Im Sog der Angst
worin besteht die Verbindung zu Mary?«
»Wir wissen im Augenblick nur, dass Gavin ihr Patient war und dass sie beide tot sind.«
»Mein Gott«, wiederholte Koppel. »Es gibt eine Menge, was Sie mir nicht sagen können.«
»Gibt es noch etwas, was Sie uns sagen könnten, Sir?«
Koppel dachte nach. »Ich wünschte, es gäbe was. Mary und ich - wir haben selten miteinander gesprochen, außer wenn es um geschäftliche Dinge ging. Selbst dann gab es wenig zu besprechen. Ich habe unsere Personengesellschaft gegründet, so dass sie nicht aktiv werden musste. Sie hatte ihre Praxis, sie sollte nicht abgelenkt werden. Weil Immobilien auch anspruchsvoll sein können. Damit sie Geld abwerfen, muss man sich um sie kümmern wie um Kinder. Ich bin die ganze Zeit unterwegs.«
»Die ganzen Autos«, sagte Milo.
»Ich weiß, ich weiß, das wirkt vermutlich exzentrisch, aber ich muss zuverlässige Beförderungsmittel haben … Jerrys Sohn? Er war jung, stimmt’s? Noch ein Teenager.«
»Er war zwanzig.«
Koppels Gesicht hatte eine ungesunde Farbe angenommen - Mortadella, die zu lange im Kühlschrank gelegen hat. »Sie können mir gar nichts erzählen?«
»Die Wahrheit ist, wir wissen selber nicht viel.«
»Quicks Sohn … die junge Frau, die Sie mir gezeigt haben - Flora -, war sie ebenfalls eine Patientin von Mary?«
»Das Mädchen, das ich Ihnen gezeigt habe, ist noch nicht identifiziert, daher weiß ich nicht, ob sie eine Patientin von Dr. Koppel war. Ihre Akten unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht, wir kommen nicht an sie ran.«
»All diese Fragen, die Sie mir zu den Übergangshäusern gestellt haben«, sagte Koppel. »Wollen Sie sagen, Sie haben den Verdacht, dass einer von meinen - einer von diesen Mietern mit etwas wirklich Furchtbarem zu tun hatte? Falls ja, sagen Sie mir das bitte. Ich muss wirklich wissen, ob es so ist.«
»Halten Sie das für eine Möglichkeit, Sir?«
»Ich hab doch keinen Schimmer !«, brüllte Koppel. Eine seiner Hände bewegte sich krampfartig, schlug gegen die Popcornschüssel, so dass sie durch die Luft flog.
Gelber Regen. Als er sich legte, war Koppel mit Maiskörnern und Staub übersät.
Er starrte uns an und atmete schwer. Milo ging in die Küche und riss ein Papiertuch von einer hölzernen Rolle ab. Er kam zurück und begann Koppel von der Popcornschicht zu befreien. Koppel nahm ihm das Tuch weg und fuchtelte damit herum. Als er schließlich aufhörte, klebte gelber Maisgrieß an seinem Sweatshirt und seiner Schlafanzughose.
Er saß da und starrte uns immer noch keuchend an. »Was können Sie uns sonst noch über Jerome Quick erzählen?«, fragte Milo.
Koppel antwortete nicht.
»Sir?«
»Tut mir Leid. Dass ich die Fassung verloren habe. Aber Sie machen mich wahnsinnig. Erst Mary, dann Jerry Quicks Sohn. Diese junge Frau.«
Milo wiederholte seine Frage.
»Er hat seine Miete nicht rechtzeitig bezahlt, das ist alles. Seine Entschuldigung war, dass es in seinem Geschäft gute und schlechte Zeiten gäbe. Er handelt mit Metallen, macht Deals mit Schrott. Manchmal hat er einen unverhofften Glückstreffer, der ihn eine gewisse Zeit über Wasser hält, manchmal macht er Verluste. Für mich klang es mehr nach einem Glücksspiel als nach einem Geschäft. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht an ihn vermietet.«
»Hat er Ihnen das nicht gesagt?«
»Er ist durch eine Vermietungsagentur zu mir gekommen. Bisher waren sie vertrauenswürdig«, erklärte Koppel. »Schließlich ist seine Miete nicht unerschwinglich. Ich achte darauf, dass alle meine Mieten angemessen sind, weil ich die Fluktuation niedrig halten will.«
Er blickte nach unten und zupfte verstreute Popcornreste von seiner Schlafanzughose. Ließ die ersten in die Schüssel fallen. Steckte den Rest in den Mund.
»Sein Sohn. Armer Jerry. Ich nehme an, ich werde ein bisschen Nachsicht walten lassen.« Plötzlich stand er mit überraschender Anmut auf, streifte noch ein wenig Popcorn von sich ab und setzte sich wieder hin.
»Welche emotionalen Probleme hat Jerry Quick beschrieben?«
»Er ging nicht in die Details. Zunächst war ich mir nicht mal sicher, ob ich ihm glauben sollte. Er brachte es zur Sprache, als wir eine unserer Diskussionen über die Miete hatten. Der zweite Monat, und er war schon zwanzig Tage mit der Miete überfällig. Ich kam vorbei, um mit ihm darüber zu reden, und er erzählte mir eine rührselige Geschichte, wie er bei einem Deal betrogen worden sei und viel Geld verloren hätte, und um das
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