Im sinnlichen Bann des Sizilianers
sie sind ein Teil unserer riesigen Gemeinde. Von uns wird erwartet, dass wir sie willkommen heißen.“
Und Louise? Sie wollte er ganz besonders willkommen heißen, und zwar in seinem Bett! Und vielleicht in seinem Herzen? Er war zerrissen zwischen brennendem Verlangen, das nur sie allein stillen konnte, und der Verantwortung für seine Leute. Verlangen konnte man kontrollieren und sogar verleugnen. Genauso hatte er es mit der Trauer um seine verstorbenen Eltern gemacht. Für einen Falconari ziemte es sich nicht, sich von Emotionen leiten zu lassen.
Dennoch … all die schlaflosen Nächte damals in Rom … das Verlangen nach Louise. Auf seinen Brief, in dem er sie um Vergebung gebeten hatte, bekam er keine Antwort. Obwohl sie schon gewusst haben musste, dass sie schwanger von ihm war!
Er sah Oliver in die Augen, die seinen eigenen so ähnlich waren. „Wie gefällt es dir auf Sizilien?“
„Viel besser als zu Hause, weil es hier warm ist. Ich hasse es, wenn es kalt ist. Meine Großeltern kommen aus Sizilien. Meine Mum hat ihre Asche mitgebracht, damit wir sie begraben können.“
Caesar nickte stumm.
Ein anderer Junge gesellte sich in Begleitung seines Vaters zu ihnen.
„Hi, Oliver!“ Der fremde Mann lächelte. „Wie ich sehe, ist dein Vater jetzt bei dir?“
Geduldig wartete Caesar ab, wie Oliver darauf antworten würde. Aber sein Sohn schwieg und drängte sich instinktiv an ihn heran, damit Caesar ihm seine Hand auf die Schulter legte, so wie es der andere Mann bei seinem Kind tat.
Caesar spürte durch das T-Shirt spitze Knochen unter seinen Fingern. Der dünne, kleine Junge an seiner Seite kam ihm richtig zerbrechlich vor. Verwundbar und unendlich kostbar. So fühlte es sich also an, ein eigenes Kind zu haben.
Dieses Bild erfasste Louise, als sie auf den Tennisplatz zusteuerte. Aufgeregt beschleunigte sie ihre Schritte, und das Herz klopfte ihr bis in den Hals. Zum Schluss rannte sie buchstäblich auf die beiden zu und streckte die Hand nach Oliver aus.
Vater und Sohn drehten sich gleichzeitig zu ihr um, und die Ähnlichkeit zwischen ihnen traf Louise wie ein Schlag. Noch schlimmer war, dass Oliver sich automatisch an Caesar festhielt, als sie die beiden trennen wollte.
Beruhigend legte Caesar seine Hand auf ihre, und es schien ein Funke überzuspringen. Louises Körper reagierte heftig auf die Berührung, was ihre mütterliche Angst noch verstärkte. Neben der Panik war da noch eine andere Empfindung, die sie sehr wohl kannte und am liebsten verleugnet hätte.
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf sie die Erkenntnis, dass die Vergangenheit ganz und gar nicht abgeschlossen war. Trotz all der Schlösser und Riegel, die sie mit der Zeit innerlich davorgesetzt hatte. Schon vor Jahren hatte Caesar es geschafft, sie mit einer einzigen Berührung zum Beben zu bringen. Wie konnte ihr Körper bloß wieder darauf hereinfallen? Immerhin hatte Caesar sie gedemütigt und im Stich gelassen.
Hastig versuchte sie ihre Hand wegzuziehen, aber Caesar hielt sie fest. Also blieben sie eng beieinander stehen – wie eine kleine Familie.
„Ich war gerade auf dem Weg zu dir“, sagte er. „Wir haben eine Menge zu besprechen.“
„Das Einzige, was ich mit dir zu besprechen habe, ist das Begräbnis meiner Großeltern“, erwiderte sie kühl.
„Du kannst mir morgen beim Tennis zuschauen“, schlug Oliver spontan vor.
Sofort wog Louise in Gedanken die Möglichkeit ab, ihre Flüge umzubuchen, damit sie so schnell wie möglich abreisen konnten. Die Urne könnte vom örtlichen Priester verwahrt werden, und Louise würde in London mehr Abstand haben, um die notwendigen Punkte mit Caesar sachlich zu regeln.
Endlich gelang es ihr, ihre Hand freizubekommen, aber die Glut in ihrem Inneren schwelte weiter. Vielleicht war es ja auch nur brennender Hass gegen ihn. Hoffentlich!
„Wenn Oliver fertig ist, kann er mit uns zum Fotokurs kommen“, verkündete eine junge Frau, die sich um die Aktivitäten der Gastkinder im Hotel kümmerte. Dabei wandte sie sich ausschließlich an Caesar, was Louise sauer aufstieß.
Zudem schien der Junge sich nicht von seinem Vater lösen zu wollen, auch wenn er noch nicht wusste, wer Caesar eigentlich war. Oliver blickte seine Mutter grimmig an, als diese ihn sanft zur Betreuerin hinüberschob. Genervt schüttelte er Louises Arm ab, und ihr tat sein feindseliges Verhalten weh. Trotzdem war sie nicht bereit, Caesar am Leben ihres Kindes teilhaben zu lassen.
Überraschenderweise kam ihr dieser
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