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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Fragen wieder übernehmen, überlegte es sich dann aber anders. Vielleicht hatte Sara mit ihren Fragen über die Familie ja einen Hintergedanken. Zumindest schien sich Sirwe jetzt etwas zu entspannen.
    »Er ist sieben«, sagte Sirwe.
    »Wunderbares Alter. Wie nett, dass er einen Cousin im selben Alter hat. Ihre Schwester wohnt also auch hier … sind Sie gleichzeitig nach Schweden gekommen?«, fuhr Sara fort und klang aufrichtig interessiert.
    »Ja. Sie kam mit uns zusammen. Mit Mahmut, Kazan und mir. Meine Schwester hat ihren Mann hier kennengelernt.«
    »Zwischen Kazan und seinen Geschwistern besteht ja ein recht großer Altersunterschied.«
    Das war eine Feststellung und keine Frage. Sara sah die Frau auf dem Sofa aufmerksam an. Diese zuckte zusammen und zögerte und sagte dann:
    »Kazans Vater, mein erster Mann, wurde getötet. Meine Schwester und ich nahmen Kazan und flohen. Wir durften auf dem Hof von Mahmuts Eltern wohnen. Wir arbeiteten dort. Mahmut und ich verliebten uns. Da konnten wir nicht bleiben. Verboten. Seine Familie … nein. Ging nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mahmut ist also nicht Kazans Vater«, stellte Sara fest.
    Sirwe warf ihr einen betrübten Blick zu und schüttelte dann erneut den Kopf. Irene sah sich in dem gemütlichen Wohnzimmer um. Es war sehr aufgeräumt, und das ganze Haus duftete leicht nach frisch gebackenem Brot. Kazans Eltern waren ordentliche Leute, die sich abrackerten, um ihren Kindern eine schöne Kindheit und eine gute Zukunft bieten zu können. Trotzdem war der schöne Jüngling in die kriminellen Banden der Gegend abgerutscht. Er hatte die Oberstufe noch kaum begonnen, ge schweige denn abgeschlossen. In seiner letzten Steuer erklärung hatte er ein Jahreseinkommen von 71 000 Kronen angegeben. Dieses Geld hatte er als Model verdient. Vermutlich würde Kate Moss für dieses Geld morgens nicht einmal aufstehen. Trotzdem war Irene eine auffällige goldene Armbanduhr aufgefallen, die Kazan zu tragen pflegte. Außerdem eine goldene Halskette, die ebenfalls sehr massiv aussah. Allein der Schmuck war sicher doppelt so viel wert wie sein offizielles Jahreseinkommen. Irene hatte vor, eine kleine Runde durchs Viertel zu machen, wenn sie bei den Ekicis fertig waren. Ihr war eine Idee gekommen.
    »Mahmut und ich haben drei Kinder«, murmelte Sirwe leise.
    Sie schaute auf einige gerahmte Fotos, die um den riesigen Fernseher herum hingen. Fröhliche Kinder mit Zahnlücken. Einige Fotos waren neueren Datums, aber sie erkannte dieselben Kinder, die größer geworden waren.
    »Könnten Sie jetzt vielleicht Kazan wecken? Sonst müssen wir das tun«, sagte Irene ruhig.
    Ihr war klar, dass sie Kazan nicht in Gegenwart seiner Mutter vernehmen konnten. Sie mussten ihn ins Präsidium bringen. Sirwe rutschte unruhig auf dem Sofa hin und her.
    »Er … unwohl. Tablette … genommen. Schlaftablette«, sagte sie.
    Irene überlegte rasch. Offenbar stand Kazan mehr oder weniger unter Drogen, und am Vorabend war er vermutlich sturzbetrunken gewesen. Es hatte vermutlich wenig Sinn, mit ihm zu sprechen, wenn er halb bewusstlos war. Vielleicht war es genauso gut, mit dem eigentlichen Verhör noch zu warten. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sie die Fahrt nach Gunnared nicht umsonst gemacht haben wollte. Energisch stand sie auf und sagte:
    »Ich würde ihn trotzdem gerne sehen, bevor wir fahren. Vielleicht kann ich ja doch ein paar Worte mit ihm wechseln.«
    Sirwe nickte ergeben und erhob sich ebenfalls. Sie bedeutete den beiden Beamten, ihr zu folgen. Sie traten wieder in die Diele und gingen auf eine geschlossene Tür zu. Sirwe klopfte und sagte rasch etwas in einer Sprache, von der Irene vermutete, dass es sich um Türkisch oder vielleicht auch Kurdisch handelte. Aus dem Zimmer war keinerlei Reaktion zu hören, obwohl Sirwe wiederholte Male klopfte. Schließlich drückte Irene resolut die Klinke und trat ein. Sie hielt hinter der Schwelle inne und hätte um ein Haar kehrtgemacht. Der Gestank von Erbrochenem war überwältigend.
    »Oh! Ich wusste nicht! Er so krank!«, rief Sirwe und stürzte auf das Bett ihres Sohnes zu.
    Sie ließ sich auf die Knie sinken und schrie ihn in der fremden Sprache an. Kazan lag vollkommen reglos da. Nicht einmal seine langen Wimpern bewegten sich. Irene und Sara traten näher heran. Kazan lag in seinem eigenen Erbrochenen, immer noch in seinem dunklen Anzug, in dem sie ihn am Vorabend gesehen hatten. Die Hose war aufgeknöpft, aber er hatte nicht die Kraft gehabt,

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