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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Sie funkelten, aber nicht vor Munterkeit. Der Blick, den er auf sie richtete, war geradezu bösartig. Wie hatte sie seine Augen jemals schön finden können?
    »Wer zum Teufel hat gesagt, dass die Löwen gekauft haben?«
    War er vollkommen verwirrt? Oder hatte sie etwas missverstanden?
    »Aber Sie sind doch Mitglied? Oder sind Sie zu den Latin Kings übergelaufen?«, fragte Irene.
    »Ich gehöre … zu niemandem«, sagte er lachend.
    »Zu niemandem?«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie verstand, was er meinte.
    »Fendi und Sie haben auf eigene Rechnung ge kauft«, konstatierte sie argwöhnisch.
    »Yes!«
    Kazan lächelte zufrieden. Vielleicht begreift der Idiot gar nicht, was er losgetreten hat, dachte Irene. Sein drogenzerfressenes Hirn hat ganz einfach einen wahnsinnigen Plan ausgeheckt. Er wollte den ganz großen Coup landen und eine eigene Gang gründen. Dafür benötigte er Startkapital und kam auf die Idee mit dem Kokaindiebstahl. Mit dem Verkauf des Stoffs hätte er ein Vermögen machen und noch mehr Drogen kaufen können . Ganz groß ins Geschäft kommen. Doch die Wirklichkeit sah anders aus. Er war schlicht nicht intelligent genug und außerdem ein Junkie. Das bewies allein schon die Tatsache, dass er der Versuchung nicht hatte widerstehen können, sich eine Probe zu genehmigen. Die Überdosis war eine unbehagliche Überraschung.
    Irene begriff nun, wozu er die geschützte Identität benötigte. Den Gangster Lions war vermutlich längst klar, dass er Drogen beschafft hatte, um Geschäfte auf eigene Rechnung zu machen. Außerdem war da noch der bedrohliche Gothia MC , der irgendwann erfahren würde, wer Patrik Karlsson ermordet hatte. Dank ihres Informanten im Präsidium waren sie mit größter Wahrscheinlichkeit bereits darüber im Bilde, dass Kazan und Fendi die Mörder waren. Da spielte es dann keine Rolle mehr, welche Gang ihn zuerst erwischte. Das Ergebnis würde gleich ausfallen. Vielleicht hatten sie sich Fendi ja sogar bereits vorgeknöpft, was erklären würde, warum die Polizei ihn nicht fand.
    Irene beschloss, ihm noch weiter wegen erwähnter Zusammenkunft Ende der Woche auf den Zahn zu fühlen.
    »Dieses Restaurant Pravda, wo liegt das?«, fragte sie.
    »In Gårda.«
    Irene hatte von einem Restaurant mit diesem Namen noch nie gehört. Wenn es in Gårda lag, dann war es nur wenige Kilometer vom Präsidium entfernt. Log er? Oder sprach er im Delirium?
    »Warum sollte dieser Tipp eine geschützte Identität wert sein?«
    Wieder blitzte zurückhaltende Munterkeit in seinen Augen auf. Leise flüsterte er:
    »Am Fünfundzwanzigsten knallt’s …«
    Er hielt inne und sah an Irene vorbei zur Tür. Sie hörte, wie sie aufgestoßen wurde. Schwere Schritte näherten sich rasch von hinten. Ehe sie sich umdrehen konnte, spürte sie etwas Hartes und Kaltes im Nacken. Sie wusste sofort, dass es sich um die Mündung einer Pistole handelte.
    »Still stehen. Schnauze halten!«, zischte eine raue Stimme.
    Der Mann stand dicht hinter ihr, sie nahm seinen üblen Mundgeruch wahr. Sie sah in Kazans bernsteinschimmernde Augen, die vor Entsetzen geweitet waren. Seine Lippen bewegten sich, aber er brachte keinen Ton heraus. Eine Bewegung schräg hinter Irene verriet ihr, dass sich eine weitere Person im Zimmer befand. Der Druck in ihrem Nacken hielt an. Ihr Wächter bewegte sich nicht. Sie hörte das Rascheln von Kleidung, als sich der Kumpan dem Fußende des Bettes näherte. Irene erkannte, dass er sich zwecks günstigeren Schusswinkels auf die andere Seite des Bettes stellen wollte. Rechtshänder. Aus den Augenwinkeln sah sie eine Pistole mit extrem langem Lauf. Schalldämpfer, dachte Irene.
    Das war ihr letzter klarer Gedanke, ehe alles schwarz wurde.
    Irene nahm vage wahr, dass sie hochgehoben und auf eine Trage gelegt wurde. Jemand redete mit ihr, zog ihr die Augenlider hoch und leuchtete mit einer Taschenlampe in ihre Augen. Wenn nicht der anhaltende Schmerz in ihrem Nacken gewesen wäre, dann hätte sie ihn gebeten, sich zum Teufel zu scheren und sie in Frieden zu lassen, damit sie schlafen konnte.
    Langsam aber begann sie zu begreifen, was geschehen war. Etwas war furchtbar schiefgelaufen. Sie versuchte, sich aufzurichten, aber der Schmerz in ihrem Hinterkopf ließ sie auf ihre Pritsche zurückfallen.
    »Vorsicht. Sie haben eine Gehirnerschütterung«, sagte eine Frauenstimme.
    Irene versuchte zu fragen, wie es Kazan gehe, aber ihr Kommunikationsversuch wurde sofort abgebrochen.
    »Immer mir der Ruhe. Ihre

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