Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
Mann mit dem lädierten Knie das Messer fallen. Nach Tommys Aufforderung warf er es ein Stück weit von sich weg. Sein Kumpan drückte sich beide Hände auf seine Platzwunde, die immer noch sehr stark blutete.
Sie saßen beide immer noch auf der Erde, als wenige Minuten später der erste Streifenwagen eintraf.
In dem weißen Lieferwagen fanden die Beamten zwei Gothia- MC -Lederwesten, einen Bund Kabelbinder, ein langes Seil sowie breites Klebeband. Alles, was man für eine Entführung brauchte.
»Jedenfalls wollten sie mich erst mal am Leben lassen«, meinte Irene und versuchte zu lächeln, um zu verdeutlichen, dass das ein Scherz war.
»Sag das nicht. Das hier lag ganz hinten«, meinte Tommy.
Er hielt ihr eine breite Rolle dicker Plastikfolie unter die Nase. Das Lächeln erstarb auf Irenes Lippen.
Wieder einmal gab es Pizza und Bier, zum Kochen waren sie beide zu müde. Die durch die Luft ge schleuderten Dosen spritzten beim Öffnen so kräftig, dass Tommy auf die Terrasse ging und sie über das vernachlässigte Rosenbeet hielt. Vielleicht können die armen verkümmerten Blumen wenigstens ein wenig Nährwert aus dem Schaum gewinnen, dachte Irene.
»Woher wussten sie, wo ich wohne?«, fragte sie stattdessen.
»Ann«, antwortete Tommy.
»Ann? Sie wusste doch wohl nicht, dass ich bei dir bin?«
»Doch … sie wird sich einiges zusammengereimt haben. Du erinnerst dich doch an das Paracetamol, das ich dir vorgestern mitgebracht habe?«
»Klar.«
Tommy trank einen Schluck von seinem schäumenden Bier und sah etwas betreten aus, als er die Dose wieder abstellte.
»Stefan und Ann kamen in mein Büro, gerade als ich nach Hause fahren wollte. Er fragte mich, ob ich Zeit hätte, ein paar Dinge mit ihm durchzugehen. Ich antwortete, ich müsste noch Kopfschmerztabletten besorgen. Da sagte Ann, sie hätte eine ungeöffnete Verpackung in ihrer Handtasche. Die kaufte ich ihr dann ab.«
Irene verdrehte die Augen und ergänzte, noch ehe Tommy fortfahren konnte:
»Und die aufgeweckte kleine Ann hat natürlich sofort den Zusammenhang zwischen einem Schlag auf den Kopf, Kopfschmerzen und Kopfschmerztabletten erkannt. Alles ließ also auf mich schließen. Also gab sie ihren Freunden vom Gothia MC Bescheid. Sie sollten dir folgen, weil du sie wahrscheinlich zu meinem Versteck führen würdest.«
Tommy nickte verlegen.
»Ja. So muss es gewesen sein. Ich bin nie auf die Idee gekommen, ebenfalls nach eventuellen Verfolgern Ausschau zu halten. Ich wollte ja einfach nur nach Hause fahren und mich wie immer benehmen«, meinte er entschuldigend.
»Natürlich. Dir ist wirklich kein Vorwurf zu machen.«
Sofort wirkte er erleichtert. Er schob sich das letzte Stückchen Pizza in den Mund.
»Es hat mich ganz schön beeindruckt, wie du mit diesen beiden Ganoven fertig geworden bist. Aber das wirst du doch wohl kaum beim normalen Jiu-Jitsu gelernt haben?«
»Nein. Aber wenn man über dreißig Jahre lang Kampfsport betrieben hat, beherrscht man nicht nur die korrekten Griffe, man kennt auch die faulen Tricks«, antwortete sie.
Tommy nickte, als hätte sich ihm nur bestätigt, was er sowieso vermutet hatte.
»Und dann dieser Volltreffer mit der Biertüte!«, sagte er mit aufrichtiger Bewunderung in der Stimme.
»Erster Preis bei den Schleuderballmeisterschaften in der fünften und sechsten Klasse«, lächelte Irene.
»Das freut mich wirklich von ganzem Herzen«, sagte Tommy.
E iner der Ermittler des Rauschgiftdezernats hatte die geniale Idee. Als er diese Kommissarin Lena Hellström vorstellte, leitete sie sofort alle nötigen Vorbereitungen ein, ohne sich vorab mit den zwei anderen Kommissaren zu beraten, die an der Operation beteiligt waren. Es war bereits später Abend, als sie die anderen telefonisch über ihren Plan informierte. Doch niemand hatte etwas dagegen einzuwenden.
Die Kriminaltechniker und die Kollegen vom Rauschgiftdezernat arbeiteten intensiv die Nacht durch. Um 7.05 Uhr am nächsten Morgen fuhr ein mit einem großen Baucontainer beladener Lastwagen nach Gårda und parkte fünfzig Meter von dem baufälligen Gebäude entfernt, in dem sich früher einmal das Restaurant Pravda befunden hatte. Der Container wurde am Ende der Straße aufgestellt, aus der eine Sackgasse geworden war, seit sie zum Åvägen hin abgesperrt war. Hier standen bereits einige weitere Arbeiterbaracken. Das hatte die Ermittler vom Drogendezernat auch auf die Idee gebracht, die Abhörausrüstung auf diese Art unterzubringen. Da in den
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