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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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die Toilette aufzusuchen, was ein großer Fleck verriet. Irene beunruhigte am meisten, dass er überhaupt nicht reagierte. Sie beugte sich vor und suchte an seinem Handgelenk den Puls. Er war fast nicht zu ertasten, und als es ihr endlich gelang, war er sehr schwach und ungleichmäßig.
    Das dunkle Rollo war nicht ganz heruntergelassen, und etwas Tageslicht drang ins Zimmer. Irene fiel das extrabreite, verstellbare Bett auf. Weiterhin ein mit schwarzem Leder bezogener Jetson-Sessel und eine Bang & Olufsen Stereoanlage mit riesigen Lautsprechern, die sicher mindestens 50 000 Kronen gekostet hatte. Dieser Knabe war nicht arm. Selbst wenn er noch zu Hause wohnt und keine Miete zahlt, kann er das alles nicht mit seinem offiziellen Einkommen erworben haben, dachte Irene.
    Kazans Gesicht war graubleich, und ein dünner Schweißfilm glänzte auf seiner Haut. Als Irene ein Augenlid hochzog, reagierte er nicht auf das Licht. Seine Pupillen waren unnatürlich geweitet, und seine Haut war eiskalt, obwohl er schwitzte.
    »Er muss ins Krankenhaus. Er hat vermutlich etwas zu viel Alkohol und Tabletten konsumiert«, sagte Irene.
    Sie gab Sara ein Zeichen, einen Krankenwagen zu rufen, und legte gleichzeitig eine Hand auf Sirwes Schulter. Diese schien nicht zu bemerken, was um sie herum vorging. Sie saß vor dem Bett im Erbrochenen und hielt weinend die Hand ihres Sohnes.
    Der Krankenwagen traf rasch ein. Irene bot Sirwe an, sie mit ins Krankenhaus zu nehmen, das auf ihrem Weg in die Stadt lag. Sie nahm den Vorschlag dankbar an.
    Auf dem Parkplatz, auf dem ihr Dienstwagen stand, sah sich Irene um. Und fand, was sie erwartet hatte. Ein funkelnder schwarzer BMW , ein Coupé aus der 6er Serie. Ein teures Auto für einen jungen Mann. Dass es dem Vater gehörte, glaubte sie keine Sekunde. Dann wäre er damit am Morgen sicher ins Café gefahren.
    »Wie lange hat Kazan den BMW schon?«, fragte sie mit desinteressiertem Tonfall.
    »Ein … oder zwei Monate«, schluchzte Sirwe.
    Als sie realisierte, was sie gesagt hatte, erstarrte sie. Rasch fügte sie hinzu:
    »Nicht Kazans. Mein Mann …«
    Dass das Auto auf den Namen des Stiefvaters angemeldet war, würde dem Jungen nichts nutzen. Erträge aus krimineller Tätigkeit durften nicht abgeschöpft werden. Gemäß dem Gesetz vom 1. Juli 2008 über »Verwirkung von Ausbeute krimineller Tätigkeit« konnten alle Luxusgegenstände, die Kazan besaß, beschlagnahmt werden. Dies geschah, falls er zu einer Gefängnisstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt wurde, was passierte, wenn sie Beweise dafür fanden, dass Kazan am Mord an Patrik Karlsson beteiligt war.
    Am Nachmittag hatten Irene und Sara fast alle Gäste des Festes in Sävedalen, die auf ihrer Liste standen, verhört. Zwei Personen hatten sie bislang nicht erreicht und wollten versuchen, diese später am Abend zu kontaktieren. Vermerkt hatten sie auch die junge Witwe Elif Mara, aber nach einem Telefonat mit ihrer Mutter, die ihnen mitteilte, sie stehe noch unter Schock und bekomme starke Beruhigungsmittel, beschlossen sie abzuwarten.
    Die Beamten versammelten sich im Konferenzsaal. Irene hatte sich zwei große Becher Kaffee und ein klebriges Gebäckstück mit viel Zuckerguss aus dem Automaten mitgebracht. Auch von diesem Kaffee würde sie niemandem anbieten. Möglicherweise durfte jemand von dem Kuchen abbeißen. Die Müdigkeit holte sie langsam ein, und sie brauchte das Koffein.
    Irene berichtete über ihren Besuch bei Kazan Ekici. Ihre Beobachtungen seiner guten Finanzen schienen Kommissar Bratt zu interessieren. Einen Augenblick lang kam Leben in seine müden Züge.
    »Das Gesetz über Verwirkung von Ausbeute krimineller Tätigkeit ist von uns bereits mehrfach angewandt worden. Früher konnten wir das Vermögen der Kriminellen nicht konfiszieren, egal wie offenbar es war, dass sie die Sachen mit gestohlenem oder schmutzigem Geld erworben hatten. Jetzt ist das möglich. Der Erlös geht an den Staat. Alle Schweden können sich dann also über ihre kriminellen Umtriebe freuen«, meinte er lächelnd.
    Als sich die Heiterkeit nach dem Scherz des Kommissars gelegt hatte, fragte Fredrik:
    »Wisst ihr, was seine Überdosis herbeigeführt hat?«
    »Nein. Ich habe eben im Krankenhaus angerufen. Er ist immer noch bewusstlos, aber sein Zustand ist stabil, und er wird sich wieder erholen«, antwortete Sara.
    Sie diskutierten, was die Zeugenbefragungen ergeben hatten, was nicht sonderlich viel war. Keiner der Ermittler hatte etwas anderes erwartet,

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