Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
mit den Rockerbanden. Ich bin vor einem halben Jahr zum Dezernat gekommen.«
Ihre Stimme war herzlich und vertrauenerweckend. Irene war erstaunt. Rockerbanden erschie nen ihr ein recht taffes Arbeitsumfeld für eine Frau. Vermutlich nur Vorurteile, hätte sie Wirtschaftskriminalität gesagt, hätte ich mir nichts dabei gedacht, überlegte Irene.
»Wir fangen direkt mit dem an, was wir bislang in Erfahrung gebracht haben«, sagte Tommy Persson energisch.
»Es steht also fest, dass der Mord an Patrik Karlsson und der Autosprengsatz auf das Konto der Banden gehen?«, unterbrach ihn Jonny Blom.
»Ja. Davon sind wir fast hundertprozentig überzeugt.«
»Ich wusste es«, murmelte Jonny.
Stefan Bratt sah ihn amüsiert an. Jonny kümmerte sich nicht weiter darum, sondern schaute düster in seine fast leere Kaffeetasse.
»Was den Mord an Patrik Karlsson betrifft, werten wir die Aufzeichnungen der Überwachungskameras in der Umgebung aus. Vor allem jene am Frihamnen und an der Auffahrt auf die E 6 in Ringön sind interessant. Schließlich fahren alle, die nach Ringön wollen, dort vorbei. Die Motorräder, die der Pizzakurier gesehen hat, müssten also irgendwo drauf sein. Und die Uhrzeit können wir schließlich auch eingrenzen«, fuhr Kommissar Persson fort.
»Habt ihr Fingerabdrücke oder Ähnliches am Tatort sichern können?«, fragte Stefan Bratt.
Statt zu antworten, nickte Tommy Persson Sara zu, sie solle sich äußern.
»Im ehemaligen Vereinshaus Unmengen. Die meisten von Leuten, die bereits aktenkundig sind. Überwiegend Fingerabdrücke von langjährigen Mitgliedern des Gothia MC sowie einige von unseren geliebten Bandidos. Auf dem Benzinkanister fanden sich leider keine Spuren«, sagte sie.
Kommissar Persson wandte sich an Ann Wennberg.
»Was glaubst du? War das eine interne Abrechnung?«
Sie sah ihn einen Augenblick lang nachdenklich an und sagte dann:
»Du meinst, der Gothia MC hat einen der eigenen Leute ermordet?«
Nach einer weiteren kurzen Pause fuhr sie fort:
»Es ist ungewöhnlich, dass die Rockerbanden ein eigenes Mitglied ermorden. Höchstens, wenn das Opfer jemanden verraten hat oder versucht hat, den Club um sehr viel Geld zu betrügen. Gelegentlich ist schon mal jemand versehentlich zu Tode geprügelt worden. Aber ein so ungewöhnlich brutal ausgeführter Mord … nein, irgendwie glaube ich das nicht.«
»Worum könnte es dann gehen?«, fragte Tommy Persson.
Sie dachte erneut eine Weile nach und antwortete dann:
»Das Wahrscheinlichste ist, dass es sich um die Rache einer anderen Bande handelt. Oder es hat überhaupt nichts mit den Banden zu tun. Vielleicht eine private Abrechnung.«
»Falls es eine rivalisierende Bande war, welche käme da deiner Meinung nach in Frage?«, warf Irene ein.
Ann sah sie an und antwortete, ohne weiter zu überlegen:
»Da denke ich vor allem an die Gangster Lions. Sie könnten einen Grund zur Rache gehabt haben. Unsere Quellen sagen, dass es ein Lions-Mitglied war, das im März vor dem McDonald’s auf der Avenyn von Bikern getötet wurde, allerdings ist nicht ganz klar, auf wessen Konto der Mord geht«, sagte sie.
»Ich war an dieser Ermittlung nicht beteiligt. Ich weiß nur, was in den Zeitungen stand. Könnte jemand mein Gedächtnis etwas auffrischen?«, warf Jonny ein.
»Caesar Roijas wurde um halb drei Uhr nachts aus einem Auto erschossen. Der Mörder ließ die Seitenscheibe herunter und feuerte. Dann raste das Auto mit quietschenden Reifen die Avenyn hinunter und anschließend über die Götaälvbrücke. Am folgen den Tag wurde es ausgebrannt in einem Industriegebiet beim Flugplatz Säve gefunden. Die Täter müssen dort in einen anderen Wagen umgestiegen sein. Laut einem Zeugen sollen zwei Personen in dem Auto gesessen haben«, fasste Fredrik rasch zusammen.
»Das klingt nicht sonderlich erfreulich. Habt ihr mit eurer Vermutung recht, dann haben wir einen neuen Bandenkrieg am Hals«, sagte Tommy Persson.
Irene erhielt die Aufgabe, die Zeugin zu befragen, die einen Mann dabei beobachtet hatte, wie er den Hof des Glady’s betreten hatte. Sie hieß Ritva Ekholm. Jonny hatte sie als Dame bezeichnet, aber sie war jünger als Irene. Sie war Dozentin in organischer Chemie. Irene erreichte sie an der Technischen Hochschule Chalmers. Sie sprach am Telefon ein weiches Finnlandschwedisch. Die Stimme hatte aber auch etwas Raues, fast Überanstrengtes. Sie einigten sich darauf, dass Irene sie kurz nach fünf besuchen kam. Praktischerweise lag die Adresse
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