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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Tätowierungen bedeckt. Es konnte also durchaus sein blau tätowierter Arm gewesen sein, den Ritva Ekholm aus dem Schiebedach des Audi vor dem Tor zum Hinterhof des Glady’s hatte herausragen sehen. Per Lindström war zwar muskulös, aber gleichzeitig auch untersetzt und dicklich. Auf den Bildern von den Überwachungskameras war ein großer, athletischer Mann zu sehen gewesen. Irene sah sich rasch um, wer noch alles eine Gothia- MC -Weste trug, Andreas »Dragon« Brännström konnte sie aber nirgends entdecken. Das hatte sie auch nicht erwartet. Wenn er nicht ganz plemplem war, dann hatte er sich direkt nach dem Mord an Jan-Erik Månsson und der Miss handlung Ritva Ekholms aus dem Staub gemacht. Wahrscheinlich befand er sich irgendwo in Südeuropa oder auf einem anderen Kontinent.
    »Darf es ein Würstchen sein?«, krakeelte Per Lindström mit einem breiten Grinsen.
    »Nein. Wir sind gekommen, um eine Haussuchung durchzuführen«, erwiderte Stefan Bratt.
    »Wieso denn das, verdammt noch mal?«
    Lindströms Freundlichkeit war plötzlich wie weggeblasen. Die Grillzange mit zwei Würsten hielt inne. Dann schwenkte er sie verärgert, so dass die Würste platzten und Stückchen in alle Richtungen flogen. Frode war sicherlich bestens abgerichtet, aber wenn ein verführerisch duftender Wurstzipfel nur wenige Zentimeter vor seiner Schnauze landete, war es auch mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Er schnappte sich das Stück und verschlang es, noch ehe sein Herrchen blinzeln konnte.
    »Der verdammte Köter soll unsere Wurst liegen lassen!«, fauchte der Rockerhäuptling.
    Frode senkte den Kopf und schämte sich wie ein Hund. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er etwas Unerlaubtes getan hatte. Per Lindström sah die Polizisten finster an. Wortlos wandte er sich seinem Grill zu und legte weitere Würste und Hamburger auf. Als drei kleine Jungen auf ihn zu rannten und schreiend Wurst verlangten, verzog sich sein schweißglänzendes Gesicht zu einem fröhlichen Lächeln. Routiniert klemmte er je zwei Würste in die Brötchen, die Jorma ihm hinhielt. Die Jungen jubelten, als sie jeder noch eine Dose Cola bekamen.
    Um einen Gartentisch, der aus einer geschützten Tropenholzart gefertigt war, saßen mehrere Gothia- MC -Mitglieder mit ihren Freundinnen, Frauen und Kindern verschiedenen Alters. Irene fiel auf, dass sowohl Männer als auch Frauen auffällig breite Goldketten und -ringe trugen.
    Ein Pitbullterrier, der an einem Stuhlbein festgebunden war, bekam einen Anfall, als Frode in nur wenigen Metern Abstand an ihm vorbeistolzierte. Seine Nackenhaare sträubten sich, und er bellte, dass der Sabber nur so spritzte. Frode würdigte ihn keines Blickes, denn er wurde nun vollkommen von seiner Aufgabe in Anspruch genommen, Rauschgift aufzuspüren. Er schlug mehrmals an, aber die Polizisten fanden nichts. Oder fast nichts. In den Westen, die offenbar nach Rauschgift rochen, fanden sich Reste eines weißen Pulvers und Krümel, bei denen es sich um Haschisch handeln konnte. Es gelang ihnen auch, in einem Kleiderschrank in einem der Schlafzimmer etwas weißes Pulver zu finden. In dem unaufgeräumten Schuppen und in der kleinen schmutzigen Scheune war jedoch ebenfalls nichts. Zusammengenommen reichte die Menge nicht einmal aus, um jemanden wegen Besitzes zum eigenen Gebrauch festzunehmen. Die einzige Waffe, die sie fanden, war ein altes Mora-Messer, so stumpf, dass es sich nicht einmal als Brotmesser und noch viel weniger als Mordwaffe geeignet hätte.
    Während die Polizisten das Anwesen durchsuch ten, wurden sie von den Bandenmitgliedern mit höhnischem Grinsen beobachtet. Die Rockerbande wusste, dass die Haussuchung nichts ergeben würde. Sämtliche Drogen und Waffen waren von dem Anwesen entfernt worden. In allen Zimmern, Abstellkammern und Winkeln, die sie durchsuchten, hing der durchdringende Geruch von Ajax in der Luft.
    Auf dem Rückweg schwiegen alle. Erst als sie die Tiefgarage unter dem Präsidium erreicht hatten, brach Fredrik das Schweigen.
    »Sie wussten, dass wir kommen würden«, fauchte er verbissen.
    Nach einer einstündigen Mittagspause versammelten sich alle Beamten, die an der Razzia teilgenommen hatten, in einem großen Konferenzraum des Präsidiums. Die Stimmung war gedrückt. In der Stille war das Summen einer schläfrigen Schmeißfliege zu hören, die versuchte, durch ein Fenster zu entkommen. Mit Hilfe des Feuilletons aus der aktuellen Göteborgs - Posten bereitete der ältere Kollege mit dem schütteren Haar vom

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