das wissen, verdammt nochmal!«
Irene beugte sich über den Tisch, um seine Hand zu nehmen, aber er zog sie rasch an sich. Um Beherrschung bemüht sagte sie:
»Du musst verstehen, dass wir die Angelegenheit sehr ernst nehmen. Wir wissen aus Erfahrung, was geschehen kann, wenn diese schweren Jungs erst einmal in Fahrt kommen. Ein Autosprengsatz lässt auf die Rockerbanden schließen. Du hast doch Soran Siljac gekannt. Er ist mit einer Autobombe ermordet worden und zwar einer Bombe desselben Typs, die unser Auto in die Luft gesprengt hat.«
Aber Krister antwortete nicht, sondern blickte nur noch verbissener drein. Irene beschloss, die Taktik zu ändern.
»Krister, rede mit mir! Ich liebe dich und will nichts lieber, als dir helfen. In den letzten Jahren sind in dieser Stadt viele Bomben explodiert. Alle Opfer wurden vorher bedroht. Alle! Ausnahmslos. Aber du behauptest, nicht bedroht worden zu sein und nicht zu wissen, warum jemand eine Bombe unter unserem Auto angebracht hat.«
»Ganz richtig.«
Ehe Irene eine Antwort einfiel, hatte sich Krister wieder erhoben.
»Ich gehe eine Runde mit Egon«, sagte er und verschwand in der Wohnung.
Wenig später hörte Irene die Wohnungstür ins Schloss fallen.
I n dieser Nacht fand Irene nur wenige Stunden unruhigen Schlafes, für die sie dankbar war. Jedes Mal wenn sie erwachte, hörte sie, wie Krister sich neben ihr wälzte. Dann versuchte sie etwas zu sagen oder die Hand nach ihm auszustrecken, um ihm über den Arm zu streichen, aber er wendete ihr nur den Rücken zu und stellte sich schlafend.
Als Irene vom Klingeln des Weckers aufwachte, war Kristers Betthälfte leer. Der Duft von frischem Kaffee hing in der Luft. Irene zog ihren Morgen mantel an und stand auf. Die eben erst aufgegangene Sonne schien in die Küche, die zu ihrem Erstaunen leer war. Nachdem sie ihre Zweieinhalbzimmerwohnung rasch durchsucht hatte, konnte sie feststellen, dass weder Ehemann noch Hund anwesend waren. Der kleine Egon wird in den nächsten Tagen viel zusätzliche Bewegung bekommen, dachte sie resigniert.
A n der Morgenbesprechung nahmen zwei weitere Personen teil, eigentlich drei, wenn man es ganz genau nehmen wollte, weil Fredrik Stridh ebenfalls erschienen war. Als alle einen Kaffee und einen Keks bekommen hatten, stellte Tommy Persson den beiden Neuen die Inspektoren seiner Abteilung vor. Anschließend lächelte er und sagte:
»Und das hier sind Stefan Bratt und Ann Wennberg. Beide arbeiten beim Dezernat für organisiertes Verbrechen und sind also Fredriks Kollegen. Ihr könnt vielleicht selbst etwas über euch sagen?«
Ann Wennberg bedachte er mit einem besonders herzlichen Lächeln, wie Irene auffiel. Das war ver ständlich. Ann war Anfang dreißig, schlank und durchtrainiert. Sie hatte kurz geschnittenes matt kastanienrotes Haar mit einem langen Pony. Ihr Make-up war diskret, betonte aber ihre blauen Augen. Irene fühlte sich an eine kompetente und effiziente Chefsekretärin erinnert. Vielleicht beruhten diese Assoziationen auch auf dem dunkelblauen Leinenanzug und der weißen Bluse.
Der Mann neben Ann Wennberg räusperte sich leise und ergriff das Wort:
»Ich heiße also Stefan Bratt und arbeite seit der Gründung beim Dezernat für organisiertes Verbrechen. Seit sechs Monaten als Leitender Kommissar. Unsere Inspektoren sind mit verschiedenen Projekten beschäftigt. Fredrik hat sich beispielsweise primär mit den Gewaltverbrechen der Rockerbanden in Västra Götaland beschäftigt, vor allen Dingen mit schwerer Körperverletzung und Mord.«
Stefan Bratt war Anfang vierzig. Er hatte wache graublaue Augen und schütteres aschblondes Haar mit einer beginnenden Glatze am Hinterkopf und war schlank, wenn nicht sogar mager. Irene fand, dass er mehr wie ein netter Bankangestellter aussah als ein höherer Polizeibeamter. Vielleicht lag das an der Kleidung: beige Stoffhosen, weißes Hemd und sandfarbenes Leinenjackett. Wir sollen also mit einem Bankangestellten und einer Chefsekretärin zusam menarbeiten, dachte Irene und musste sich sehr beherrschen, nicht zu kichern. Sie zweifelte allerdings keine Sekunde an der Kompetenz ihrer Kollegen.
»Hallo. Ich heiße Ann Wennberg. Ich bin Inspektorin und beschäftige mich hauptsächlich
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