Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
eine andere Gang?«, fragte Stefan Bratt.
Sara zuckte mit den Achseln, antwortete aber nichts. Sie hatte recht, auch andere konnten sich für die Feste der Gangster Lions interessiert haben. Beispielsweise der Gothia MC , dachte Irene. Dann sagte sie:
»Aber würde sich der Gothia MC wirklich in die Nähe wagen, wenn die Gangster Lions ein Fest veranstalten? Sie würden riskieren, entdeckt zu werden. Aber dem Rauschgiftdezernat ist es schließlich auch geglückt, Fotos zu schießen. Unmöglich ist sowas also nicht.«
»Nein. Deswegen werden wir auch einen unange kündigten Besuch bei unseren Freunden in Gråbo machen. Wir treffen uns morgen um elf Uhr wieder hier. Dann gehen wir den Einsatz durch. Abfahrt um zwölf Uhr. Wir nehmen Leute von der Einsatzpolizei und einen Hund mit«, sagte Stefan Bratt und stand auf, womit die Besprechung beendet war.
Kurz vor fünf meldete die Polizei Lerum, man habe ein ausgebranntes Autowrack bei Björbo gefunden. Ein Mann, der im Wald seinen Jagdhund trainierte, hatte das Fahrzeug entdeckt, das in einem seit langem stillgelegten Steinbruch stand. Es handelte sich um einen Audi A4 ohne Nummernschilder, aber mit Schiebedach. Da nach einem solchen Fahrzeug ge fahndet wurde, hatten die Kollegen aus Lerum den Fund umgehend gemeldet. Die Spurensicherung war bereits unterwegs.
Alle, die am Vorabend in Sävedalen dabei waren, saßen im Konferenzsaal. Im Raum herrschte ge drückte Stimmung. Die vergangenen vierundzwanzig Stunden waren anstrengend.
»Ich habe mich telefonisch nach unseren Kranken erkundigt«, berichtete Sara.
»Bitte? Sind die Patienten im Krankenhaus mittlerweile auch unsere Verantwortung?«, klagte Fredrik.
Unberührt von seiner Bemerkung fuhr Sara fort:
»Ritva Ekholm ist wieder halbwegs auf dem Damm und wird Montag entlassen.«
»Hat die Fahndung nach dem Gemälde was ergeben?«, fragte der Kommissar.
»Nein. Wir behalten verschiedene Internetauktions seiten im Auge, aber bislang ist das Bild nicht aufgetaucht«, antwortete Fredrik.
»Vermutlich nicht sonderlich leicht verkäuflich, da es auf der Liste gestohlener Kunstwerke steht. Es wird wohl auf dem Schwarzmarkt verhökert«, meinte Stefan Bratt.
Er hob die Hand an den Mund und gähnte diskret, dann blinzelte er angestrengt.
»Was Kazan betrifft, ist sein Zustand unverändert, aber stabil. Mit ihm können wir frühestens morgen sprechen«, fuhr Sara fort.
»Dann schlage ich vor, dass wir jetzt nach Hause gehen, wir sind seit anderthalb Tagen auf den Beinen. Nachdem wir ordentlich gegessen und geschlafen haben, sind wir sicherlich effizienter«, sagte Stefan Bratt.
Irene blieb noch eine Weile in ihrem Büro sitzen. Es war noch zu hell, um unbemerkt in Tommys Haus schleichen zu können. Sie waren sich einig, dass die Nachbarn sie nicht sehen sollten und somit kei nen Anlass zum Tratschen bekamen. Für den Fall, dass doch jemandem die neue Frau im Nachbar haus auffiel, hatten sie sich eine Notlüge zurechtgelegt. Irene sollte sich als Cousine ausgeben, die seit langem in Karlstad wohnte, jetzt aber in Göteborg eine Fortbildung absolvierte und währenddessen bei ihm wohnte. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass die Cousine Krankenschwester war, die im Zentralkrankenhaus in Karlstad in der Notaufnahme arbeitete. Eine Weiterbildung in den Notaufnahmen der großen Göteborger Kliniken würde Irenes Kommen und Gehen zu seltsamen Zeiten erklären. Hinter dieser Fassade müsste ich mich recht gut verstecken können, dachte Irene. Sie wollte aber trotzdem darauf achten, möglichst nicht entdeckt zu werden.
Irene überkam eine bleierne Müdigkeit. Es war kurz vor sieben und wirklich höchste Zeit, endlich etwas zu essen.
Wie bereits etliche Male zuvor fiel ihre Wahl auf die Pizzeria in der Färgaregatan. Sie lag in der Nähe des Präsidiums und war für ihre guten Pizzen bekannt. Zudem verkehrten hier viele Kollegen, was Irene im Augenblick für ein großes Plus hielt.
Der Weißkohlsalat war fantastisch knackig. Hof fentlich konnte er ihren zu geringen Verzehr von Ballaststoffen und Vitamin C in den letzten Tagen ausgleichen. Weder Brötchen noch Zuckergussgebäck waren sonderlich gesund.
Irene hatte ihre Pizza Hawaii fast schon aufgegessen, als sie plötzlich wahrnahm, dass sie beobachtet wurde. Sie blickte auf und sah Ann Wennberg in der Tür stehen. Ann lächelte und ging auf ihren Tisch zu.
»Hallo. Darf ich mich zu dir setzen?«, fragte sie.
Es wäre unhöflich gewesen abzulehnen, Irene unterdrückte
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