Im sinnlichen Bann des Sizilianers
Garten meiner Mutter“, erklärte Caesar leise.
Louisa schluckte. „Ich erinnere mich, dass meine Großmutter mir erzählte, wann sie gestorben ist. Du warst erst sechs Jahre alt, richtig?“
„Ja, stimmt. Meine Eltern sind beide bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen.“
Aus dem Nichts erschien eine Hausangestellte. „Was darf ich Ihnen bringen? Einen Tee vielleicht?“
„Kaffee, bitte. Espresso“, antwortete Louise automatisch. Den konnte sie jetzt gut gebrauchen. „Meine Großeltern haben ihn immer getrunken und gesagt, er riecht wie ihre Heimat.“
Die Frau verschwand und servierte kurz darauf den Kaffee. Caesar sprach erst wieder, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du schwanger bist?“, wollte er wissen.
„Muss ich das wirklich erklären? Du hättest mir doch niemals geglaubt. Nicht nachdem der Gemeindevorsteher meinen Ruf und meine moralischen Qualitäten buchstäblich im Staub zertreten hat. Niemand hat mir geglaubt, zuerst nicht einmal meine Großeltern. Erst nach Olivers Geburt fiel ihnen auf, wie ähnlich er dir sieht.“
„Aber du wusstest es von Anfang an?“
„Ja.“
„Aber woher?“
Ihr Stolz war empfindlich getroffen. „Das geht dich nichts an. Und der Kleine hat dich auch nicht zu interessieren.“
„Er ist mein Sohn und damit interessiert er mich sehr wohl. Das habe ich doch bereits deutlich klargestellt.“
„Und ich habe klargestellt, dass ich keinen Wert auf dich lege. Oliver soll nicht als uneheliches Kind eines Mannes aufwachsen, der ihn als zweite Wahl betrachtet. Irgendwann würde er im Gegensatz zu deinen zukünftigen, legalen Kindern ein Außenseiter sein, und das will ich ihm ersparen.“ Sie machte eine kurze Pause. „Ich weiß aus erster Hand, wie frustrierend es ist, wenn ein Vater emotional unerreichbar bleibt. Deine späteren Kinder …“
„Oliver wird mein einziges Kind bleiben.“
Sein ruhiger Kommentar nahm ihr den Wind aus den Segeln. Sein einziges Kind?
„Das weißt du doch gar nicht. Momentan ist er dein einziger Sohn, aber …“
„Es wird keine weiteren Kinder geben. Genau deshalb will und werde ich Oliver auch als meinen Sohn und Erben anerkennen. Es kann und wird keine anderen Kinder geben.“
Caesar saß im Halbschatten, und sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht richtig erkennen. Seine Stimme jedenfalls klang fest entschlossen. Und in Louise regte sich sogar Mitleid. Keinem Mann konnte es leichtfallen, so etwas zuzugeben.
„Das kannst du doch gar nicht wissen“, protestierte sie.
„Ich weiß es genau“, antwortete er knapp. „Vor sechs Jahren war ich in Übersee bei einem Charity-Einsatz dabei, den ich mitfinanziere. Da habe ich mich mit Mumps angesteckt. Leider wurde das erst ziemlich spät diagnostiziert. Die medizinische Nachuntersuchung war eindeutig. Ich kann keine Kinder mehr zeugen. Da ich keine anderen männlichen Verwandten habe, die meinen Titel erben könnten, hatte ich mich schon damit abgefunden, dass unser Name ausstirbt.“
Seine Anspannung war ihm deutlich anzumerken. Wenn man seine Herkunft kannte – und auch seine ganz persönliche Arroganz – konnte man ungefähr ermessen, was dieses Schicksal für ihn bedeutete.
„Du könntest ein Kind adoptieren“, sagte sie.
„Damit sich Generationen von Falconaris in ihren Gräbern umdrehen? Ich denke nicht. In unserer Historie ist es nicht neu, dass Männer uneheliche Kinder anerkannt haben. Aber das Kind eines anderen Mannes als sein eigenes annehmen? Undenkbar.“
„Du sprichst wohl vom Recht der ersten Nacht , was?“, fragte sie provozierend. Dieses mittelalterliche Ritual würde zu den altmodischen Vorstellungen der italienischen Landherzoge passen.
„Nicht unbedingt. Meine Vorfahren hatten es, meines Wissen, nicht nötig, eine Frau in ihr Bett zu zwingen. Ganz im Gegenteil.“
Da war sie wieder, diese Selbstherrlichkeit. Trotzdem hatte Louise großes Verständnis für Caesars Schicksal.
„Kannst du dir vorstellen, wie es sich anfühlt, nach tausend Jahren der Erste meiner Linie zu sein, der keinen Erben zeugt?“ Er räusperte sich. „Dann dürfte dir auch klar sein, was der Brief deines Großvaters für mich bedeutet hat.“ Wäre Louise nicht von sich aus nach Sizilien gereist, hätte er sie auf jeden Fall ausfindig gemacht und aufgesucht. „Zuerst wollte ich nicht daran glauben. Aber der Test hat den Beweis geliefert, außerdem ist Oliver die Familienähnlichkeit deutlich
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