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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Nachbarhauses erscholl lautes Gelächter. Dem Geruch nach zu urteilen, hatte man ein paar Würste auf dem Grill vergessen. Vielleicht feierten sie ja ein Krebsfest mit Wurst für die Kinder? Irene sehnte sich plötzlich nach Geselligkeit, gutem Essen und Wein. Ihre Familie fehlte ihr. Sie wollte ihr Leben zurück.
    Tommy war zu Hause. Er saß im Dunkeln auf der Terrasse hinter dem Haus. Auf dem Tisch brannte ein Teelicht in einer kleinen Laterne. Als Irene plötzlich in der Tür stand, zuckte er auf seinem Liegestuhl zusammen. Um ein Haar hätte er sein Glas vom Tisch gestoßen.
    Irene schlug sein Angebot, ihr etwas Suppe aufzuwärmen, aus und lehnte auch einen Whisky ab. Sie wollte einfach nur noch ins Bett und schlafen. Gleich zeitig wusste sie aber auch, dass sie alles erzählen musste, was sich während der vierundzwanzig Stunden seiner Abwesenheit ereignet hatte. Sie berichtete von dem Mord an Danni Mara und davon, was die Ermittlungen bislang ergeben hatten, was leider nicht sonderlich viel war. Sie endete mit ihrer Begegnung mit Jorma Kinnunen am Hauptbahnhof und damit, wie sie ihn abgeschüttelt hatte.
    Als sie fertig war, schwieg Tommy recht lange. Schließlich sagte er:
    »Es war wirklich das einzig Richtige, Krister und die Mädchen verschwinden zu lassen. Wir hätten sie nicht schützen können.«
    Ruhig zog er sein Handy aus der Tasche und suchte eine der neueren Mitteilungen hervor. Mit einem breiten Lächeln reichte er dann Irene das Handy. Auf dem Display stand eine Nummer. Irene sprang auf und rannte ins Haus, um das billige Handy mit der Prepaidkarte zu holen, das sie am Vortag erworben hatte. Mit zitternden Fingern wählte sie. Als sie Kristers Stimme hörte, hatte sie plötzlich einen Kloß im Hals und konnte erst einmal nichts sagen.
    »Hallo, Liebling!«
    Krister klang munter und froh. Irene schluckte einige Male, bevor sie sagen konnte:
    »Hallo! Wie geht es euch?«
    »Super! Wir fühlen uns gar nicht, als ob wir auf der Flucht wären. Aber es könnte in den nächsten Tagen schwer werden, uns mit dem Handy zu erreichen. Wir wollen …«
    »Nein. Sag nichts mehr. Ich will es nicht wissen«, sagte Irene mit Nachdruck.
    »Natürlich! Vergessen. Und wie geht es dir?«
    Sie hatte nicht vor, ihm von den Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden zu erzählen. Stattdessen sagte sie:
    »Danke. Hier ist so einiges los. Wir sind fleißig. Ich versuche euch zu erreichen, falls etwas Besonderes sein sollte. Sonst telefonieren wir wieder … sollen wir sagen in zwei Tagen?«
    Sie hatten sich darauf geeinigt, immer nur sehr kurz zu sprechen, aber plötzlich wollte Irene überhaupt nicht mehr auflegen. Allein schon Kristers Stimme war tröstlich. Zu wissen, dass es allen gut ging, beruhigte sie. Gleichzeitig wusste sie, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein konnte. Sie konnten sich nicht ewig versteckt halten.
    »Okay, abgemacht. Die Mädchen und Felipe lassen grüßen. Und Egon natürlich. Kuss, Liebling. Du fehlst uns.«
    »Ihr fehlt mir auch. Kuss. Ciao.«
    Als sie das Gespräch beendet hatte, erfüllten sie widerstreitende Gefühle. Teils fehlten sie ihr so sehr, dass ihr das Herz schmerzte. Teils war sie dankbar dafür, dass sie der Bedrohung des Gothia MC entkommen waren. Mit diesen Banditen sollte sie schon auf die eine oder andere Art fertig werden. Im Augen blick hatte sie allerdings keine Ahnung, wie. Viel leicht reichte ja die Razzia am nächsten Tag aus, um die Rocker für einige Jahre hinter Gitter zu bringen. Auf jeden Fall aber würde es sie schwächen, wenn etliche Mitglieder wegen Verstößen gegen die Waffengesetze und wegen Drogendelikten hinter Gitter kamen. Noch besser, wenn sie einen von ihnen wegen des Mordes an Danni Mara in Untersuchungshaft nehmen konnten. Aber das war nur ein schöner Traum, das sah Irene ein. Es gab nach wie vor keine Beweise, anhand derer Mitglieder des Gothia MC des Mordes hätten überführt werden können. Die einzigen Spuren waren die Spuren der teuren Motorradstiefel.
    »Irene, hast du jemandem gesagt, dass du zum Bahnhof wolltest? Ich meine, bevor du das Präsidium verlassen hast?«, fragte Tommy nachdenklich, als sie wieder auf die Terrasse trat.
    »Nein. Eigentlich wollte ich mit dem Fahrrad fahren, nachdem ich mich mit einer Pizza gestärkt hatte, doch dann ließ ich es sein. Ich war vollkommen erschöpft und beschloss deshalb, den Bus zu nehmen. Ich entschied mich selbst erst im letzten Moment.«
    Tommy nickte einige Male, als hätte sich ein

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